Das Geheimnis der Himmelfahrt von Christus

Der grösste Schatz und das grösste Geheimnis ist Jesus Christus selbst. Der Glaube der Christen steht und fällt damit: Jesus Christus war ganz Mensch und er ist ganz Gott – und zwar so, dass beide Wesensarten unvermischt ineinander wirken. Die Doppelnatur von Jesus zeigt sich auch in der Himmelfahrt von Jesus, 40 Tage nach Ostern.

Die ersten Christinnen und Christen hatten selbst mit ihm gelebt, ihn in der Mitte gehabt, mit ihm gegessen und geplaudert. Jesus, der Mann aus Nazareth, gab ihrem Leben Sinn und Richtung. Doch das Reich Gottes, das er predigte, verwirklichte sich nicht durch eine politische Machtübernahme, wie es viele erhofften. Es kam ganz anders: Jesus wurde verhaftet und als „König der Juden“ hingerichtet.

Von Auferstehung überrascht

Durch seinen Tod am Boden zerstört, wurden die Anhänger von Jesus am dritten Tag von seiner Auferstehung überrascht. Am Ostermorgen war das Grab leer. „Jesus Christus, als Nachkomme Davids geboren, ist eingesetzt als Sohn Gottes in Kraft durch die Auferstehung der Toten – das ist das Evangelium Gottes.“ Der Apostel Paulus stellte diese Kernaussage seinem Brief an die Christen in Rom voran. Der grosse Theologe gab dieses Bekenntnis ab, obwohl die jüdischen Pharisäer, die ihn unterrichtet hatten, daran Anstoss nahmen. Die Juden hielten (und halten bis heute) strikt am Glauben an den einen Gott fest.

„Zum Herrn und Messias gemacht“

Die Anhänger von Jesus teilten diesen Glauben – es gibt nur einen Gott, nicht zwei oder drei oder viele. Aber aufgrund ihrer Erfahrung proklamierten sie, dass dieser Gott in einzigartiger, einmaliger Weise auf der Erde gehandelt hatte – durch Jesus. In Gesprächen mit ihren jüdischen Mitmenschen betonten die ersten Christen, dass Jesus als Gottes Knecht, als sein bevollmächtigter Messias (griechisch Christos, deutsch Gesalbter) gewirkt hatte. Ostern war dafür die eindeutige Bestätigung: Jesus war der Gerechte, darum hatte ihn Gott auferweckt, wie von den Propheten vorausgesagt.

Als Petrus sich sieben Wochen nach Ostern an die Menschenmenge in Jerusalem wandte, war er diesem unfassbaren Wunder auf der Spur. Er rief aus: „Gott hat diesen Jesus, den ihr ans Kreuz gebracht habt, zum Herrn und zum Messias gemacht!“ (Apostelgeschichte 2,36). Die Auferstehung ist mehr als die Rückkehr ins Leben, wie sie Jesus einigen Menschen, etwa seinem Freund Lazarus, geschenkt hatte. Die Auferweckung von Jesus an Ostern ist der Anbruch der neuen Welt Gottes, die der Macht des Todes entzogen und ewig ist.

Durchbruch des Göttlichen

Messias, Herr, Sohn Gottes: Diese Ehrentitel umschreiben die einzigartige, erhabene Stellung von Jesus dem Auferstandenen. Wie sind sie zu verstehen? Jesus war als Sohn Marias ein Nachkomme des Königs David und lebte als Mensch unter Menschen. In seinem irdischen Leben war seine göttliche Wesensart – er war zuvor Gott gleich und bei ihm gewesen – verhüllt (Philipper 2,6-7).

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Jesus im Film die Passion Christi
An Ostern bricht diese Seite seines Wesens nun aber durch Gottes Handeln endgültig durch und wird von seinen Freunden während 40 Tagen wahrgenommen. Jesus erscheint ihnen viele Male (1. Korinther 15,4-7). Sie erkennen: Er ist wahrhaftig der Sohn Gottes, der den Willen des Vaters erfüllt, der Menschen mit ihm versöhnt und der Welt endlich Frieden bringt. Das kann er, weil er den Tod überwunden hat, wie Paulus den Christen in Rom schreibt: „Christus ist gestorben und wieder lebendig geworden, um Herr zu sein über alle, Tote wie Lebende“ (Römer 14,9).

