Gebetsblocker

Wenn die Freude am Beten fehlt

Wir wissen es eigentlich: Beten ist gut, beten tut gut. Es ist der Atem des spirituellen Lebens. Und dennoch tun wir es oft nicht oder zu wenig. Warum? Kein Bock drauf. Wir haben irgendwie keine Lust dazu.

Es geht das Gerücht um, Christen sprächen gern und fromm übers Gebet, aber sie praktizierten es kaum. Untersuchungen zufolge – und die gibt es ja zu allem und jedem – sollen es durchschnittlich nur wenige Minuten des Gebets täglich sein. Und ich gebe zu: Es gibt Tage, da passt auch mein Gebetsleben in diese Statistik. Alles andere scheint einem wichtiger. Die Freude am Beten fehlt.

Nicht wissen wie

Die Gründe dafür mögen unterschiedlich sein. Enttäuschung, Ungeduld, Zweifel, Schuld. Manchmal führt das eine zum andern. Ein Mensch, der noch nie oder kaum je gebetet hat, ist vielleicht blockiert, weil er schlicht nicht weiss, wie er beten soll. Ihm können vorformulierte Gebete helfen, beginnend mit dem „Vater unser“, dem Gebet das Jesus seine Nachfolger gelehrt hat. Weitere Tipps enthält der Artikel „Die Audienz bei Gott“

Falsche Motive?

Manche Menschen wissen nicht, was sie von Gott erwarten dürfen. Sie haben eigentümliche Motivationen, betrachten das Gebet als einen heimlichen Glücksgarant. In ihren Gebeten kreisen sie vor allem um sich. Sie beten in der Not, und sie tun gut daran. Aber die Not allein ist kein guter Betmeister. Das Gebet verliert sich so schnell wieder. Hier und da finden sich magische Rückstände in unseren Gebeten. Wir verstehen es als eine Art Gottesbeknetung, als ein Opfer, mit dem wir die Gottheit positiv stimmen wollen. „Man muss das nur richtig machen, dann zeigt es seine Wirkung“, sagen wir uns. Andere beten aus Schuldgefühlen heraus, weil sie meinen, es sei mal wieder Zeit. „Man muss es doch tun! Ich bin doch von klein auf so gelehrt worden!“, sagt eine Stimme in der Seele und wir fühlen uns schuldig, wenn wir es nicht tun, haben ein schlechtes Gewissen. Oder wir haben Angst, dass uns etwas Schlimmes widerfahren könnte, wenn wir nicht beten. – Dies alles mögen Gründe sein, warum wir beten. Aber sie machen uns keine Freude und sind deshalb oft Gebetsblockaden.

Freude kommt aus der Beziehung

Wenn uns die Freude am Beten fehlt, fehlt uns die intime Beziehung zu Gott. Es geht mir wie in der Beziehung mit meiner Frau. Ich mag nicht mit ihr reden, wenn etwas nicht stimmt. Sei es, dass wir Streit hatten oder dass wir wenig Zeit miteinander verbrachten und uns ein wenig auseinander gelebt haben. Irgendetwas ist zwischen uns. Die Beziehung ist zwar noch da, aber ihr fehlt die Tiefe, der Schwung, die Lust daran. Es macht einfach keine Freude. Bis zu dem Punkt, an dem ich mir einen Ruck gebe und auf meine Frau zugehe. Wir sprechen uns aus, legen die Karten auf den Tisch. Vielleicht gibt’s eine lange Aussprache. Vielleicht muss ich sie um Entschuldigung bitten oder sie mich. Und endlich ist es wieder gut. Die Freude ist wieder da. Ich gehe wieder gern zu ihr und rede mit ihr. Das Zusammensein macht Spass. – Genauso ist es mit der Beziehung zu Gott.

