Nacht des Glaubens
Die Kirche steht im Abseits
Die Absage des Kunst- und Kulturfestivals «Nacht des Glaubens» wirft Fragen auf. Wird die Kirche dem Fussballgott geopfert? Projektleiter Beat Rink richtet seinen Blick aber schon wieder nach vorne.
Meisterfeier vs. Kunstfestival
Tausende von FCB-Anhängern werden in die Innenstadt strömen, es wird laut und spät werden. Ein spontanes Volksfest mitten in der Stadt, das der FCB nicht bei der Stadtverwaltung anmelden muss. Die Fans würden ohnehin kommen und feiern, mit oder ohne Genehmigung. Doch ausgerechnet an jenem 2. Juni 2017 sollte in Basel eigentlich ein ganz anderes Fest gefeiert werden. Das «Festival für Kunst und Kirche» mit dem Titel «Nacht des Glaubens». Nun muss dieser kirchliche Grossanlass, der den Besuchern eine weniger geläufige Seite des christlichen Glaubens näherbringen möchte, dem Platzhirsch FCB weichen. Im Jahr 2013 malte die erste und bisher einzige «Nacht des Glaubens» ein facettenreiches Bild aus Musik, Theater, Kunst und Kultur. Immerhin 15'000 Menschen besuchten die etwa 70 Veranstaltungen und Aktionen, an denen über 300 Künstler beteiligt waren. Das Festival setzte so einen erfrischenden Kontrastpunkt zu den wenig erbaulichen Umständen, in denen das Thema Religion und Glaube sonst in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird.
Natürlich kann ein Event mit diesem Ausmass und dieser Anzahl von Mitwirkenden und Örtlichkeiten nicht von heute auf morgen auf die Beine gestellt werden. Die Veranstalter reservierten den 2. Juni bereits vor einem Jahr, also lange bevor die Swiss Football League das letzte Meisterschaftsspiel 2017 auf just dieses Datum legte. Man darf sich fragen, warum eingetragene Grossanlässe in der Innenstadt des wahrscheinlichen Meisters bei dessen Terminplanung keine Rolle spielen. Vor diesem Rätsel steht auch Pfarrer Michael Bangert, der Präsident der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen beider Basel. In einem Schreiben an die Medien erklärt er: «Wir sind der Meinung, dass eine Verschiebung dieses letzten Fussballabends auf einen anderen Tag ohne Not hätte möglich sein müssen. Dies umso mehr, als gemäss eigenen Vorgaben der Swiss Football League die Spieldaten des 36. und letzten Spieltages noch gar nicht definitiv festliegen, sondern erst Mitte März 2017 beschlossen werden.»
Keine Planungssicherheit für Grossevents
Die Basler Zeitung (BAZ) kritisierte ihrerseits offen die Stadtverwaltung, die keine Planungssicherheit für Grossevents gewähre. Der Verdacht steht im Raum, ob im BAZ-Titel «Fussballgott bezwingt Kirchengott» nicht ein Fünkchen Wahrheit steckt. Steht die Kirche automatisch im Abseits, wenn sie mit König Fussball konkurrieren will? Dies umso mehr, als die Nacht des Glaubens bereits schon einmal verschoben wurde. Ursprünglich war der 13. Mai 2016 angepeilt worden, doch damals stand der Europa-League-Final im Weg. Beat Rink, Projektleiter des Festivals, sieht es nicht so dramatisch: «Der Fehler liegt im System. Die Meisterfeier war nicht auf dem Bildschirm der Stadtverwaltung, weil sie nicht angemeldet werden muss.» Rink, selbst ein FCB-Fan, spürt nach wie vor von allen Seiten Unterstützung für das Festival. Trotzdem schmerzt ihn die Absage natürlich – auch wegen des sechsstelligen Betrages, den man für den Planungsaufwand in den Sand gesetzt hat. Aber der Pfarrer der «Alban Arbeit» blickt bereits wieder nach vorne. Für 2017 ist nun eine verkleinerte Version mit dem Titel «SPOT – Nacht des Glaubens» rund um das Basler Münster geplant. Die nächste grosse Glaubensnacht soll dann – so der Fussballgott es zulässt – am 7. Juni 2019 stattfinden.Zum Thema:
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Autor: Christof Bauernfeind
Quelle: ideaSpektrum Schweiz