Gott als Richter?
Gerecht aber gnädig
Wer mit Menschen darüber redet, wie sie sich Gott vorstellen, hört nicht selten den Vergleich mit einem strengen Richter; Gott als derjenige, der alles sieht und jedem am Ende des Lebens die «Rechnung» beziehungsweise das Urteil präsentiert.
Nun, das Bild des Richters ist nicht per se verkehrt; auch die Bibel spricht von Gott, der einmal für jeden Menschen Recht sprechen wid. Doch mit Jesus wurde dieser Akt auf eine ganz andere Grundlage gestellt. Entscheidend ist zunächst nicht, wie viele Fehler jemand begangen hat, sondern letztlich «nur», wie er zu Jesus steht.
Mit Jesus begann vor etwa 2000 Jahren also etwas grundsätzlich Neues. Als Jesus als Mensch auf der Erde wirkte, sprach er viel von seinem Vater im Himmel; viel entscheidender als das Gericht war und ist für Jesus aber die Liebe seines Vaters.
Beeindruckend und irritierend
Diese unbedingte Liebe lebte Jesus. Es muss beeindruckend, aber für viele «Fromme» und Angesehene irritierend gewesen sein, wie er sich Menschen zuwandte, die nicht viel galten. Er verbrachte Zeit mit den verhassten Zöllnern wie mit unheilbar Kranken und «Bekloppten». Jesus hatte gegenüber niemandem Vorbehalte oder Berührungsängste, sondern aus allem, was er sagte und tat, war zu spüren, wie er jeden annahm und ihm mit Barmherzigkeit begegnete.
Wie eine Bombe
Was Jesus verkündete, schlug dennoch ein wie eine Bombe, weil er es in einem religiösen Umfeld verkündete, in dem genau diese Exklusivität Allgemeingut war. Die Juden glaubten fest an ihre besondere Rolle und alleinige Erwählung durch Gott. Demgegenüber verkündete Jesus allen Menschen, nicht nur bestimmten Auserwählten oder besonders Verdienstvollen, die Botschaft von seinem Vater, der grundsätzlich jeden liebt und ihn annimmt.
Das ist auch für Walter Kardinal Kasper entscheidend. Er schrieb ein Buch, weil für ihn die Kirchen und Gemeinden in ihrer Lehre zu wenig berücksichtigen, dass Gott ein Gott der Barmherzigkeit ist. Er sagt dazu: «Nicht nur wenigen Gerechten, sondern allen eröffnet Jesus Zugang zu Gott, für alle ist Platz im Reiche Gottes, keiner ist ausgeschlossen. Gott hat seinen Zorn endgültig zurückgenommen und seiner Liebe und Barmherzigkeit Raum gegeben.»
Alle können dabei sein
Jesus nimmt wirklich niemanden aus. Das Einzige, was den Menschen von ihm unüberbrückbar trennt, ist, dass er nichts mit Jesus zu tun haben will, um sein Leben alleine zu führen. Doch alle, die ihn kennenlernen wollen, sagt Jesus Folgendes: «Gott hat nämlich seinen Sohn nicht zu den Menschen gesandt, um über sie Gericht zu halten, sondern um sie zu retten.» (Die Bibel, Johannes-Evangelium, Kapitel 3, Vers 17)
Buch zum Thema:
«Barmherzigkeit. Grundbegriff des Evangeliums – Schlüssel christlichen Lebens», Walter Kardinal Kasper
Autor: Norbert Abt
Quelle: Jesus.ch