Öffentlich geschlagen
Der Weg aus einer missbräuchlichen Beziehung
«CNN»-Moderatorin Christi Paul steht oft im Rampenlicht. Doch wenn die Spot-Lights ausgingen, quälte sie eine bedrückende Schattenseite. Sie lebte in einer missbräuchlichen Beziehung. Zu den Tiefpunkten gehörte, dass sie öffentlich geschlagen wurde.
Ihr Vater war Anwalt, die Mutter Lehrerin. Zusammen mit ihrem sechs Jahre jüngeren Bruder wuchs sie im ländlichen Ohio auf. Sie hatte gute Freunde und eine grosse Familie mit Cousinen und Cousins, Tanten und Onkeln. All das gab ihr Sicherheit.
«In meinem zweiten Studienjahr war ich mit einem Mann zusammen, der eine Art Jekyll und Hyde-Persönlichkeit hatte. Er konnte sehr gut zu mir sein, aber er hat mich auch betrogen und er konnte manipulativ sein. Einmal hat er mich mitten auf dem Schulflur geohrfeigt. Ich erinnere mich an diese Demütigung, und ich sagte mir, dass mir das nie wieder passieren würde. Dann habe ich jemanden geheiratet, der noch Schlimmeres getan hat.»
Sie fragte sich, wie es so weit kommen konnte. «Ich weiss nicht, wie es bei anderen Menschen ist, aber bei mir war es so, dass ich zuerst die Schuld auf mich schob.»
Trügerische Idylle
Angefangen hatte alles scheinbar idyllisch. «Ich hatte gerade meinen ersten Job beim Fernsehen in West Virginia angetreten, und mein Co-Moderator und ich fingen an, miteinander auszugehen.» Er war witzig und klug, hatte Charisma und Selbstvertrauen. Als er ihr einen Heiratsantrag machte, sagte sie Ja.
Eine Woche später erhielt sie die Zusage für ihren Traumjob bei einem viel grösseren Sender. «Ich erzählte es meinem Verlobten, doch er sagte: 'Nun, wenn du den Job annimmst, gut. Aber du gehst ohne mich, denn ich habe bereits einen Job in Boise, Idaho angenommen und werde nicht mit dir gehen. Ist es das, was du willst?'»
Als ihr Verlobter ihr dieses Ultimatum stellte, dachte Christi Paul, sie täte das Richtige, weil sie ihn und die Liebe über das Geld und die eigene Karriere stellte. «Ich dachte einfach, dass ich das Richtige tue, also bin ich ihm gefolgt.»
Alleine und isoliert
Schon vor der Heirat begann der Albtraum: «Das Geschrei, das Gebrüll, das Schlagen gegen Wände, die Drohungen. Wenn ich zurückblicke, frage ich mich: Warum habe ich da mitgemacht? Ich habe gelernt, mir selbst zu verzeihen, aber es hat viele Jahre gedauert, bis ich so weit war.»
Christi Paul war Tausende Meilen von allen entfernt, die sie kannte. «Es war wirklich der 'perfekte Sturm'.» Nun war ihr Mann der einzige Mensch, den sie geografisch um sich hatte. «Missbrauchstäter versuchen, dich zu isolieren. Wenn etwas passierte und ich nach Hause zu meinen Eltern wollte, sah er mich an und sagte: 'Ich bin jetzt deine Familie.'»
In der Nacht, in der es wirklich schlimm wurde, schrie er sie an und warf ihr vor, dass sie ihn nicht liebe. «Er kam betrunken nach Hause, warf seinen Ehering nach mir und sagte: 'Ich will nicht einmal mit dir verheiratet sein. Es tut mir leid, dass ich es je getan habe. Ich verlasse dich.' Und er warf mich gegen die Wand. Er legte seine Hand um meine Kehle und sagte: 'Ich werde deinen Kopf gegen diese Wand schlagen.' Und dann schlug er auf die Wand direkt neben mir ein, nah genug an meinem Kopf, dass ich den Aufprall der Faust spürte und hörte, wie sie gegen die Wand schlug. Dann stand er einfach da und sah mich an. Er sagte nichts, aber er sah mich an, als wolle er sagen: Diesmal habe ich nicht getroffen. Ich werde nicht noch einmal daneben schlagen.»
Alles explodiert
Das Paar zog weiter nach Phoenix und Christi dachte, dass es besser wird – ein neuer Anfang. «Eines Abends ist alles explodiert. Er schrie und sagte, er wolle gehen, und es war das erste Mal, dass ich nicht versuchte, ihn aufzuhalten.» Er ging.
«Ich war aufgewühlt, aber es gab auch eine Welle der Erleichterung. Als er wieder nach Hause kam, bin ich gegangen. Ich sagte nur: 'Ich muss für eine Minute weg von all dem.'»
