Neue Gemeinde unter Migranten
«Genau deshalb wollten wir hierherziehen»
Der 16. Bezirk in Wien ist eher verpönt. Der Anteil an Migranten ist hoch. «Als wir vor vier Jahren hierhergezogen sind, gab es hier noch keine im österreichischen Freikirchenatlas registrierte Gemeinde», erinnert sich Michael Wild. Obschon 100'000 Menschen im Bezirk leben. Doch sie sind offen für das Evangelium, beobachten Melanie und Michael Wild, die nach dem «Acts»-Programm hierhergezogen sind.Melanie und Michael Wild, was genau tut ihr in Wien?Michael: Seit vier Jahren leben wir im 16. Bezirk in Wien mit dem Ziel, hier eine Gemeinde zu gründen. In Zusammenarbeit mit dem G-Movement leiten wir den Verein «Hope 16» und versuchen, unseren Mitmenschen geistlich und sozial zu dienen. Gott hat uns viele Türen zu Kurden und Arabern geöffnet. Mit ihnen teilen wir unser Leben: Wir verbringen Zeit mit ihnen im Park, bauen Beziehungen auf, besuchen uns gegenseitig und versuchen, unseren Glauben an Jesus mit den Menschen zu teilen. Wenn sich Leute für Jesus öffnen, bieten wir Glaubenskurse an oder lesen mit ihnen in der Bibel.
Melanie: Vor drei Jahren starteten wir ein Hausaufgabenhilfeprojekt für Migrantenkinder, wo wir mittlerweile pro Nachmittag 30 bis 40 Kinder betreuen. Zusätzlich bieten wir wöchentliche Kids-Nachmittage und Teens-Treffs an, wo wir mit den Kindern, die die Erlaubnis ihrer Eltern haben, unseren Glauben und biblische Geschichten teilen. Zudem gibt es bei uns auch Deutsch-Cafés für Frauen und eine Frauen-Sportgruppe.
Wie reagieren die Menschen auf euer Angebot?
Melanie: Gerade die sozialen Angebote werden von den Menschen sehr gut angenommen. Die Familien sind sehr dankbar für die Hausaufgabenhilfe. Dadurch, dass wir immer wieder versuchen, mit den Familien der Kinder persönlichen Kontakt aufzubauen, wächst das Vertrauen zu uns. Auch die Frauen schätzen unsere Angebote und geniessen es, mal aus ihren vier Wänden heraus zu kommen.
Welche Aufbrüche erlebt ihr durch eure Arbeit?
Michael: Geistliche Aufbrüche erleben wir vor allem bei den Kindern und Teens. Viele Kinder lieben die biblischen Geschichten, die sie bei den Kids-Nachmittagen hören, und öffnen ihr Herz für Jesus. Auch mit unseren erwachsenen, muslimischen Freunden können wir immer wieder über den Glauben sprechen und mit einigen konnten wir bereits Glaubenskurse durchführen oder in der Bibel lesen. Allerdings merken wir, dass es bei den Erwachsenen viel mehr Zeit und Geduld braucht, bis sie sich für Jesus öffnen.
Ihr wohnt in einer Gegend mit 100'000 Leuten ohne Gemeinde, wer lebt da?
Michael: Unser Bezirk ist sehr multikulturell und ist – obwohl es auch viele positive Entwicklungen gibt – nach wie vor einer der Bezirke in Wien, die eher verpönt sind. Ein Grund dafür ist der hohe Anteil an Migranten, die hier leben. Als wir vor vier Jahren in den 16. Bezirk gezogen sind, gab es hier noch keine im österreichischen Freikirchenatlas registrierte Gemeinde. Genau deshalb wollten wir auch in diesen Bezirk ziehen. Mittlerweile trifft sich eine afrikanische Gemeinde in unserem Bezirk. Es leben auch einige Christen hier, die Gemeinden in Wien besuchen. Mit einigen von ihnen treffen wir uns zum regelmässigen Gebet für unseren Bezirk.
Könnt Ihr ein, zwei Lebensgeschichten mit uns teilen, bei denen Menschen durch eure Arbeit verändert worden sind?
Melanie: Was mich am meisten berührt, ist die Geschichte von zwei kurdischen Mädchen, die wir durch die Hausaufgabenhilfe kennengelernt haben. Bei den Kids-Nachmittagen haben sie ihr Herz für Jesus geöffnet und mittlerweile wollen sie immer über Jesus sprechen oder gemeinsam beten, wenn wir sie sehen. Uns war es aber für längere Zeit nicht möglich, mit ihren Eltern in näheren Kontakt zu treten. Nachdem wir angefangen hatten, mehr Zeit im Park zu verbringen, wo sie sich als Familie oft aufhalten, konnte sich allmählich ein Kontakt zur Familie aufbauen und wir erhielten eine erste Einladung zur Familie nach Hause. Bei diesem Treffen waren auch die Nachbarn der Familie dabei und wir erfuhren, dass die Nachbarsfrau vor drei Jahren bei einem Kursnachmittag unseres Al Massira-Glaubenskurses dabei war und damals eine arabische Bibel mit nach Hause nahm. Bei dem Besuch erzählte ihr Mann, dass er in den vergangenen Jahren die Bibel gelesen habe und nun wisse, dass dies die Wahrheit sei. Momentan macht er bei unserem Online-Glaubenskurs mit. Es ermutigt uns zu sehen, wie Gott bei den zwei Mädchen, in ihrer Familie und auch bei ihren Nachbarn am Wirken ist.
Gibt es neue Projekte, die ihr am Anpacken seid?
Michael: Immer wieder bewegt uns die Frage, wie es gelingen kann, dass wir ein Team von Christen aufbauen können, die bereit sind, hier im 16. Bezirk zu leben und sich in die Menschen an diesem Ort zu investieren. Gerade sind wir dabei, eine WG zu gründen, wo eine Mitarbeiterin von uns mit Christen, die ein Praktikum bei uns machen wollen, zusammenleben wird. In diesem Zusammenhang sind wir auf der Suche nach jungen und junggebliebenen Menschen, die Interesse haben, im Rahmen eines Praktikums von wenigen Wochen bis zu drei Monaten mit uns als missionale Gemeinschaft im 16. Bezirk in Wien unterwegs zu sein, so dass wir unter den Menschen ein noch stärkeres Licht ausstrahlen und noch mehr Hoffnung bringen können.
Das «G-Movement» ist eine Bewegung von werteorientierten Gemeinden und wird von Matthias «Kuno» Kuhn und Aaron Stutz geleitet. Das Intensivprogramm von «Acts» in Thun beginnt jeweils im Sommer und dauert elf Monate. Die Studenten werden geschult in Gemeindegründung und Leadership, was gleich auch in die Praxis umgesetzt wird. Der Leitsatz lautet «Leiten, Leben und Gründen». Gelebt wird in einer WG, der Lebensunterhalt wird in einem Teilzeitjob von zirka 70 Prozent bestritten.
Zur Webseite:
G-Movement
«Acts»
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Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet