Starke biblische Bilder
Die Feuersäule in der Bibel
Die Bibel enthält zahlreiche starke Bilder. Bilder, die trösten und warnen, Bilder, die sogar Menschen kennen, die mit frommen Inhalten wenig zu tun haben. Einige stellen wir Ihnen hier vor – heute das von Gott in der Feuersäule.
Wer heute «Feuersäule» googelt, findet zahllose Angebote für den eigenen Garten oder Balkon. Mehr oder weniger schöne Blech-, Glas- und schmiedeeiserne Dekosäulen sollen das nächtliche Draussensein verschönern. In der Bibel ist die Feuersäule wesentlich mehr als ein dekoratives Element: Sie bezeichnet Gottes Gegenwart bei dem zentralen Ereignis des Alten Testaments, dem Exodus des Volks Israel aus Ägypten: «Und der Herr zog vor ihnen her, am Tag in einer Wolkensäule, um sie den rechten Weg zu führen, und bei Nacht in einer Feuersäule, um ihnen zu leuchten, damit sie bei Tag und bei Nacht ziehen konnten. Die Wolkensäule wich nie von dem Volk bei Tag, noch die Feuersäule bei Nacht.» (2. Mose, Kapitel 13, Vers 21-22)
Ist das überhaupt ein Bild?
Vielleicht überlegt sich mancher beim Lesen: «Das ist doch gar kein Bild – es ist vielmehr Realität. Gott ist tatsächlich tagsüber in Form einer Wolke und nachts in Form einer Flamme vor den Israeliten durch die Wüste gezogen.» Es mag sein, dass Gott selbst in Gestalt von Feuer und Wolke erschienen ist, doch das ist nicht sein Wesen; er ist keine Flamme. Von daher ist die Erscheinungsform bildlich. Es mag auch sein, dass Rauch und Feuer auf eine damals übliche Form der Orientierung für Karawanen anspielen: Jemand mit Ortskenntnis lief voran und trug eine Feuerpfanne an einer Stange, sodass die nachfolgenden Menschen tagsüber dem Rauch und nachts dem Lichtschein folgen konnten. In diesem Falle wäre es durch und durch bildlich gemeint. Und spätestens dann, wenn man sich heute beim Lesen überlegt, was das Ganze für einen selbst bedeuten könnte, landet man auf einer bildlichen Ebene. Wahrscheinlich wird niemand sein Zelt in den Garten stellen, dort übernachten und erst dann wieder zur Arbeit gehen, wenn ihm eine Wolkensäule voranzieht.
Leitung und Schutz
Das Bild der Exoduserzählung steht für verschiedene Aspekte. Ein wichtiger ist die Leitung. Wenn man sich auf einer Strasse befindet und das nächste Verkehrsschild lautet: «Gaza 120 km», dann weiss man, dass die Richtung stimmt. Doch in unwegsamem Gelände tut es gut, wenn jemand vorangeht, der den Weg kennt und ihn zeigt. Im übertragenen Sinne gilt dasselbe bis heute. Alle Menschen stehen vor Entscheidungen: Wofür gebe ich mein Geld aus? Wie soll ich mich in ethischen Fragen verhalten? Wie entscheide ich mich an wichtigen Weichenstellungen im Leben? Da tut es gut, wenn jemand vorangeht, der den Weg kennt und ihn zeigt, auch wenn das meistens individueller und unscheinbarer abläuft als mit einer gewaltigen funkensprühenden Feuersäule.
Im Alten Testament wird auch erzählt, dass sich die Feuersäule schützend zwischen die Israeliten und die sie verfolgenden Ägypter legte. Das Bild dahinter, das des Gottes, der seine Hand über einen hält und schützt, ist damals wie heute ein starker Trost.
«Ich bin bei dir!»
Das stärkste Bildmotiv ist aber sicher die Zusage Gottes, bei seinem Volk zu bleiben. Manchmal geschieht das sichtbar wie hier oder auch durch den anschliessend erbauten Tempel in Jerusalem. Später – besonders im Neuen Testament – passiert dies eher unsichtbar, aber genauso real. «Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an das Ende der Weltzeit!» (Matthäus, Kapitel 28, Vers 20) ist eines der häufigen Versprechen Gottes.
Bis heute sind jüdische Gläubige genauso wie Christen der Meinung: «'Wenn zwei Menschen zusammensitzen und über die Tora reden, dann ist die Schechina anwesend' (Mischna, Awot 3,2). 'Schechina' (hebräisch: Sch-a-ch-en, sich niederlassen) bezieht sich auf einen geistigen Aspekt des Göttlichen, der sich in der materiellen Welt manifestiert. In der Tora offenbart sich die göttliche Anwesenheit erstmals als eine Art Wolke, die über dem Stiftungszelt schwebte und das jüdische Volk fortan, als Zeichen göttlicher Verbundenheit, begleitete.» Genau dieses Bild bezog Jesus auf sich selbst, als er meinte: «Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich in ihrer Mitte.» (Matthäus, Kapitel 18, Vers 20)
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Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet