Der «Islam nach Frauenart» oder: Die ersten 13 Jahre von Mohammeds Wirken

Am Montag jähren sich die Anschläge von New York und Washington zum fünften Mal. Am 11. September 2006 bringt Kurt Beutler sein Buch auf den Markt: «Zwischen Bomben und Paradies – Muslime verstehen und lieben lernen».

Kurt Beutler ist Christ, und darum liebt er die Moslems – erst recht. In seinem Buch bietet er neue Einblicke in den Islam. Zum Beispiel erklärt er, dass viele Moslems den «Islam nach Frauenart» leben. Beutler selbst ist mit einer Ägypterin verheiratet. Er lebte mehrere Jahre im Land der Pharaonen und in anderen islamischen Ländern.

In der Schweiz gehen Moslems bei ihm ein und aus, schreibt er in seinem Buch. «Ihre Probleme haben wir zu den unseren gemacht, und unsere eigenen Nöte und Sorgen wiederum teilen wir mit ihnen. Während Jahren traf sich in unserem Haus fast täglich eine Gruppe Araber zum Deutschlernen.» Dabei hätten viele freundschaftliche Diskussionen stattgefunden.

Beutler hat den Islam als sehr vielschichtig kennengelernt. Livenet berichtet in einer Serie darüber. Heute: Wie aus dem friedlichen Mohammed der Rufer zum „Heiligen Krieg“ wurde.

Sie sprechen von einem «Islam nach Frauenart». Was ist das?
Kurt Beutler: Der Ausdruck stammt nicht von mir, sondern von Ibn Hischam, dem ersten Biografen Mohammeds. Er meint damit den ursprünglichen Islam von Mekka, der sich von dem aus der Zeit in Medina unterscheidet. Die ersten dreizehn Jahre lebte Mohammed in Mekka. Dort war der „Heilige Krieg“ noch keine Pflicht für die Moslems, und auch bis heute ist er nur für Männer Pflicht. Darum nannte Ibn Hischam den Islam aus dieser Zeit den «nach Frauenart» – weil der „Heilige Krieg“ noch nicht dabei war.

Wie kam es dann zu dem Wandel?
Der geschah im Inneren von Mohammed. Zunächst war er bereit, sich beschimpfen und bespucken zu lassen, ohne sich zu rächen. Später antwortete er auf dieselben Anfeindungen mit tödlichen Mitteln. Über die Gründe dafür kann man nur spekulieren. Ich selber denke, dass er nach dreizehn Jahren Leiden enttäuscht war von dem Ergebnis eines friedlichen Islam. Und er war überzeugt, dass es ohne Gewalt nicht geht.

Hinzu kommt, dass er in Mekka noch unter dem Einfluss seiner Frau und deren christlichen Verwandten stand. Die starben aber, und später war er mit Leuten aus gewalttätigem, heidnisch-arabischem Hintergrund zusammen. Für sie war Gewalt etwas Selbstverständliches.

Verkündet Mohammed Frieden oder Krieg?
Er kann für beides stehen. Es gibt unter Moslems eine grosse Mehrheit, die ihn als Prophet des Friedens anschaut. Für sie ist der „Heilige Krieg“ höchstens etwas für die Selbstverteidigung. Das ist aber leider nicht wahr. Denn ausgehend von Mohammeds persönlichem Leben, wurde auch der Islam zunehmend aggressiver und kriegerischer.

Den friedlichen Islam von Mekka betrachtete man später als unfertig und als nur für Frauen geeignet. Die ganze 9. Sure – und auch andere Stellen im Koran – sind ein einziger Aufruf zum „Heiligen Krieg“. Sie drohen denen schlimmste Strafen an, die sich nicht mit «Gut und Blut» den Kriegszügen anschliessen. Dass der Islam von Mekka nicht zählt, zeigt sich auch an der islamischen Zeitrechnung. Die beginnt erst bei Mohammeds Flucht nach Medina.

Ein Krieg, der sich auch gegen Moslems richtet ...
Genau. Er ist Pflicht gegen alle Feinde Allahs. Wer genau ein Feind ist, das ist nicht immer klar. Gemessen am strengeren Vorbild Mohammeds aus seiner Zeit in Medina, ist wohl auch der ein „Ungläubiger“, der den Worten aus Mekka nachleben will.

Darum wurden im Laufe der Geschichte unzählige Moslems hingerichtet oder einfach ermordet. Zum Beispiel der ägyptische Präsident Sadat oder der islamische Theologe Mahmoud Taha aus dem Sudan. In Algerien wurden rund 200'000 Menschen ermordet. Jede Seite warf der anderen vor, sie seien keine richtigen Moslems.

Weiss ein Moslem, ob er ins Paradies kommt?
In Sure 46, Verse 9 und 10, heisst es, dass nicht einmal der Prophet Mohammed selber das von sich weiss. Auch seinen Nachfolgern kann er da nichts Genaues zusagen. Es gibt im Koran viele Beschreibungen des Paradieses. Aber man hat keine Gewissheit, dass man auch tatsächlich reinkommt. Man muss sich anstrengen, aber gleichzeitig muss man immer damit rechnen, dass es nicht klappt. Das spornt zu noch frömmerem Leben an. Wer wirklich ins Paradies kommt, das weiss nur Allah.

Aber es gibt die Hintertür ins Paradies ...
Das geht zurück auf den ersten Kampf, den die Moslems gegen die Mekkaner führten, in Badr. Mohammed sagte: «Wer heute stirbt, kommt mit Sicherheit ins Paradies.» Einer, der es hörte, sagte: «Dann liegt zwischen mir und dem Paradies nur der Tod durch die Hand dieser Ungläubigen.» Er stürzte sich in den Kampf, bis er starb.

Daraus entwickelte sich ein Glaube, der durch bestimmte Koranverse gestützt werden kann – dass ein Moslem, der im „Heiligen Krieg“ stirbt, mit Sicherheit ins Paradies kommt und dort einen besseren Platz hat als andere. Unter Umständen kann er sogar noch mehrere Verwandte mitnehmen. Wie lebendig dieser Glaube ist, sieht man daran, dass es in gewissen Ländern eigene Märtyrer-Friedhöfe gibt. Ich hab das persönlich bei Palästinensern im Libanon gesehen.

Kurt Beutler schrieb das Buch «Zwischen Bomben und Paradies – Muslime verstehen und lieben lernen». Es ist erhältlich unter http://shop.livenet.ch/index.html?nr=588417&f=0

Weiterführende Links:
Kurt Beutlers Arbeitgeber
Busse und Vergebung im Islam
«Warum ich nicht Terrorist geworden bin»
„Die Auseinandersetzung mit dem Islam werden wir nie mit Diskussionen oder Predigten lösen können“

Datum: 07.09.2006
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet.ch

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