Alternative in der Medizin
Spiritualität – Luxus oder Notwendigkeit?
Spiritualität gewinnt in der Medizin zunehmend an Bedeutung. Nachdem vor zwei Jahren in München eine Professur für «Spiritual Care» eingerichtet wurde, will nun auch Zürich einen solchen Lehrstuhl. Was ist von diesem spirituellen Aufbruch in der Medizin zu halten?
Die Meinung unter Fachleuten klafft weit auseinander. Ein Abgleiten der Medizin in die Esoterik, meinen die einen, ein dringend notwendiger letzter Schritt zu einer ganzheitlichen und kostengünstigeren Medizin, argumentieren die anderen.
Spirituelle Öffnung
Professor Hell, ehemaliger Direktor und Chefarzt der psychiatrischen Universitätsklinik in Zürich, plädiert für eine spirituelle Öffnung der Psychiatrie: «Die psychiatrische und psycho-therapeutische Praxis kann sich dem Seelisch-Geistigen nicht entziehen, will sie die Hilfe suchenden Menschen wirklich ernst nehmen. Deshalb sollen die religiösen Weisen des Erlebens im therapeutischen Gespräch unbedingt ernst genommen werden und offen zur Sprache kommen können».
Eine ähnliche Überzeugung vertritt auch Professor Carrel, der bekannte Berner Herzchirurg und Klinikdirektor: «Die heilsame Wirkung spiritueller Handlungen ist heute kaum mehr zu bezweifeln».
Halt im Glauben
«Not lehrt beten», das gelte auch für Krankheitsnot, heisst es in einer Publikation der Klinik SGM Langenthal. Viele Patientinnen und Patienten würden in schweren körperlichen oder seelischen Krankheitssituationen Halt im Glauben suchen und sich auf ihre religiösen Wurzeln besinnen. Das belegten eine zunehmende Anzahl wissenschaftlicher Studien.
Andererseits könne Religion auch zur Belastung werden. Die Überzeugung, dass die Krankheit eine Strafe Gottes für begangene Verfehlungen sei, könne den Krankheitsverlauf ungünstig beeinflussen. Eine solche Interpretation könne der Patient aber erst im vertrauensvollen Gespräch mit dem Arzt, den Pflegenden oder mit einem Seelsorger besprechen.
Bedürfnis abklären
Die Klinik SGM Langenthal verfolge seit ihrer Eröffnung vor 25 Jahren ein ganzheitliches Behandlungskonzept, welche auch die Spiritualität einschliesse. Eine kurze Befragung zu den spirituellen Bedürfnissen, und ob diese in die Behandlung einbezogen werden sollen, gehöre zu jedem Aufnahmegespräch. Die Erfahrung zeige, dass Patienten dafür dankbar seien, wenn dies auf einer sensiblen Weise geschehe, so die SGM-Publikation.
Um dieses kontroverse Thema zu vertiefen führt die Klinik «Stiftung für ganzheitliche Medizin» (SGM) am Mittwoch, 7. November 2012, 13.30 bis 18.00 Uhr, in der Klinik SGM eine Fachveranstaltung zum Thema «Spiritualität in der Medizin – Luxus oder Notwendigkeit?» durch. Vier ausgewiesene Referentinnen und Referenten – darunter Dr. med. Barbara Hochstrasser und Prof. Dr. med. Thierry Carrel – beleuchten das Thema Spiritualität in der Medizin aus verschiedenen Perspektiven. Diese Fragen werden in den Referaten und im Schlusspodium kontrovers diskutiert. Eingeladen sind Fachpersonen aus den Bereichen Medizin, Psychologie, Seelsorge, Pflege und Soziale Arbeit, aber auch aus Medien, Politik, Ökonomie und Spitalleitung. Auch interessierte Laien sind willkommen. Die Teilnahme ist kostenlos.
Zur Fachtagung:
Anmeldung
Webseite:
Klinik SGM Langenthal
Autor: Bruno Graber
Quelle: Livenet / SGM
Flyer_Spiritualitaet_7Nov2012.pdf (483.95 KB)