Sharon Jaynes
«Wir müssen überlegen: Wem habe ich nicht vergeben?»
Ihr Vater war ihm Job erfolgreich, daheim aber war er oft alkoholisiert. Sharon Jaynes erlebte schwierige Jugendjahre. Ihre Eltern prügelten sich oft. Sharon zog jeweils die Bettdecke hoch und betete, dass sie trotz des Lärms einschlafen könnte…
In ihren jungen Jahren finden sich «ein paar ziemlich schlimme Kapitel. Ich wuchs in einer kleinen Stadt im Osten North Carolinas auf. Mein Vater war ein erfolgreicher Geschäftsmann. Er war nicht oft zu Hause, aber ehrlich gesagt war das für mich als kleines Mädchen in Ordnung, denn mein Vater hatte ein schreckliches Alkoholproblem.»
Wenn er zu Hause war, trank er viel. Und an vielen Abenden stritten sich ihre Eltern – nicht nur verbal… «Meine Mutter war eine verbitterte, wütende Frau. Und dann kam noch der Alkohol meines Vaters dazu, das war eine wirklich schlechte Kombination. In vielen Nächten hörte ich, wie mein Vater meine Mutter schlug und sie zurückschlug. Manchmal ging ich nachts ins Bett, zog die Decke hoch und betete, dass ich einschlafen konnte, um den Lärm im Nebenzimmer auszublenden.»
Das Gefühl, nicht gut genug zu sein
«Als kleines Mädchen habe ich viele Dinge gesehen, die ein kleines Mädchen nicht sehen sollte. Und ich hörte Worte, die ein kleines Mädchen nicht hören sollte», erinnert sich Sharon Jaynes. Es gab Alkohol, Pornografie, Glücksspiele. «So schlimm mein Leben zu Hause auch war, sonntags gingen wir in die Kirche.»
Sie hatte stets das Gefühl, nicht gut genug, nicht klug genug, nicht hübsch genug zu sein. Sonst, so dachte sie, würden ihre Eltern nicht ständig streiten.
Als sie etwa zwölf Jahre alt war, wurde Wanda, ein Mädchen aus der Nachbarschaft, ihre beste Freundin. «Am liebsten war ich bei ihnen im Haus. Ihre Mutter sang kleine Loblieder über Jesus. Und ehrlich gesagt fand ich sie ein wenig seltsam, weil sie über Jesus sprach, als würde sie ihn persönlich kennen.»
Sharon begann, mit ihnen in die Kirche zu gehen. «Oft verbrachte ich die Samstagnacht dort und ging am nächsten Tag mit ihnen in die Kirche. Ich erkannte, dass sie eine Beziehung zu Jesus Christus im Leben hatten – was wir hatten, war eine Religion in unserem Leben. Ich begann zu erkennen, dass es einen grossen Unterschied zwischen einer Religion und einer Beziehung gab, und ich wollte das haben, was sie hatten.»
«Gott kann mir niemals verzeihen»
Drei Jahre später studierte Sharon während des Sommers im Ausland. Zunächst zögerte sie, da sie sich mittlerweile in die Rolle der Problemlöserin der Familie gesteigert hatte. Dann sagte sie ihrer Mutter, dass sie bei Problemen zu Wandas Mutter gehen solle.
Eines Abends kam der Vater betrunken nach Hause und fing einen Streit an. Also ging die Mutter zu Wandas Mutter und fand noch am selben Abend zu einem Leben mit Jesus Christus.
Zurück zuhause erzählte sie ihrem Mann davon. «Mein Vater hat nie wieder getrunken. Als ich in jenem Sommer nach Hause kam, sagte er: 'Ich werde mit dir in die Kirche gehen, aber ich kann nie Christ werden, weil ich in meinem Leben zu viele Dinge getan habe. Gott kann mir niemals verzeihen.'»
«Wenn wir gut genug wären…»
Sharon entgegnete: «Papa, keiner von uns kann gut genug sein. Wenn wir gut genug sein könnten, dann hätte Jesus nicht am Kreuz sterben müssen.»
Der Vater konnte sich diese Gnade nicht vorstellen. Drei Jahre später stand er am Rande eines Nervenzusammenbruchs. «Er wurde in unserer Kleinstadt wegen eines Geschäfts verklagt. Mit seinem Auto hielt er bei einer Kirche an und sagte: 'Ich brauche jemanden, der für mich betet.'»
Die Sekretärin antwortete: «Nun, der Priester ist nicht hier, aber ich kenne einen Baptistenpastor, der draussen im Wald gerade seine Kirche baut.» Und sie zeichnete ihm eine Karte auf ein Blatt Papier.
