Ideen haben Konsequenzen

Haiti: Was ist hier eigentlich los?

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Haiti (Bild: Unsplash)
Es gibt Länder, die kommen scheinbar nie aus der Spirale von Gewalt und Chaos heraus. Haiti gehört an vorderster Front dazu, wo gerade 17 Missionare entführt wurden. Geld ändert nichts. Wo liegen die Ursachen für diese Spirale?

«Es ist schwer vorstellbar, was Haiti allein im letzten Jahr durchgemacht hat: Entführungen von Prominenten, politische Gewalt, einschliesslich der Ermordung des Präsidenten (Livenet berichtete), Verwüstungen durch Naturkatastrophen, Bandengewalt, neue Vorwürfe schrecklicher Misshandlungen durch UN-Truppen ... die Liste scheint endlos zu sein», schreibt Haiti-Kenner John Stonestreet vom «Colson Center for Christian Worldview». Hier seine Analyse in leicht gekürzter Form:

Einige Länder sind in der Lage, ein Mass an Stabilität zu erreichen, das es ihnen ermöglicht, Krisen wie diese zu bewältigen. Haiti hat das nicht. Vielmehr scheint die Instabilität das Land zu einem Nährboden für weiteres Unheil zu machen. Ausländische Hilfsgelder in Milliardenhöhe sind nach Haiti geflossen, aber das Fehlen langfristiger, messbarer Ergebnisse deutet darauf hin, dass das Problem nicht nur in einem Mangel an finanziellen Mitteln liegt. Die Geschichte des Landes gibt Aufschluss über die Gründe.

Früher reichste Kolonie

Haiti nimmt die westliche Hälfte der Insel Hispaniola ein. Die natürliche Produktivität der Insel, die 1665 von Frankreich in Besitz genommen wurde, trug dazu bei, dass sie zu einer der reichsten Kolonien des französischen Reiches wurde. In den 1780er Jahren exportierte Haiti 60 Prozent des Kaffees und 40 Prozent des Zuckers, die in ganz Europa verbraucht wurden.

Sklaverei und Aufstand

Haitis Kolonialherren waren nur dank der Sklaverei in der Lage, ein solches Wachstum zu erzielen. Die etwa 40'000 Sklaven, die jedes Jahr auf die Insel Hispaniola kamen, machten mehr als ein Drittel des gesamten Atlantikhandels aus. Die Behandlung der Sklaven auf der Insel war so brutal, dass die meisten Sklaven ihren 21. Geburtstag nicht erlebten.

Im Jahr 1791 wurde Haiti dann zum Schauplatz des grössten und erfolgreichsten Sklavenaufstandes in der westlichen Hemisphäre. Bekanntlich begann der Aufstand mit Voodoo-Zeremonien, bei denen sich die Einwohner der animistischen Religion verschrieben. Das Voodoo-Glaubenssystem ist seither Teil der nationalen Identität Haitis.

Revolution, aber keine Freiheit

Die haitianische Revolution war eine lange, blutige Angelegenheit. Zwar gelang es ihr, die schwere Hand Frankreichs abzuschütteln, doch als die Herrschaft zu Ende war, waren ein Grossteil der Infrastruktur und der Plantagen des Landes zerstört. Am 1. Januar 1804 erklärte Haiti offiziell seine Unabhängigkeit und wurde zur zweiten Republik in der westlichen Hemisphäre nach den Vereinigten Staaten und zur ersten schwarzen Republik der Welt.

In den folgenden Jahren geriet das Land jedoch ins Wanken. Nach einem Attentat geriet die junge Republik in eine politische Achterbahn, die seit den 1820er Jahren bis heute angehalten hat. Haiti wurde oft von ausländischen Mächten ausgebeutet, die versuchten, das Land durch «Unabhängigkeits»-Zahlungen oder Besetzung auszuplündern.

Heute scheint das Chaos in Haiti unaufhörlich zu sein. Seit 2010 sind über 13 Milliarden Dollar an Hilfsgeldern in den Inselstaat geflossen, doch der Bedarf an Katastrophenhilfe ist nicht nur ungebrochen, sondern scheint endlos. Nach der jüngsten Entführung von 17 Missionaren in Haiti (Livenet berichtete) fragen sich einige Christen, ob es gerechtfertigt ist, sich in einem so verarmten und unbeständigen Land in gefährlichen Missionen (die immer auch soziale Arbeit beinhalten) zu engagieren.

Die herrschende Weltanschauung in Haiti

Bevor eine solche Frage gestellt oder beantwortet werden kann, sollten die Gründe für die Notlage in Haiti verstanden werden. Gerade hier muss der Westen seine Sentimentalität und seinen kulturellen Relativismus beiseite lassen und akzeptieren, dass das Problem Haitis nicht ein Mangel an Geld oder natürlichen Ressourcen ist. Das Problem ist Haitis Kreislauf aus politischer Korruption und Abhängigkeit, gepaart mit animistischem Glauben, der bis zur Gründung des Landes zurückreicht.

Bereits 2010 argumentierte Darrow Miller von der Disciple Nations Alliance überzeugend, dass Haiti an der Wurzel ein Weltanschauungsproblem hat. Die traditionelle Weltanschauung Haitis sieht das Universum eher als launisch denn als geordnet; es ist voller liebloser Götter, die besänftigt werden müssen.

Diese Überzeugungen führen zu einer Kultur der Bestechung und Korruption und nähren eine Haltung der Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung. Wenn in einer Weltanschauung Fatalismus herrscht, der durch eine scheinbar unabwendbare Kette von nationalem Pech verstärkt wird, versuchen die Menschen lediglich, die Launen von Dürren, Erdbeben und Überschwemmungen zu überleben, anstatt sich darauf vorzubereiten.

Kein finanzielles Problem

Der Grund dafür, dass Milliarden von Dollar an Hilfsgütern, Lebensmitteln und gut gemeinten Infrastrukturmassnahmen und -missionen in Haiti kaum nachhaltige Veränderungen bewirkt haben, liegt darin, dass das Problem im Grunde kein finanzielles ist. Zu viele Haitianer sehen die Welt nicht als einen Ort, der sich verbessern könnte und ihr Land nicht als einen Ort, der jemals geheilt werden könnte.

Um es klar zu sagen: Das bedeutet keineswegs, dass wir die soziale Hilfe und Aufbauarbeit aufgeben oder dass die christliche Mission dort aufhören sollte. Menschen werden nur durch die Nachfolge Jesu verändert. Die Arbeit, die wir tun müssen, erfordert jedoch, dass wir sowohl unseren Kopf als auch unser Herz brauchen.

Ideen haben Konsequenzen

Haiti zeigt: Weltanschauung ist wichtig. Ideen haben Konsequenzen. Schlechte Ideen haben ihre Opfer. Haiti ist der Beweis dafür, dass diese Sätze nicht nur Slogans sind. Sie sind wahr für Menschen und Gemeinschaften, für Einzelne und ganze Nationen. Internationale Interventionen und Auslandshilfe sind nötig, um akute Nothilfe zu leisten und Nationen aus ihrer tiefen Verzweiflung zu befreien. Langfristige Stabilität erfordert jedoch eine Änderung des Herzens und des Denkens sowie eine andere Sichtweise der Welt und unserer Aufgabe in ihr. Diese «andere» Weltanschauung kann sich vom biblischen Gott entwickeln, der Ordnung, Liebe, Barmherzigkeit und Hoffnung verkörpert.

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Datum: 12.11.2021
Autor: John Stonestreet / Reinhold Scharnowski
Quelle: Christian Headlines / Colson Center / Livenet

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