Spiritualität
Kann man Gott wirklich hören?
«Gott hat es mir gesagt!» Wenn jemand zum ersten Mal hört, dass ein Mensch so etwas sagt, denkt er oder sie vielleicht: Der spinnt! Ein Neurotiker. Der hält sich wohl für ein besonderes Kerlchen, einen Auserwählten! Für einen Superheiligen. Oder man wundert sich einfach ein wenig. – Fragen wir doch einfach zurück: «Wie hast du Gott denn gehört?»
Die allerwenigsten erzählen dann, sie hätten die Stimme Gottes akustisch wahrgenommen, wie wenn ein Mensch zu ihnen gesprochen hätte oder als wenn die Stimme aus einem Lautsprecher gekommen wäre. Obwohl es auch das gibt. Vielleicht haben Sie den Film «Evan Almighty» gesehen, der diesen Sommer in den Schweizer Kinos lief. Als Evan, ein bisschen auf Druck seiner Frau und ein wenig aus Dankbarkeit, weil er eben zum Kongressabgeordneten gewählt worden ist, vor seinem Bett kniend ein nettes Abendgebet spricht, hört er plötzlich die Stimme Gottes, die direkt auf seine (gar nicht so ernst gemeinten) Bitten und Anliegen eingeht. Der Mann ist ziemlich überrascht. Naja, Hollywood macht’s möglich. Aber im wirklichen Leben?
Der Satz, der es genau trifft
Es gibt einzelne Menschen, die von einer solchen physisch hörbaren Stimme berichten, die sie als die Stimme Gottes identifizierten. Was soll man da sagen?! Man mag es ihnen glauben oder nicht.
Manche erleben dieses Reden von Gott indirekt, indem sie zum Beispiel einen Traum hatten, in dem ihnen eine Lichtgestalt, ein Engel oder gar Jesus selbst erschien und ihnen eine Botschaft überbrachte.
Andere kommen nach bestimmten Erlebnissen zum Schluss: «Es war mir, als ob Gott zu mir redete ...» Ereignisse werden dann genannt, die sich zu einer ganz besonderen Fügung entwickelten, woraus dann die Stimme Gottes gedeutet wurde.
Manchmal hören Menschen die Stimme Gottes aus einem Bibeltext, der so direkt und treffend genau in ihre Lebenssituation spricht. Ähnliches erleben wieder andere in der Sonntagspredigt oder im Gespräch mit einer guten Freundin. Plötzlich kommt der fast magische Moment – ein Satz fährt voll ein und sie wissen es einfach: Das ist die Stimme Gottes.
Viele Stimmen in uns
Wie kann man wissen, dass dies nicht nur Einbildung, sondern wirklich Gottes Stimme ist? Wenn wir als ganz normale Menschen die Augen schliessen und auf unser Innenleben zu hören beginnen, dann melden sich zunächst ganz viele Stimmen: Da hallen die eindringlichen Rufe der Werbung nach (Nimm mich, kauf mich, du willst mich, du brauchst mich!) und die Beschwörungen der Politiker (Tu dies, tu das, wähl mich, nein mich!). Da kommen unsere eigenen Stimmen hoch: die Bedürfnisse, Wünsche und Träume. Alle die Mahner unserer Prägung aus dem Lauf des Lebens rufen uns zu: Eltern, Lehrer, Vorbilder, Idole. Auf welche Stimme soll ich hören? Und wo ist Gottes Stimme?
Beziehungsstörung beheben
Und das sagen Fachleute, Psychologen, Theologen: Wenn wir Gott hören wollen, brauchen wir nicht die richtige «Technik», sondern eine persönliche Beziehung zu ihm. Eine offene, vertrauensvolle und wahrhaftige Beziehung ist grundlegende Voraussetzung, um die Stimme Gottes wahrnehmen zu können.
Diese lebendige Verbindung zu unserem Schöpfer entsteht, wenn ich erkenne und akzeptiere, dass ich ein Sünder und deshalb von Gott getrennt bin. Sünde ist eine Beziehungsstörung. In der Sünde verstossen wir nicht nur gegen moralische Gesetze, die Gott gegeben hat, sondern wir stören unsere lebensnotwendige Beziehung zu Gott. Damit eine Wiederherstellung dieser Beziehung stattfindet, brauche ich die Vergebung meiner Schuld. In dieser Situation wir wissen: Gott verzichtet von sich aus auf jede Strafe. Sein eigener Sohn, Jesus Christus, nahm die Strafe für alle Menschen auf sich. Wenn ich das Opfer von Jesus für mich annehme, ist die Beziehungsstörung grundsätzlich beseitigt. (1) So wird man eine Christ, eine Christin.
Jeder Christ kann Gott hören
Zu dem neuen Leben, das Gott einem Menschen nach seiner Wiederherstellung der Beziehung gibt, gehört, dass wir seine Stimme hören können. Jeder und jede kann das. Aber wir alle müssen dieses Hören lernen. Es beginnt damit, dass wir uns fragen müssen, ob wir denn die Stimme Gottes überhaupt hören wollen? Sind wir bereit, ihm sein Reden zuzutrauen, ihm zu vertrauen, dass er uns richtig führen kann. Wollen wir ihm gehorchen?
Dann ist es auch ein bewusstes Hören: Ich bin bereit, meine eigenen Gedanken, Ideen, Lösungsansätze etc. loszulassen, suche einen Moment der Stille, sage Gott mein Anliegen, bitte ihn, zu mir zu sprechen und höre aktiv auf seine Stimme. Das Empfangene nehme ich im Glauben an, prüfe es im Vergleich zur biblischen Gesamtaussage, erwäge es vielleicht mit einem Freund, gebrauche meinen Verstand und handle mutig. Immer in der Haltung, weiter auf Gottes Stimme zu hören, mich von ihm korrigieren zu lassen, falls ich etwas falsch verstanden habe.
Es gibt nichts Spannenderes im Leben als zu lernen, auf Gottes Stimme zu hören und seinem Rat zu folgen. Das Abenteuer kann beginnen.
(1) Werner May: Gottes Stimme hören, S.3
Weiterführende Artikel:
Gottes Stimme hören – Otto Rieker
Auf Gottes Stimme hören – Markus Lerchi
Gottes Stimme hören – Werner May
Autor: Fritz Herrli
Quelle: Jesus.ch