Wissenschaftsfreiheit beerdigen?

Die Diskussion um «Konversionstherapien»

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Die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrats stellt die Weichen für ein gesamtschweizerisches Verbot von sogenannten «Konversionstherapien». Die EDU Schweiz hat sich intensiv mit der Thematik befasst und sieht darin einen grossen Fehler.

In immer mehr Kantonen kommen Verbote sogenannter «Konversionstherapien» auf das politische Tapet – oder sie wurden bereits beschlossen. Ende August stellte die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrats (RK-N) nun die Weichen für ein gesamtschweizerisches Verbot. Die EDU Schweiz hat sich intensiv mit der Thematik befasst: Sie spricht sich gegen ideologisch motivierte Verbote aus und plädiert für die Wahrung der persönlichen Freiheit des Einzelnen, seine therapeutische und seelsorgerliche Betreuung frei wählen zu können.

Unter dem Begriff «Konversionstherapien» versteht man gemeinhin Methoden der Psychotherapie, welche die Abnahme homosexueller Neigungen und die Entwicklung heterosexueller Potenziale als Ziel postulieren. In der politischen Auseinandersetzung in westlichen Staaten ist der Begriff meist negativ konnotiert. Er wird seit einiger Zeit oft in Zusammenhang mit Behandlungsformen gebracht, die sexuelle Minderheiten unter Zwang oder mit starkem Druck zur Aufgabe ihrer Sexualität drängen wollen. Vor diesem Hintergrund fordern linke Parteien und Vertreter der LGBT-Lobby in immer mehr Kantonen ein Verbot von Konversionstherapien – so zum Beispiel in den Kantonen Bern und Zürich. Der Zürcher Regierungsrat lehnt ein kantonales Verbot ab und verweist auf übergeordnetes, nationales Recht. Es ist also gut möglich, dass bald über ein landesweites Verbot von Konversionstherapieren diskutiert wird.

Grundrechte wahren

In einer Mitteilung betont die EDU, dass sie für die «sexuelle Selbstbestimmung» einsteht – und gerade deshalb ein Verbot von Konversionstherapien ablehnt. Ein solches stehe im Konflikt mit verfassungsmässigen Grundrechten wie dem Recht auf persönliche Freiheit (Art. 10), Glaubens- und Gewissensfreiheit (Art. 15) sowie Meinungs- und Informationsfreiheit (Art. 16). Die in einem freien Land so zentrale beraterische bzw. therapeutische Ergebnisoffenheit würde massiv eingeschränkt. Ratsuchenden Menschen würde vermittelt: «Du darfst nicht mehr selber über die Ziele deiner Therapie bestimmen!»

Diffuser Sammelbegriff

Die vorliegenden Verbotsforderungen wiesen das fundamentale Problem auf, dass sie den Begriff Konversionstherapie nicht klar definieren. «Die Initianten missdeuten Konversionstherapien pauschal als diffusen Sammelbegriff und bringen sie mit brutalen 'Umpolungsversuchen' (beispielsweise Elektroschock-Therapien) in Verbindung, wie sie in der Vergangenheit teilweise – wenn auch selten – praktiziert wurden», heisst es in der Mitteilung. Elektroschock-Therapien habe es beispielsweise vor ca. 70 Jahren gegeben, jedoch nur in Kliniken. «Selbstverständlich verurteilt die EDU jegliche Therapien, die gegen den Willen von Betroffenen angeordnet werden, manipulativ sind, Druck aufsetzen und Leid verursachen, auf das Schärfste. Dabei kann es aber sehr wohl auch manipulativ sein, wenn ein Therapeut den Klienten zu überzeugen versucht, seine gleichgeschlechtliche Orientierung auszuleben, obwohl dieser ethische oder moralische Bedenken äussert.»

Das Gesetz schütze laut EDU Schweiz die Freiheit und Integrität hilfesuchender Personen bereits heute. Übergriffige Berater oder Therapeuten – egal in welchen Bereichen – könnten angezeigt werden. «Wer allerdings bei Bund und Kantonen konkrete Beispiele krasser, die Menschenwürde verletzender 'Umpolungstherapien' in der Schweiz erfahren möchte, kommt nicht weit. Oft heisst es dann: 'Uns sind keine solche Fälle bekannt.' Wird hier etwa ein Problem bewirtschaftet, das gar keines ist?»

Viel Ideologie, kein Nutzen?

«Wir werden den Eindruck nicht los, dass auch hinter diesem Kernanliegen der LGBT-Lobby viel Ideologie steckt. Offenbar soll tabuisiert werden, dass es auch in unserem Land Menschen gibt, die ihre homo- oder bisexuelle Veranlagung als konflikthaft erleben.» Dazu gehörten zum Beispiel Männer und Frauen, die mit einem heterosexuellen Partner verheiratet sind, mit diesem Kinder haben und ihm oder ihr treu sein möchten. In diesem Zusammenhang stellten sich zwei wichtige Fragen: Erstens, sind Veränderungen der sexuellen Orientierung grundsätzlich möglich? Zweitens, sollen Veränderungen der sexuellen Orientierung angestrebt werden dürfen?

Das Fazit der Partei: «Wenn es darum geht, dass sich Heterosexuelle homo- oder bisexuellen Neigungen hingeben, scheint das Urteil im gegenwärtigen politischen Klima klar auszufallen. Solche Personen werden dazu ermutigt, ihr Recht auf persönliche Freiheit wahrzunehmen. Wieso soll dann tabuisiert werden, dass die Fluidität der sexuellen Orientierung sich auch in die andere Richtung entwickeln kann? Wer eine solche Veränderung freiwillig anstrebt, muss ebenso die Freiheit haben, eine therapeutische und/oder seelsorgerliche Begleitung in diesem Prozess frei wählen zu können. Es gibt keinen sachlichen Grund, warum Menschen, die homo- oder bisexuelle Orientierung konflikthaft erleben, keine fachliche Begleitung mehr aufsuchen dürfen.»

Zum Thema:
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Datum: 15.09.2022
Quelle: Livenet / EDU Schweiz

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