NT-Wörterbuch

Arme

Arme heissen im Evangelium die, die abseits stehen von der überfeinerten Bildung und ausgehöhlten religiösen Erkenntnis ihrer Zeit

Unter den Armen werden in der Seligpreisung (Luk. 6,20) die an Besitz, gesellschaftlicher Geltung, Bildung Geringen verstanden. Sie standen unter dem Druck der führenden Kreise und waren nicht nur von den Wohltaten der Kultur, sondern auch von aller tieferen religiösen Erkenntnis abgeschnitten.

Diese war ein Monopol der studierten Leute und ihres geistigen Anhangs geworden und war dadurch so verknöchert, dass sie dem schlichten, ursprünglichen Verstand unzugänglich war. Diesen Elenden, Unterdrückten wird die Botschaft zugerufen, dass die Gottesherrschaft ihnen den völligen Wandel ihrer Lage bringt. »Den Armen wird das Evangelium gepredigt« (Matth. 11,5).

Ihnen, denn sie sind die Empfänglichen, Dankbaren, während die an Vermögen, Ansehen, Bildung, frommer Erkenntnis Reichen satt, selbstzufrieden und unempfänglich sind. Natürlich sind das grosse Linien, die Jesus zieht. Ausnahmen gab es, wie wir wissen, auf beiden Seiten.

Geistlich arm sind Menschen ohne religiösen Besitz

Mit den geistlich Armen (Matth. 5,3) sind nicht Minderbegabte gemeint, sondern Leute, die in göttlichen Dingen sich arm, leer und unwissend fühlen, weil sie erkennen, dass sie es sind.

Solchen können die grossen Geheimnisse von oben offenbart werden (Matth. 11,25). Den »Unmündigen« (das sind Menschen ohne Mund, die nicht immer etwas zu meinen haben) wird das Verborgene enthüllt; sie sind gewürdigt, Träger der göttlichen Weisheit zu sein, weil sie nicht ihr Fündlein hineinmengen.

Die geistlich Armen sind wie die Orgel, die »keine einzige Weise in sich hat, sondern ganz darauf angelegt ist, sich die Töne vom Meister geben zu lassen«. Die Weisen und Klugen gleichen der »Drehorgel, die alle Melodien schon fertig in sich trägt und darum eine neue Musik weder aufnehmen noch wiedergeben kann«. Sie können keine tauglichen Instrumente abgeben für das göttliche Spiel (1. Kor. 1,26. 27; Joh. 9,39).


Autor: Ralf Luther
Quelle: Neutestamentliches Wörterbuch

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