Jesus ist nicht halb-halb

Mit anderen Worten: Jesus ist nicht halb Mensch und halb Gott. Er ist beides ganz. Er ist auch nicht ein Mensch, der irgendwann Gott wurde, etwa bei der Himmelfahrt. Vielmehr offenbarte sich an diesem Tag sein göttliches Wesen, das in der Auferstehung seinen geschöpflichen Körper verwandelte, in einer abschliessenden, krönenden Weise.

Am Tag der Himmelfahrt feiern die Christen die Erhebung des Auferstandenen an die rechte Seite Gottes, seine Inthronisierung als machtvoller Herrscher über Himmel und Erde. Dabei blieb der Leib nicht zurück; Jesus ging, so wie er war, in den Himmel ein.. 40 Tage nach Ostern trat er durch seine Himmelfahrt die Herrschaft an. Bei alledem – und dies übersteigt unsere Vorstellungskraft – bleibt Gott einer: Was Gott der Vater will, tut er selbst durch den Sohn.

Rettung aus der Abwärtsspirale

Welche Bedeutung haben Ostern und Himmelfahrt für uns heute? Der Tod von Jesus bedeutet Rettung aus der unentrinnbaren Abwärtsspirale von Schuld, Zerstörung und Tod. Die Auferweckung des Sohnes Gottes und seine Einsetzung als Herr bedeutet neues Leben für alle, die sich an ihn hängen, ihm von Herzen vertrauen und ihn bekennen. „Jesus Christus und sonst niemand kann die Rettung bringen. Auf der ganzen Welt hat Gott keinen anderen Namen bekannt gemacht, durch den wir gerettet werden können“: So verdeutlichte der Apostel Petrus vor dem jüdischen Hohen Rat den jungen Glauben (Apostelgeschichte 4,12).

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Das Konzil von Nicäa

In den ersten Jahrhunderten der Kirchengeschichte bemühten sich die Christen, dieses Geheimnis des Glaubens im griechisch-römischen Kulturraum zu verdeutlichen und gegen Missverständnisse zu schützen. Die wirren Spekulationen der Gnostiker, in denen Jesus zur übermenschlichen Gestalt mutierte, wiesen sie scharf ab. Sie hielten sich dabei an die vier Evangelien und die Briefe von Paulus. Die meisten der 27 Bücher, die heute das Neue Testament bilden, galten schon ums Jahr 150 als Heilige Schrift.

Am Konzil von Nicäa im Jahr 325, der ersten öffentlichen Versammlung von Kirchenleitern im Römerreich, ging es nicht darum, Jesus zum Sohn Gottes zu machen. Die von Kaiser Konstantin versammelten Bischöfe hielten vielmehr die Gottheit von Jesus fest, die seit dem 1. Jahrhundert der Kern des christlichen Glaubens gewesen war. Sie wiesen fast einmütig die Auffassungen eines Lehrers namens Arius ab, wonach Jesus nicht vor aller Zeit Gott gewesen, sondern vom Vater geschaffen worden und zum Sohn erhoben worden sei.

Christus birgt in sich – alles

Die Theologen des 4. und 5. Jahrhunderts rangen mit Formulierungen der griechischen Philosophie darum, das Wesen von Jesus klar auszudrücken. Am vierten Konzil, 451 in Chalcedon abgehalten, hielten sie fest, dass das Göttliche und das Menschliche in der einen Person Jesus zwei untrennbar verbundene, aber doch nicht vermischte Seinsarten (Naturen) sind.

Jesus Christus ist Mensch gewordener Gott und zu Gott erhobener Menschensohn. Er birgt in sich alle Möglichkeiten des Menschseins. Aus ihm sind sie zu entwickeln. Er war der Mensch, wie ihn Gott will – und in ihm, in Christus, gelangen wir Menschen zu unserer Bestimmung.

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Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch

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