Faktencheck Christentum

Ist das Christentum wirklich frauenfeindlich?

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In vielen Kulturen und Religionen dieser Welt stehen Frauen nicht gleichberechtigt neben dem Mann. Im Verlauf der Geschichte wurde dieses Ungleichgewicht oft missbraucht, um Frauen zu unterdrücken. Doch was sagt die Bibel wirklich dazu?

Traditionellerweise mussten Chinesinnen ihre Füsse von klein auf einbinden, so dass sie verkrüppelten. Damit sollte garantiert werden, dass sie ihren Ehemännern nicht davon laufen und ihnen treu dienen. In Indien wiederum galten diejenigen Frauen als Vorbilder und wurden sogar vergöttert, die sich beim Tod ihres Ehemannes freiwillig ins Feuer warfen und mit ihm starben (Witwenverbrennung: Sati genannt). Bis heute werden Frauen in islamischen Ländern für Ehebruch bestialisch bestraft, während Männer legal mit vier Frauen «und was eure rechte Hand besitzt» (Sure, Kapitel 4, Verse 3–4) Umgang pflegen dürfen. Im Europa des Altertums war es nicht besser. Gemäss der griechischen Mythologie wurden die Frauen vom Göttervater Zeus zur Strafe für die Männer erschaffen. Er gab ihr auch eine Dose namens Pandora mit. Als sie diese öffnete, kamen alle Übel dieser Welt heraus, voran Krankheit, Tod und Arbeit.

Im antiken Griechenland: Frauen als Sklavinnen

Kein Wunder, dass die noblen Griechen, zu denen sich auch die Philosophen zählten, Frauen verachteten. Sie stellten sie auf die gleiche Stufe wie Sklaven. Denen überliessen sie die mühsamen Arbeiten. Kein Wunder, dass Xanthippe, die Frau des Philosophenvaters Sokrates als Inbegriff des zänkischen «Weibes» in die europäische Literatur einging. Sie musste sich ja alleine um die Kinder kümmern. Er gab sich lieber mit seinen Philosophenjüngern ab als mit dem eigenen Nachwuchs, auch wenn er kein Geld nach Hause brachte.

Das grosse Vorbild, der Göttervater Zeus, betrog seine Ehefrau bei jeder Gelegenheit, und als sie reklamierte, verschluckte er die Nichtsahnende. Er verstellte sich als Tier, um an Frauen ranzukommen. Erst später bemerkten diese, dass sie belogen worden waren.

«Die meisten Amerikaner und Europäer haben keine Vorstellung davon, wie niedrig die Stellung der Frau, vor allem der Ehefrau, im antiken Griechenland war. Neugeborene Mädchen wurden auch in Rom häufig getötet oder ausgesetzt. Der römische Ehemann war zudem Herr über das Leben seiner Ehefrau, hatte das Recht zu jeglicher Züchtigung, und sogar, sie in die Knechtschaft zu verkaufen» (siehe dazu: Rudolph Sohm, Institutionen. Geschichte und System des römischen Privatrechts, München und Leipzig, Verlag Duncker & Humblot, 1920, S. 625). Es ist überliefert, dass Römer sich scheiden liessen, weil ihre Ehefrauen ohne Schleier ausgegangen waren (so der Römer Sulpicius Gallus, siehe dazu: James Donaldson, Woman: Her Position and Influence in Ancient Greece and Rome, New York, Longmans, Green, 1907, S. 88).

In der Bibel: Frauen als Geschenk

Im biblischen Schöpfungsbericht ist Eva nicht eine Strafe für Adam, sondern ein Geschenk an ihn. Sie wird aus ihm selber gemacht, d.h. die Gleichheit wird betont. Gott selber bringt sie zu ihm wie ein Vater zur Hochzeit. Sie gilt zwar als diejenige, welche die Gebote Gottes zuerst übertritt. Er aber tut es ihr nach und steht damit als genauso schuldig da. Und ihr Wert wird bald danach wieder durch die Erklärung betont, dass der kommende Erretter erstaunlicherweise als ein Nachkomme der Frau und nicht etwa des Mannes bezeichnet wird (1. Mose, Kapitel 3, Vers 15).

Es waren die römischen Christen, die die Kindstötung und Aussetzung strikt ablehnten, und dies auch bei Mädchen (siehe dazu: Charles Albert Savage, The Athenian Family: A Sociological and Legal Study, Baltimore: o. Verlage, 1907, S. 29). Sie glaubten nämlich, dass Christus Männer und Frauen erlöst hatte.

Der Soziologe Rodney Stark schätzt, dass vielleicht 2/3 der christlichen Gemeinschaft im zweiten Jahrhundert aus Frauen bestand, und dies in einer Gesellschaft, in der die Frauen in der Minderzahl gewesen sein sollen, weil man eben manche schon kurz nach der Geburt sterben liess.

Dies bedeutet, dass sich insbesondere Frauen der Kirche anschlossen. Tatsächlich tauchen in den frühesten christlichen Quellen überall Frauen auf. Sie wurden von der römischen Regierung verfolgt, sie beherbergten Kirchen in ihren Häusern, sie kümmerten sich um die Armen und Gefangenen, sie waren reisende Missionarinnen und wohlhabende Gönnerinnen, die die Kirche finanziell unterstützten und vieles mehr. Offensichtlich stellte das Christentum einen Kontrast zum römischen Männlichkeitsideal dar. Celsus spottet deshalb: «(Christen können) nur die törichten, unehrenhaften und dummen, nur Sklaven, Frauen und kleine Kinder überzeugen» (Celsus, Kapitel 3, Vers 44).

Entscheidender Beitrag zur Befreiung der Frau

Zwar lehrt die Bibel, dass der Mann das Haupt der Frau sein soll, doch nicht als brutaler Herrscher, sondern indem er sich für sie aufopfert, so wie es Jesus für die Gemeinde getan hat (Epheserbrief, Kapitel 5, Verse 23–25). Das war ein völlig neuartiges, revolutionäres Konzept, wie es die Welt noch nie gesehen hatte. Auch wenn es selbstverständlich auch da noch manch eine konservative Strömung gab, so begann die Befreiung der Frau, wie sie im modernen Westen als normal gilt, unübersehbar und nicht zufällig in Europa.

Auch wenn das Christentum im mittelalterlichen Europa weithin als oberflächlich und bibelfern bezeichnet werden muss, hat es doch bereits damals dem schwächeren Geschlecht zu einer Stellung verholfen, von der Frauen anderswo nur träumen konnten. Die Entschleierung, die Einehe, das Recht auf Leben, das Recht, alleine aus dem Haus zu gehen, dass die Kinder im Scheidungsfall nicht einfach automatisch weggenommen werden; Frauenrechte vor Gericht und beim Erben wurden mehr und mehr selbstverständlich. Es war diese Grundlage – und keineswegs das altgriechische Vorbild – welche später zum Wunsch der völligen Gleichberechtigung führte. Erst danach wurden diese Frauenrechte in anderen Kontinenten verbreitet, wo sie vielerorts auch bis heute noch weit hinter dem westlichen Standard zurückgeblieben sind.

Zum Thema:
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Datum: 16.08.2022
Autor: Kurt Beutler
Quelle: Livenet

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