Allah, der Allmächtige

Die Allmacht Gottes ist eines der wichtigsten Kennzeichen Gottes im Koran. Oftmals hebt der Koran hervor, wie machtlos dagegen die Götzen sind. Nach Sure 22,73-74 können die Götzen mit gemein-samer An-strengung noch nicht einmal eine Fliege erschaffen, während der Allmächtige der Schöpfer des Himmels und der Erde und jedes einzelnen Menschen ist. Dem Menschen kommt es zu, die Allmacht Gottes und sich selbst als sein Geschöpf und Diener anzuerkennen, sich ihm zu unterwerfen und an ihn zu glauben, denn er schuldet ihm für sein beständiges Erbarmen Dank und Anbetung.

Mittler des Unnahbaren

Obwohl es zwischen dem transzendenten Schöpfer und dem vergänglichen Geschöpf, dem Menschen, eigentlich keinen Vergleich und keine Verbindung gibt, hat Gott dem Menschen Wissen über ihn zukommen lassen; allerdings nicht im eigentlichen Sinn über seine Person und sein Wesen. Denn es ist undenkbar, dass Gott seine Transzendenz überschritte, für menschliche Augen sichtbar würde oder in die Welt käme, um sich in menschlicher Weise zu offenbaren. Gott übermittelte vielmehr dem Engel Gabriel sein Wort, der es den einzelnen Propheten in der Geschichte überbrachte. Die Propheten übermittelten dann Gottes Botschaft den Menschen. So wurde die Offenbarung Gottes herabgesandt.

Freund ja, aber nicht Vater

Trotz der Offenbarung und Gottes Handeln in der Geschichte bleiben der Bereich Gottes und der des Menschen deutlich und unüberwindbar voneinander abgegrenzt. Das bedeutet jedoch nicht, dass Gott dem Menschen fern wäre. Der Koran spricht vielmehr davon, dass Gott dem Menschen "näher ist als seine Halsschlagader" (50,16). Damit wird jedoch vor allem Gottes Allgegenwart betont. Auch die Aussage, er sei "der Freund der Gläubigen" (3,68) betont Gottes Erbarmen mit den Menschen, ist aber auf keinen Fall so zu verstehen, dass Gott mit den Menschen etwas gemeinsam hätte.

Unvereinbar mit dem koranischen Gedanken von der Unvergleichlichkeit Gottes mit seinen Geschöpfen wäre auch, Gott als "Vater" zu bezeichnen, als Vater Jesu Christi und Vater seiner Geschöpfe. Den Gedanken der Gottessohnschaft und Vaterschaft Gottes, der im Islam im physischen Sinn verstanden und in bezug auf den christlichen Glauben aufgegriffen wird, lehnt der Koran entschieden ab, ebenso wie die christliche Auffassung von der Dreieinigkeit, die nach Auffassung des Koran ebenso Vielgötterei bedeutet wie der Polytheismus der arabischen Landsleute Mohammeds.

"Dienet Gott, fürchtet ihn und gehorcht mir."

Ausser durch den Koran spricht Gott zu den Menschen durch "Zeichen", die der Mensch in der Schöpfung erkennen kann, sowie durch die früheren Propheten und in den Berichten, wie Gott mit ihnen und ihrem Volk handelte. Mit diesen Zeichen ergeht sozusagen der "Ruf" Gottes an die Menschen, den sie entweder mit Unglauben oder Glauben beantworten können. Klassisch formuliert der Prophet Noah im Koran die Aufforderung Gottes an seine Landsleute: "Dienet Gott, fürchtet ihn und gehorcht mir" (71,3).

Die Allmacht Gottes, die im Koran an ungezählten Stellen zur Sprache kommt, umfasst alle Bereiche. Gott erschuf die Welt, die Tiere und Menschen, die Geister und die Engel, das Gute und das Unheil: "Kein Unheil geschieht, weder auf der Erde noch bei euch, das nicht in einem Buch wäre, noch ehe wir es erschaffen. Dies ist Gott ein leichtes" (57,22), denn "uns wird nur das treffen, was Gott uns bestimmt hat" (9,51).

Vorherbestimmung oder Veranwortung?

