Melanie Owen
«Bleib bei mir, Mama»
Melanie Owen wuchs in einem schwierigen Elternhaus auf. Gerade als sich die Beziehung zu ihrer Mama zu kitten begann, starb diese an Krebs. Nun wird die wahre Geschichte im Musical «Life on Stage» in der Zentralschweiz auf die Bühne gebracht.
«Mein Elternhaus war nicht einfach», blickt Melanie Owen zurück. «Ich wurde von zwei Elternteilen grossgezogen, die selbst zerbrochen waren. Die Scheidung war nicht einfach.»
Es dauerte länger, bis sie wieder in eine richtige Mutter-Tochter-Beziehung fanden. «Als das endlich wieder funktionierte und ich sagen konnte, dass es jetzt wieder gut mit uns ist, wurde meine Mama krank.» Innerhalb eines Jahres starb sie an Krebs.
«Ich war 'hässig' wegen dem, was da gerade geschah. Ich hatte Angst und konnte mir nicht vorstellen, wie es wird, wenn meine Mama bald nicht mehr da ist.» Einerseits zweifelte Melanie, dass es Gott gibt, andererseits schuldigte sie ihn an.
«Er begegnete mir genau in dem Moment, als meine Mama starb. Ich war nicht vor Ort, sie wollte dies nicht. Ich wurde weggeschickt, in ein Camp. Sie telefonierte in der Krankheitsphase mehrfach mit einer Schwester von Vater, die gläubig ist, auch in der Sterbephase besuchte sie meine Mama im Spital. Ich war wie eine Gefangene, niemand wollte, dass ich heimkomme.»
«Ich schrie Gott an»
In diesem Camp wollte Melanie für sich sein. «An jenem Abend sonderte ich mich ab und schrie Gott an. Mittendrin hatte ich plötzlich eine Vision, in der ich meine Mama sah und dass Jesus bei ihr ist. Mir wurde auch die Bibelstelle der Kreuzigung vor Augen geführt, in der es heisst: 'Siehe, heute wirst du mit mir im Paradies sein'. Ich hatte einmal begonnen, die Bibel zu lesen, aber beim dritten Buch Moses aufgehört. Doch nun überkam mich eine Ruhe und Sicherheit. Ich kehrte wie aus einer Trance zurück, ging in Frieden ins Zelt, schaute noch auf die Uhr und wusste, dass es 1.45 Uhr in der Nacht ist.»
Am morgen erhielt sie die Nachricht, dass ihre Mutter verstorben war. «Ich fragte nach der genauen Uhrzeit und erhielt als Antwort: 1.42 Uhr. In diesem Moment wusste ich, dass Gott gewirkt hatte. Ich kam nun nach Hause, die Schwester von Vater nahm mich zu sich und sie sagte: 'In dieser Nacht ist etwas passiert: Sie hat den Moment genau gleich erlebt.' Meine Erfahrung wäre bereits stark genug gewesen, doch zu sehen, dass sie das auch so erlebt hatte, war eine enorme Bestätigung – und auch zu wissen, wo sie nun ist.»
Mitten im Verlust gefunden
Nun hatte Melanie keine Vorwürfe mehr an Gott. «Mitten im Verlust fand ich etwas, das so viel grösser war als der Verlust. Nicht, dass es gut war, aber es löste etwas in mir aus. Es war der Wendepunkt in meinem Leben, vieles löste sich und ich wurde ganz persönlich frei.»Sie wusste, dass Gott real war. «Dieses Bewusstsein war nun konstant da.» Sie lebte nun bei der Schwester von ihrem Vater in einem christlichen Elternhaus. Der Altersunterschied betrug 40 Jahre und ihr liberaler, anti-autoritärer Hintergrund stiess auf einen fürsorglichen Hort. «Es gab gewisse Kämpfe unabhängig davon, dass Gott real war. Gut gemeint kam nicht immer gut an. Das führte zu einer rebellischen Haltung.»
Zwei Jahre später zog Melanie zu ihrem Vater, wo gar keine Grenzen vorhanden war. «Wir wohnten wie in einer WG. Ich ging weiterhin in die Jugendgruppe.» Gleichzeitig suchte sie intensiv nach ihrem Platz im Leben und wie sie ihren Glauben gestalten soll.
Auf einer Reise nach Israel wurde ihr vieles klar. «In Jerusalem hört man den Muezzin rufen und die Glocken klingen. So fühlte es sich für mich an. Ich erkannte, dass ich mich nicht gegen alles wehren muss und dass es ein gesundes Mass davon gibt, in der Welt zu leben, aber nicht von der Welt zu sein.»
«Nichts wird heute nachgetragen»
Die wahre Geschichte von Melanie Owen wird nun in Luzern und Augsburg als Musical gezeigt. Ausserdem ist ihr Lebensbericht als Buch erschienen. «Aus der Nachbarschaft erhielt ich viele Reaktionen von Menschen, die in ihrem eigenen Verlust von Angehörigen enormen Trost durch meine Erlebnisse gefunden haben.» Auch ehemalige Schulkolleginnen meldeten sich und Leute aus ihrer Kindheit.
«Es ist meine Geschichte, es ist ein Teil von mir. Vieles ist inzwischen abgeschlossen. Für mich sind die damals kaputten Beziehungen – danach werde ich oft gefragt – heute in Ordnung. Es gibt nichts, das ich jemandem nachtrage.»
Abstand gewonnen
Durch das Öffentlichwerden ihrer Geschichte seien viele Türen zu Nachbarn, Kollegen und Bekannten geöffnet worden. «Ich hatte viele tiefe Gespräche, nur deshalb hat es sich schon gelohnt. Ich kann ihnen meine Geschichte und was ich mit Gott erlebte auf keine andere Art und Weise so nahebringen wie in dieser Form.»
Dass alles publik ist, sei kein Problem. «Meine Mama ist im Jahr 2002 gestorben. Zu diesem Teil der Geschichte habe ich einen grossen Abstand und stecke zeitlich nicht mehr sehr nahe drin, auch wenn es einen noch trifft – es ist emotional nicht mehr so nahe.»
Melanies Mann Andy Owen ist Pastor und Gemeindeleiter des Christlichen Zentrum Zollhaus. «Wir haben vier Kinder und ich bringe mich ehrenamtlich ein und startete mit einer Freundin ein Podcast namens 'onder üs – der Frauenpodcast'.» Mit diesem vermittelt sie ebenfalls die Hoffnung, die sie gefunden hat.
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Autor: Daniel Gerber
Quelle: Jesus.ch