Wer bringt die Erlösung? – Das Sehnen nach dem Messias

Die Sehnsucht nach besonders begnadeten Persönlichkeiten, die uns von den Übeln dieser Welt erlösen und in ein „verheissenes Land“ oder ein „goldenes Zeitalter“ führen, ist ein uraltes Bedürfnis des Menschen. Die Hoffnung auf einen göttlichen Messias (Gesalbten) hat religionsgeschichtlich seinen Ausgangspunkt im Judentum, wo es unzählige unterschiedliche Messiasgestalten gibt.

Christen sind Menschen, die den Juden Jesus von Nazareth als Christus, als von Gott gesalbten Retter und Herrn, verehren und ihm dienen. Das griechische Wort ‚christos’, das dem hebräischen ‚meschiach’ entspricht, bedeutet ‚gesalbt’.


Jesus von den Juden abgelehnt

Für rabbinisch orientierte Juden war und ist jedoch diese christliche Sicht des Messias inakzeptabel. Nathan Peter Levinson gibt in seinem Buch „Der Messias“ folgende Gründe dafür an:

1. Als König Israels hätte er das Volk von der römischen Unterdrückung befreien und das frühere Königreich wiederherstellen müssen. Jesus muss eine grosse Enttäuschung gewesen sein, da sich politisch nichts änderte und kein sichtbares Friedensreich entstand.

2. Für talmudisch orientierte Juden konnte Jesus nur ein Ärgernis sein, weil er als Heiland stellvertretend die Sünden vergab und die Gebote der Tora (Gesetz des Mose) neu interpretierte.

3. Die Menschwerdung Gottes in Jesus und die Lehre der Einheit mit Gott dem Vater und dem Heiligen Geist konnte von der strengen, einseitigen Interpretation des Monotheismus (Ein-Gott-Glaube) nur als Abfall vom Judentum gedeutet werden. Daher kann Jesus aus jüdisch-rabbinischer Sicht höchstens als Messias für die Christen (Heiden) akzeptiert werden.


Verunsicherung bei den Jüngern

Auch die ersten Jünger waren vor Jesu Auferstehung verunsichert und fragten sich, ob er nun wirklich der verheissene Messias gewesen sei. So erschien ihnen Jesus, z.B. auf dem Weg nach Emmaus, und erklärte ihnen die Schriften des Tenach (Altes Testament) und dessen Aussagen über ihn (Lukas 24,13 - 35).

Was ist ein Messias?

Der Ursprung des messianischen Begriffs ist in 3.Mose 4,3 zu finden. Dort bezieht sich der Begriff auf den gesalbten Priester. Das gleiche Wort wird später auch für Könige und Propheten verwendet. Sogar der König von Persien (Cyrus) wird vom Propheten Jesaja als „Messias“ angesehen, da er eine göttliche Aufgabe zu erfüllen hatte (Jesaja 45,1). Ein Messias ist also eine gesalbte Person mit einem göttlichen Auftrag, der nach jüdischer Auffassung nur für die irdische Herrschaft zuständig ist.

Der einzigartige Messias

Im Tenach (Altes Testament) schwang jedoch auch immer die Erwartung auf einen besonderen Messias mit, der grundlegende Veränderungen einleiten würde. Er sollte einerseits dem Volk Israel sowohl politisch als auch geistig die vollkommene Erlösung und andererseits der gesamten Menschheit moralische Vollkommenheit bringen.

Jüdische Vorstellung von der Endzeit

Nach jüdischer Vorstellung wird die Rückkehr zu Gott durch das Blasen des Schofars (Widderhorn/ Horn des Messias) eingeleitet. Auf die Reue des Volkes folgt dann die Erlösung. Die Stämme Israel und Juda werden wieder vereinigt, die Verstossenen kehren aus dem Exil zurück, Harmonie und Friede wird auf Erden herrschen.

Gemäss einigen Propheten wird materieller Überfluss herrschen, der Boden wird fruchtbar sein, Kranke und Behinderte werden gesund und das menschliche Leben verlängert werden. Gotteserkenntnis breitet sich überall aus. Ein neues Herz und ein neuer Geist werden erschaffen.

Hesekiel spricht andererseits auch vom endzeitlichen Kampf gegen Gog und Magog, der mit dem Sieg Gottes endet. Ihm folgt die Auferstehung der Toten, wobei die Gerechten zum ewigen Leben, die Frevler aber zu ewiger Finsternis erwachen werden. Das Ziel ist, den Menschen ins verlorene Paradies zurückzuführen, wie es Jesaja 11,6-9 schildert.

Der Messias als Heiland

Nach rabbinischer Auffassung wird der Messias nicht als gnädiger Heiland einer einzelnen Seele angesehen, sondern als Herrscher, der für Gerechtigkeit in der Gesellschaft sorgt und Frieden zwischen den Völkern stiftet. Damit das Friedensreich des Messias kommen kann, bedarf es der Anstrengung des Menschen und der tätigen Reue und Rückkehr zu Gott. Die Vorstellung eines himmlischen Gnadengeschenkes ist dem rabbinischen Denken fremd.

Zwei Messiasse: Ben Joseph und Ben David

Bei den jüdischen Schriftauslegern, den Rabbinen, kam es zur Annahme von zwei Messiasgestalten: Dem Messias Ben Joseph und dem Messias Ben David. Zuerst wird der Messias Ben Joseph die Verstreuten sammeln und den Tempeldienst in Jerusalem wieder einrichten.

Er wird beim Angriff der widergöttlichen Mächte Gog und Magog erschlagen werden und sein Körper wird unbeerdigt in den Strassen Jerusalems liegen bleiben. Nach einer anderen Überlieferung wird er in himmlische Sphären entrückt werden. Schliesslich folgt die endgültige Erlösung durch den Messias Ben David.

Lesen Sie am Montag die Fortsetzung: Wie Jesus von Nazareth prophetische Aussagen des Alten Testaments in erstaunlicher Genauigkeit erfüllte.

Mehr Infos: www.amzi.org

Autor: Der Theologe und Ausbilder Hanspeter Obrist leitet die Arbeitsgemeinschaft für das messianische Zeugnis an Israel.
Quelle Text und Bilder: AmZI, Reinach BL

Datum: 24.07.2004

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