Gott bestimmt den Todeszeitpunkt jedes Menschen: "Aber Gott wird niemandem Auf-schub gewähren, wenn seine Frist kommt" (63,11). Es ist letztlich Gott, der Glauben und Unglauben bei den Menschen hervorbringt: "Und wenn Gott einen rechtleiten will, weitet er ihm die Brust für den Islam. Wenn er aber einen in die Irre führen will, macht er ihm die Brust eng und bedrückt, als wenn er in den Him-mel emporsteigen müsste. So straft Gott diejenigen, die nicht glauben" (6,125). Noch deutlicher spricht Sure 7,179 davon, dass "viele von den Geistern und Menschen für die Hölle geschaffen" wurden. Die Antwort auf die Frage, warum nicht alle Menschen Moslems werden, lautet im Koran: Gott hat es nicht gewollt: "Und wenn dein Herr nur wollte, würden die, die auf der Erde sind, alle miteinander gläubig werden. Willst nun du die Menschen zwingen, dass sie glauben? Niemand darf gläubig werden, es sei denn, Gott erlaubt es ihm" (10,99-100).

Gleichzeitig betont der Koran, dass jeder Mensch von Gott im Jüngsten Gericht für sei-nen Glauben oder Unglauben zur Rechenschaft gezogen wird. Jedem Menschen wird am Jüngsten Tag das vergolten, was er hier auf der Erde getan hat, sei es Gutes oder Böses: "Gott verlangt von niemandem mehr, als er vermag. Jedem kommt zugute, was er verdient, und über ihn bricht herein, worin er gesündigt hat" (2,286). Beide scheinbar miteinander unvereinbare Positionen - die Verantwortung des Menschen und Gottes Bestimmung eines jeden Menschen zu Glauben oder Unglauben - stehen im Koran nebeneinander. Der Mensch kann Gott nicht für seinen Unglauben oder seine Sünden verantwortlich machen. Wenn er aber als gläubiger Moslem ins Paradies eingehen darf, ist es Gottes Erbarmen.

Geschichtserfahrung und Gottesbild

Diese Koranverse zur Prädestination können als Spiegel der Situation Mohammeds betrachtet werden: Mit seinem Ruf zur Umkehr zu Gott, dem Einzigen und Allmächtigen, wendet er sich gegen den im vorislamischen Arabien verbreiteten absoluten Schicksalsglauben seiner Zeitgenossen. Gleichzeitig muss er sich aber selbst die anhaltende Verstocktheit der Mekkaner und teilweise auch der Medinenser erklären, die seiner Botschaft in den ersten 12 Jahren seiner Verkündigungen so gut wie gar keinen Glauben schenkten. So verbindet sich im Koran die Allmacht Gottes und Vorherbestimmung aller Dinge mit der Verantwortung des Menschen.

Gnade suchen beim listigen Gott

Da Gott allmächtig ist und niemand je sein Wesen erfasst und erkannt hat, kann der einzelne Moslem nicht mit Gewissheit wissen, ob Gottes Barmherzigkeit und Gnade für ihn gelten oder ob er ihm am Ende der Tage doch zürnen wird und ihn zur Hölle verurteilt: "Nicht so der Herr der Menschen in aller Welt, der mich geschaffen hat und nun rechtleitet, der mir zu essen und zu trinken gibt und mich heilt, wenn ich krank bin, der mich sterben lässt und dann lebendig macht, und von dem ich hoffe, dass er mir am Tag des Gerichts meine Sünde vergibt" (26,77-82). Zwar wird Gott als der Gnädige und Barmherzige, ja auch als der Verzeihende und Grossmütige bezeichnet, aber über die Vergebung in bezug auf seine eigene Person wird jeder Moslem erst nach seinem Tod Gewissheit erlangen.

Gottes Entscheidung im Gericht vorherzusagen, hiesse, seine Allmacht zu beschränken. Gottes Verhalten ist niemals vorhersagbar, sonst würde er sich ja in menschliche Vorstellungsweisen hineinzwängen lassen. Auf Gott kann niemand und nichts Einfluss nehmen. Er ist niemand Rechenschaft schuldig. Ausserdem ist der Gott des Korans auch ein listiger Gott. Immer wieder wird betont, dass er sich die besten Listen ausdenkt. Sure 13,13 formuliert: "Gott ist voller Tücke" (wörtlich: "Gott ist stark/mächtig in List"), und: "Die Ungläubigen schmieden Ränke. Aber Gott schmiedet Ränke. Er kann es am besten" (8,30).

Weiterführende Links:
www.islaminstitut.de
www.lausannerbewegung.de

Datum: 17.02.2003
Autor: Dr. Christine Schirrmacher
Quelle: Jesus.ch

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