Der unvermeidliche Tod

Chine McDonald: «Christen kennen einen Ausweg»

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Chine McDonald (Bild: chinemcdonald.com)
Der grossen Mehrheit der Briten ist es unangenehm, über den Tod zu sprechen. Die nigerianische Autorin Chine McDonald denkt, dass die Pandemie in Verbindung mit dem Tod der Monarchin daran etwas ändern könnte.

«Während die Welt den Tod von Königin Elisabeth II. betrauerte, brach mir die Trauer einer Familie über den Tod ihres eigenen Angehörigen das Herz», erzählt die nigerianische Autorin Chine McDonald, die unter anderem das Buch «God is not a white man» verfasste.

«Die Familie von Chris Kaba – einem unbewaffneten schwarzen, 24-jährigen werdenden Vater, der am 5. September von bewaffneten Polizeibeamten im Süden Londons erschossen wurde – führte einen Protest im Zentrum Londons an, sichtlich erschüttert über das Ausmass der erlebten Tragödie. Ihre Trauer war auf eine Weise spürbar, die uns Menschen mit afrikanischem und karibischem Hintergrund vertraut ist.»

«Wir trauern, wir feiern»

Chine McDonald, die regelmässig bei «BBC 4» publiziert, weiter: «Ich bemerkte die Gegenüberstellung der Trauer der Familie Kaba mit der archetypisch britischen Trauer, die wir nach dem Tod der Königin erlebt haben; der Pomp und die Zeremonie, das Pflichtbewusstsein und die steife Oberlippe, die für königliche Beerdigungen typisch sind.»

Ihre Familie dagegen ist nigerianisch. «Wir trauern, wie wir feiern: laut und ausschweifend. Für uns sind Beerdigungen nicht nur eine Feier des Lebens eines Menschen, sondern auch eine Möglichkeit, die Gemeinschaft zusammenzubringen. Vor drei Jahren nahm mein weisser britischer Ehemann zusammen mit mir an der aufwendigen Beerdigung meiner Grossmutter in Nigeria teil, zu der mehr als 1'000 Menschen kamen. Nur ein paar Jahre zuvor hatten wir seine Eltern in einer viel ruhigeren Zeremonie beerdigt.»

Normale Sterbliche

Sie wolle damit nicht sagen, dass die eine Form besser als die andere sei. «Es gibt Dinge, die sowohl gesund als auch ungesund sind. Aber die letzten Tage haben mich zum Nachdenken darüber angeregt, dass wir alle in der Lage sein müssen, über den Tod zu sprechen.»

Vielleicht sei einer der Gründe für die grosse Trauer nach dem Tod von Königin Elisabeth II. nicht nur das Ableben der einzigen Monarchin, die die meisten von uns je gekannt haben – eine stabilisierende Präsenz in einer sich ständig verändernden Welt –, sondern auch eine Erinnerung an unsere eigene Sterblichkeit, so Chine McDonald. «Wenn die Königin sterben kann, dann kann das auch jedem von uns geschehen. In der Novelle 'Half of a Yellow Sun (Fourth Estate)' des Autoren Chimamanda Ngozi Adichies drückt es der Protagonist Odenigbo gut aus: 'Wir erinnern uns nie aktiv an den Tod. Der Grund, warum wir so leben, wie wir es tun, ist, dass wir uns nicht daran erinnern, dass wir sterben werden. Wir werden alle sterben.'»

Es kann beängstigend sein

Chine McDonald weiter: «Die Konfrontation mit unserer eigenen Sterblichkeit kann beängstigend sein, selbst für diejenigen von uns, die mit der christlichen Hoffnung auf ein ewiges Leben leben. Die Erkenntnis kann uns unvorbereitet treffen – manchmal in den Momenten, in denen das Leben am schönsten ist; eine Traurigkeit schleicht sich ein, die uns daran erinnert, dass es eines Tages zu Ende sein wird.» Das ist es, was Psychologen als Mortalitätssalienz bezeichnen – die existenzielle Angst, die aus dem Bewusstsein erwächst, dass der Tod unvermeidlich ist.

Der Soziologe Jack Fong beschreibt, wie die «Dreifaltigkeit», des Marktes, der Medien und der lebensverlängernden Medizin dazu geführt hat, dass wir es vermeiden, über den Tod auf existenzieller und spiritueller Ebene zu sprechen, und stattdessen um ihn herumschleichen, führt Chine McDonald uns allen vor Augen. «Eine 'ComRes'-Umfrage aus dem Jahr 2015 bestätigte dies; sie ergab, dass 72 Prozent der Menschen in Grossbritannien sich unwohl fühlen, wenn sie über Tod, Sterben und Trauer sprechen.»

Vom Tod der Königin lernen

Auf Twitter schrieb Dr. Kathryn Mannix, Autorin von «With the End in Mind: How to live and die well (William Collins)», wie Königin Elisabeth II. der Welt einen guten, gewöhnlichen Tod demonstrierte. «Trotz der tagelangen Staatstrauer, die auf das Ereignis selbst folgte, schlägt Dr. Mannix vor, dass wir aus dem Tod der Königin lernen können, 'dass das Sterben unvermeidlich, erkennbar und beschreibbar ist, und dass wir uns darauf vorbereiten können... dass wir immer noch Liebe, Frieden und Gefährten geniessen können. Dass wir uns mit dem Sterben vertraut machen müssen.'

Chine McDonald analysiert: «Es scheint, als sei der Tod der Königin der jüngste Moment in einer Zeit, in der wir alle trauern. Seit dem Ausbruch von Covid-19 hat sich der Tod viel präsenter angefühlt. Allein im Vereinigten Königreich starben während der Pandemie mehr als 200'000 Briten. Wie auch immer wir diese Verluste betrauern, es ist wichtig, dass wir uns daran gewöhnen, über den Tod zu sprechen.»

Und aus all diesen Gründen bilanziert Chine McDonald: «Zehntausende von Menschen im Vereinigten Königreich tragen sich in Kirchen und Kathedralen im ganzen Land in Kondolenzbüchern für ihre verstorbene Majestät, Königin Elisabeth II., ein. Die kommenden Tage, Wochen und Monate bieten Christen eine einzigartige Gelegenheit, über den Tod zu sprechen – nicht als diejenigen, die keine Hoffnung haben, sondern als diejenigen, die sich auf das freuen, was danach kommt.»

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Datum: 24.09.2022
Autor: Chine McDonald / Daniel Gerber
Quelle: Premier Christianity / Übersetzung: Livenet

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