Gebetskiller Nummer ein: Schuld

Am wenigsten Lust auf Gebet habe ich, wenn ich mit Gott nicht im Reinen bin. Es ist etwas Dummes geschehen, ich bin auf die Nase gefallen. Zuerst kommen die Ausreden: Ist doch nicht so schlimm. Kann jedem passieren. Es kommt einem jemand in den Sinn, der viel Schlimmeres getan hat und vielleicht noch immer tut. Als nächstes fühle ich mich schwach: Du hast es nicht geschafft. Du bist schwach, ein Versager. „Komm, hör doch auf mit deinem Glauben. Du bist nicht gut genug!“, sagt eine Stimme in mir. Zugegeben: So gehe ich nicht gerne zu Gott. Tagelang habe ich dann den Blues. Ich suhle mich in einem dunklen Gefühlsmischmasch von Rechtfertigung, Selbstmitleid, Minderwertigkeit, Schuld und verletztem Stolz, bis ich mich endlich überwinde und reif bin für Gott. Ich gehe im Gebet zu ihm und sage: „Herr Jesus, vergib mir!“ Eine Aussprache vor Gott ist dran. Ich rede mir den Frust von der Seele. Dann kommt der Friede ins Herz und die Freude. Mein Gebetsleben bekommt wieder Auftrieb.

Das Schweigen Gottes als Chance für die Seele

Die Freude am Beten kann uns auch noch anders abhanden kommen. Es gibt Zeiten, da hat man das Gefühl, die Gebete steigen nur bis zur Zimmerdecke. Hört Gott mein Gebet überhaupt? Warum antwortet er nicht? Warum greift er nicht ein und hilft, nachdem ich jetzt schon so lange dafür gebetet habe? Man fühlt sich in der Wüste, alles liegt brach im Winterfrost. Der Zweifel am ganzen Glaubensinhalt will sich wie eine Käseglocke auf die Seele legen. Man kriegt keine Luft mehr. – Da haut einen der Gedanke einer grossen Persönlichkeit fast um. Trockenheit und Dunkelheit müssten wir als glückliche Anzeichen ansehen, sagt die Philosophin Edith Stein, die 1942 von den Nazis in der Gaskammer ermordet wurde, in ihrem Buch „Im verschlossenen Garten der Seele“. Sie seien Indikatoren für Gottes Wirken an uns. Sie seien zwar mühsam, aber sie könnten glückliche Anzeichen dafür sein, dass Gott daran sei, die Seele von sich selbst zu befreien.

„Er windet ihr ihre Seelenkräfte aus den Händen. Wohl hätte sie viel damit erwerben können, aber niemals so vollendet, vollkommen und sicher damit wirken können wie nun, wo Gott sie an der Hand nimmt. Er führt sie wie einen Blinden auf dunklen Wegen, ohne dass sie weiss, wo und wohin – doch auf Wegen, die sie selbst beim glücklichsten Wandeln durch den Gebrauch ihrer eigenen Augen und Füsse nie gefunden hätte.“* – Das klingt zwar sehr poetisch, ist aber schwer auszuhalten, wenn Gott derart an einem arbeitet und einem die Seele so quasi aushungert. Davon schrieb schon der König David in den Psalmen. Wir müssten dann, so Edith Stein weiter, von dem zu leben beginnen, was Gottes Geist an Gedanken und Gefühlen uns austeilt.

Die Folge ist klar: Wenn wir eine solche Zeit der höheren Schule in unserer Beziehung mit Gott überstanden haben, werden wir tiefere Freude mit ihm erleben.

* zitiert nach „Gestillt“ – Nachtgespräche mit David, Daniel Zindel, Scesaplana, 2007
Weitere Literaturempfehlung zum Thema: „Grenzenlos beten – Gebetshindernisse überwinden“, Friedhold Vogel, Haenssler, 2003

Weiterführende Links:
Beten ist wie Atmen
Erhört Gott wirklich Gebet?


Autor: Fritz Herrli
Quelle: Jesus.ch

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