Hintergrundbericht in NZZ
Muslimische Asylbewerber schliessen sich Freikirchen an
Die NZZ am Sonntag brachte am 16.07. einen ausführlichen Hintergrundbericht zur Konversion von muslimischen Asylbewerbern und ihr Anschluss an Freikirchen. Anstatt eines weiteren Christen-Bashings à la Blick und 20 Minuten überrascht die NZZ mit einer sachlichen Auseinandersetzung mit dem Thema und porträtiert zwei iranische Konvertiten.
Unter den Schweizer Konvertiten seien vor allem Iraner und Afghanen, erklärt die NZZ. Sie würden sich hauptsächlich in Freikirchen wohlfühlen, da diese besonders auf das Interesse reagieren und offener für Konversionen von Muslimen seien. Das Engagement der Freikirchen für die Flüchtlinge habe zudem viele beeindruckt. Die beiden Landeskirchen würden hingegen kaum tangiert werden von den Konvertiten.Wie kann man die Echtheit des Glaubens überprüfen?
Die Frage der Überprüfung der Echtheit des Glaubens eines Konvertiten steht im Zentrum des Berichts. «Was ist, wenn die Konvertiten nur den Glauben wechseln, weil sie sich davon bessere Chancen im Asylverfahren erhoffen? Sie können geltend machen, dass sie als Christen in Herkunftsländern wie etwa dem Iran verfolgt würden.» Längst würden nicht mehr alle Glaubenübertritte anerkannt. «Derzeit wird [in der Schweiz] nur jeder vierte iranische Asylbewerber als Flüchtling anerkannt.» Laut Pfarrer Gottfried Martens seien es in Deutschland nur noch 10 Prozent, die anerkannt werden (vor der Flüchtlingswelle 2015 seien es noch fast 100 Prozent gewesen!).
Taufe erst nach Taufkurs und Taufprüfung
Gottlieb Martens ist Pfarrer der evangelisch-lutherischen Dreieinigkeitskirche in Westberlin, die eine besonders grosse Welle von Konversionen erlebte. Über tausend Konvertiten habe Martens bereits getauft, erklärt er der NZZ, 300 weitere Konvertiten hätten sich der Gemeinde angeschlossen. Dadurch sei die einst alternde Freikirche zu einer dynamischen Gemeinschaft mit vielen Familien geworden.
Getauft werde aber erst nach mehrmonatigem Taufkurs und einer Taufprüfung, so dass niemand behaupten könne, dass «jeder zum Taufbecken gezerrt werde, der zur Tür hereinspaziert komme». Martens beklagt aber die Überprüfung durch die Behörde: «Selbst die treusten Gemeindemitglieder werden abgelehnt».
Killerkriterium: Missionarisch und engagiert in Gemeinde
Laut Artikel ist das ausschlaggebende Kriterium einer «echten Bekehrung» für die Behörden, wie aktiv die Konvertiten ihren Glauben verbreiten oder wie engagiert sie in der Kirchgemeinde sind. Denn «nur wer besonders engagiert und offensichtlich missioniere, riskiere im Iran, wegen seines christlichen Glaubens von den Behörden verfolgt zu werden.»
Pari Eshqi, die eine Online-Kirche leitet, kommt ihr Engagement zugute – sie wurde von der Schweiz als Flüchtling anerkannt. Nima Hesabian, der in der Prisma-Gemeinde in Rapperswil-Jona engagiert ist, hatte jedoch weniger Glück. Sein Gesuch wurde abgelehnt, da das Bundesverwaltungsgericht «an der Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit» seines neuen Glaubens gezweifelt habe – unter anderem, da er missionarisch nicht besonders aktiv war...
Kommentar
Obwohl «Missionierung» den Behörden in der Regel ein Dorn im Auge ist, wird sie hier also nicht nur toleriert, sondern sogar vorausgesetzt, damit konvertierte Asylbewerber in der Schweiz bleiben dürfen. Weniger engagierte Konvertiten haben es demnach schwer, die Echtheit ihres Glaubensübertritts unter Beweis zu stellen, egal was ihr Seelsorger oder Pfarrer sagt.
Das wirft einige Fragen auf: Wieso wird Missionierung – vor allem im Zusammenhang mit Migranten – in der Regel nicht gern gesehen, aber wenn Migranten selber missionieren, ist es kein Problem? Was wäre, wenn diese Massnahme auch für Schweizer gelten würde – also wenn sich nur jemand, der aktiv seinen Glauben lebt und weitergibt, als Christ bezeichnen dürfte? Wieviele Schweizer könnten sich als «in einer Gemeinde engagiert» und «aktiv evangelisierend» bezeichnen? Und wie würden unsere Gemeinden aussehen, wenn jeder, der sich als Christ oder Jesus-Nachfolger bezeichnet, aktiv seinen Glauben weitergeben würde?
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Autor: Anja Janki
Quelle: Livenet