Sie setzte sich auf einen Kirchenparkplatz in Phoenix, schluchzte und betete: «Gott, ich weiss einfach nicht, was du von mir willst.» Dann erinnerte sie sich an Sprüche Kapitel 3, Verse 5-6: «Vertraue auf den Herrn von ganzem Herzen und verlasse dich nicht auf deinen Verstand.»
Das Schwierigste an einer solchen Beziehung sei die Entscheidung, ob man bleiben oder gehen will, erinnert sich Christi. «Wenn man die Entscheidung getroffen hat, ist es immer noch schwer, aber es ist leicht, weil man weiss, dass man das Richtige tut. Und ich wusste in diesem Moment, dass ich damit abgeschlossen hatte Ich wusste nicht, wie es funktionieren würde, ich wusste nicht, wie ich sicher wegkommen würde. Ich wusste nicht, wohin ich gehen sollte. Ich wusste nicht, was ich tun würde. Ich wusste nur, dass ich es tun würde.»
«Ich fühlte mich gedemütigt»
Alleine und still verbrachte sie viel Zeit in ihrer neuen Wohnung. «Ich fühlte mich gedemütigt und ich schämte mich. Ich glaube, wenn man in einer Situation ist, in der man missbraucht wird, nimmt man beim ersten Mal die Entschuldigung an, weil man die Person liebt. Man hat das Gute in ihr gesehen und glaubt weiterhin daran. Dann passiert es ein zweites oder drittes Mal, und jedes Mal, wenn es danach passiert, denkst du: 'Aber ich habe es zugelassen. Ich habe es wieder und wieder und wieder zugelassen.' So werden die Steine der Scham, die auf den Schultern lasten, immer schwerer und schwerer und schwerer mit jeder missbräuchlichen Episode.»
Gott will, dass wir so sind, wie er uns geschaffen hat, und das Leben in einer missbräuchlichen Beziehung wird uns nicht zu dem Menschen machen, der wir sein sollten, erklärt Christi Paul. «Ich sage den betroffenen Menschen immer wieder: 'Du bist nicht geboren, um missbraucht zu werden, aber Gott kann aus wirklich schrecklichen Situationen etwas wirklich Gutes machen. Ja, es ist dir passiert. Es hätte dir nicht passieren dürfen. Aber du solltest auch nicht zulassen, dass es den Rest deines Lebens beeinflusst, denn das hast du nicht verdient.'»
Worte haben Kraft
Sie erkannte auch die Bedeutung von Worten. «Ich habe gespürt, wie sie verletzen. Emotional können sie einen einfach in Stücke reissen, wenn man nicht die richtigen Worte benutzt, wenn man nicht ein wenig Sorgfalt und Mitgefühl walten lässt.»
Es habe aber auch ihre Fähigkeit zu verzeihen erweitert, «weil ich zuerst gelernt habe, mir selbst zu verzeihen. Ich habe mir selbst verziehen, dass ich mir erlaubt habe, vier Jahre lang so zu leben.»
Heute reflektiert sie: «Ich wusste, dass Gott nicht wollte, dass ich das durchmache, aber ich wusste auch, dass er es zum Guten nutzen und mich da herausholen würde. Und so erweiterte sich meine Fähigkeit, anderen Menschen zu vergeben, auch meinem Ex-Mann. Als ich ging, hatte ich ihm ehrlich gesagt schon vergeben. Ich wusste nur, dass ich mich bei ihm nicht sicher fühlte. Und ich habe gelernt, dass man jemandem vergeben und trotzdem eine Grenze setzen kann.»
Bei Gott gehen die Chancen nie aus
Das habe ihr auch den Glauben an zweite Chancen zurückgegeben. «Bei Gott werden uns die Chancen nie ausgehen, auch wenn wir wieder und wieder Mist bauen. Gott ist jedes Mal da, um unsere Hand zu halten, uns aufzufangen und zu sagen: 'Lass es uns noch einmal gemeinsam versuchen.'»
Ihre Erfahrungen liessen sie an ihrem Wert zweifeln. Sie habe nicht immer Zuversicht. «Keiner von uns hat das. Aber zu wissen, dass ich auf Gott vertrauen kann und dass Gott für uns da ist, dass er uns nachgeht, dass er uns liebt, dass er uns nicht rund um die Uhr beurteilt, wie es jeder in den sozialen Medien tut – das gab mir die Zuversicht, mich daran zu erinnern, dass er die Kontrolle hat.»
Christi Paul ermutigt: «Ich möchte nur, dass jeder weiss, dass Gott für dich da ist. Wenn wir die Kraft finden, transparent zu sein und unsere Geschichten zu erzählen, können wir uns gegenseitig helfen, das zu überstehen. Hier geht es nicht um mich. Es geht darum, dass Gott den Menschen sagt: 'Du bist es wert. Ich bin für dich da. Vertraut mir einfach.'»
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Autor: Jesus Calling / Daniel Gerber
Quelle: Jesus Calling / gekürzte Übersetzung : Jesus.ch