Mehr-Konferenz in Augsburg
«Glaube modern und emotional»
Als modernes und emotionales Event beschrieben die ARD-Tagesthemen die christliche «Mehr-Konferenz» vom 5. bis 8. Januar in Augsburg. Sie wurde von mehr als 10'000 Christen verschiedener Kirchen besucht. Elemente waren lange Zeiten von modernem Lobpreis, Vorträge und Gebet. Den Namen «Mehr» trägt das Treffen, weil sich die Veranstalter durch «mehr» Gebet auch «mehr» Erfahrungen mit Gott erhoffen.In diesem Jahr waren Walter Heidenreich (Evangelist, Lüdenscheid) und Raniero Cantalamessa, Prediger des Päpstlichen Hauses (Rom), die Sprecher des Treffens, neben Ben Fitzgerald, Initiator der «Awakening Europe»-Grossveranstaltungen. Zum Programm gehörten auch katholische Eucharistiefeiern und evangelische Abendmahlsgottesdienste.
Prof. Striet: «Aggressive Inszenierung»
An den Aspekten «modern, emotional und Event-Charakter» machte der Tagesthemen-Beitrag die Trennlinie in der Beurteilung der Konferenz fest. Im Bericht kam der katholische Theologe Prof. Magnus Striet zu Wort, der sich kritisch zur Konferenz äusserte: «Diese aggressive Inszenierung ist ein neues Element. Ich bin sehr gespannt, ob sich das weiterentwickelt. Die Frage ist, ob solche Konferenzen konstruktiv für eine Gesellschaft sind und ob sie Pluralismus ermöglichen.» Prof. Striet beschrieb die Konferenz als «ästhetisch zelebriert» und «hochgradig amerikanisiert». Sie habe mit «kontinentaleuropäischen Traditionen nur noch wenig zu tun.»Keine Ausgrenzung und keine unhaltbaren Versprechen
Demgegenüber nahm die NDR-Redakteurin Anja Würzberg in einem Expertengespräch nach Ausstrahlung des ARD-Berichts in einer Tagesschau-Sendung eine positivere Haltung zu der «Mehr-Konferenz» ein. Sie wies darauf hin, dass viele der Konferenzbesucher auch Mitglieder in Gemeinden verschiedener Konfessionen seien. Die Gefahr des Fundamentalismus sehe sie nicht. Es werde niemand ausgegrenzt und es würden keine unhaltbaren Versprechen gemacht, so Würzberg. Den Konferenzleiter, Dr. Johannes Hartl, beschrieb sie als einen sanftmütigen und toleranten Menschen, der nicht im Verdacht stehe, fundamentalistisch zu sein.
«Glaube darf und muss modern inszeniert werden»
Anja Würzberg begrüsste ausdrücklich die moderne und emotionale Form der Veranstaltung: «Das ist Teil von moderner Kirche... Glaube darf und muss auch modern inszeniert werden, um anschlussfähig zu bleiben, auch an die Gläubigen, die ja auch moderne Menschen in einer modernen Gesellschaft sind.» Anja Würzberg leitet seit 2014 die NDR-Fernsehredaktion Religion und Gesellschaft.
Die Kirchen beleben
Der Initiator der Veranstaltung, Dr. Johannes Hartl, sieht die Konferenz als Ergänzung im gesamtkirchlichen Angebot: «Ich glaube, dass wir nicht Kirche ersetzen, sondern beleben. Die Volkskirche gibt's, aber wir brauchen auch neue Formen.» Hartl kommentierte die ARD-Berichterstattung in einem Facebook-Eintrag mit diesen Worten: «Soeben erfuhren etwa 2 Millionen Menschen von der #MEHR2017 - ein sachlicher, guter Report. Bin extrem dankbar dafür.»
Hervorgegangen ist die «Mehr-Konferenz» aus der Arbeit des Gebetshauses Augsburg. Mit seiner Frau Jutta gründete Dr. Johannes Hartl 2007 den Trägerverein des Gebetshauses, seit 2011 wird dort jeden Tag rund um die Uhr gebetet.
«Das wirklich Grosse geschieht oft im Kleinen»
Zur Webseite:
Johannes Hartl
Gebetshaus Augsburg
Facebook - Gebetshaus Augsburg
Tagesschau.de: Holy Fascination in Augsburg: Kirche als Pop-Ereignis
Tagesschau.de: Anja Würzberg, NDR Religionsredaktion, zu religiösen Pop-Events
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Autor: Norbert Abt
Quelle: Livenet