«Mein Vater stieg mit dem Blatt Papier in sein Auto, folgte dieser Karte und fand einen Mann im Wald, der mit einem Hammer in der Hand und Jesus im Herzen seine Kirche baute. Vater sagte: 'Du musst für mich beten.'»
Showdown auf den Knien
Der Mann sagte: «Nun, erzähl mir deine Geschichte, was ist los?» Und wahrscheinlich zum ersten Mal überhaupt erzählte Sharons Vater diesem Mann alles, was er getan hatte.
«Dann legte dieser wertvolle Mann, den ich wohl nie kennenlernen werde, seinen Arm um meinen Vater und sagte: 'Alan, lass mich dir erzählen, was ich getan habe…'» Alles, was ihr Vater getan hatte, hatte dieser Mann auch getan. Ihr Vater wusste nun, dass wenn Gott diesem Mann vergeben hatte und dieser Pastor geworden war, würde er auch ihm vergeben. «Mein Vater nahm an diesem Tag Jesus an. Ich sage, er ging als Sünder in den Wald und kam als Heiliger wieder heraus. So kann das schlimmste Kapitel zu einem grossen Sieg werden. Es war ein schlimmes Kapitel in meinem Leben. Es war ein schlimmes Kapitel im Leben meiner Eltern, aber es wurde zu ihrem grössten Sieg.»
Vergebung dauerte
«In meinem Leben habe ich ziemlich bald erkannt, dass ich, obwohl meine Eltern Christen geworden waren, in meinem Herzen noch viel Vergebung zu leisten hatte. Ich habe meinen Eltern nicht in dem Moment vergeben, als sie Jesus angenommen haben. Und wissen Sie was? Ich habe nicht einmal gemerkt, dass ich diese Unversöhnlichkeit noch in meinem Herzen hatte.»
Sie erzählte einem Jugendarbeiter in der Gemeinde davon, dieser wollte wissen, was denn geschehen sei. «Ich bin nicht hier, um über meine Vergangenheit zu sprechen. Ich bin hier, um über meine Zukunft zu sprechen», entgegnete Sharon. «Sharon, Gott kann nicht mit dir über deine Zukunft sprechen, bevor du nicht deine Vergangenheit aufgearbeitet hast», antwortete der Jugendarbeiter.
«An diesem Tag sprachen wir also über die Vergebung, die in meinem Herzen geschehen musste. Und nachdem ich meinem Vater vergeben hatte, wurden die Dinge viel klarer.»
Wem vergebe ich nicht?
Sharon Jaynes ermutigt zum Vergeben. «Wir müssen innehalten und überlegen: Wem habe ich nicht vergeben? Denn solange wir Unversöhnlichkeit in unserem Herzen tragen, werden wir in einem schlechten Kapitel unserer Geschichte stecken bleiben. Der erste Schritt ist also die Entscheidung, dass Sie gesund werden wollen, der zweite Schritt ist, den Menschen zu vergeben, die Sie verletzt haben.»
Weiter hält sie fest: «Die Bibel sagt uns, dass unser ganzer christlicher Glaube auf der Vergebung beruht, nicht wahr? Jesus gab sein Leben für die Vergebung unserer Sünden. Und doch ist das der Schritt, über den wir so oft stolpern. Wenn unser christlicher Glaube nicht auf der Vergebung beruht, dann beruht er auf gar nichts.»
Zum Guten nutzen
Sharon Jaynes hat inzwischen eine Ermutigungsarbeit aufgebaut, die sie seit über 25 Jahren führt, unter anderem veröffentlicht sie Bücher und ermutigende Social-Media-Posts. «Ich möchte dazu ermutigen, besonders wenn ihr über eure eigenen Fehler und Misserfolge sprecht: Macht euch keine Sorgen. Jeder hat etwas in seiner Vergangenheit, auf das er nicht stolz ist. Aber können wir uns dann umdrehen und das zum Guten nutzen? Nun, das verherrlicht Gott und hilft den Menschen, Jesus zu sehen.»
Weiter betont sie: «Wir alle haben einige Kapitel in unserem Leben, die wir am liebsten aus der Erzählung herausreissen würden, und einige Kapitel, bei denen wir uns fragen, ob Gott überhaupt sieht, was in unserem Leben vor sich geht. Aber ich möchte Sie ermutigen, dass Gott immer hinter den Kulissen arbeitet. Er wirkt immer in der Zwischenzeit, auch wenn wir ihn nicht erkennen.»
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Autor: Jesus Calling / Daniel Gerber
Quelle: Jesus Callina / gekürzte Übersetzung: Jesus.ch