Trotzdem Dienst an der Bevölkerung
Ukraine: Baptisten verloren bisher 400 Gemeinden
Etwa 400 ukrainische Baptistengemeinden sind durch den Krieg Russlands gegen die Ukraine verloren gegangen. Das erklärte der Präsident des Ukrainischen Baptistischen Theologischen Seminars (UBTS), Yaroslav Pyzh
«Seit Beginn des Krieges, also seit sechs Monaten, haben wir etwa 400 Baptistengemeinden verloren. Die eigentliche Aufgabe ist der Wiederaufbau von Leitungskapazitäten, denn wenn man Gebäude wieder aufbaut, aber keine Pastoren hat, die die Gemeinden leiten, wird das nichts nützen», sagte Pyzh letzte Woche gegenüber Baptist Press. «Die eigentliche Herausforderung ist also nicht so sehr der Wiederaufbau von Mauern, Fenstern und Türen.»
«Lücke in der Führung schliessen»
Viele Pastorinnen und Pastoren seien aus den Kriegsgebieten vertrieben worden, so Pyzh, «und die Gemeindeglieder haben niemanden mehr, der ihnen inmitten von Angst und Hoffnungslosigkeit Hoffnung geben kann». Nach Angaben der Allukrainischen Union der Kirchen der Evangelisch–Christlichen Baptisten gab es vor Kriegsbeginn im Februar rund 2'300 Baptistengemeinden in der Ukraine.
«Unsere grösste Herausforderung für die Zukunft, wenn der Krieg vorbei ist, ist es, die Lücke in der Führung zu schliessen», sagte Pyzh. «Und je länger der Krieg dauert, desto grösser wird die Lücke leider werden. Die Kirche besteht nicht aus Gebäuden. Es sind die Menschen, die diesen Ort verlassen und in die Vereinigten Staaten ziehen, die nach Deutschland oder an andere Orte ziehen. Und mit diesen Menschen sind auch die Pastoren gegangen.»
Gemeinden helfen in «We Care»–Zentren
Allerdings sind auch viele Pastoren und Pastorinnen geblieben und die Kirchen haben in hohem Masse auf die Bedürfnisse des Krieges reagiert, so Pyzh. «Das Schlimmste, was die Leute in diesen Momenten der Zerstörung und Bombardierung haben, ist Angst; es ist Hoffnungslosigkeit», so Pyzh. «Und die Einzigen, die Hoffnung geben können, sind die Pastoren, die Gemeinden und die Christen.»
Pyzh schätzt, dass bis zu 150 Absolventen und Studenten des Ukrainischen Baptistischen Theologischen Seminars (UBTS) in den We-Care-Zentren arbeiten, die «geistliches Licht und Salz» in die vom Krieg verwüsteten Gemeinden bringen und gleichzeitig beim strukturellen Wiederaufbau und der Versorgung mit den benötigten Gütern helfen sollen. Die UBTS bildet Freiwillige aus, die den Binnenvertriebenen und den Zurückgebliebenen als Seelsorger zur Seite stehen.
Diese Betreuungszentren sind aus den Einsätzen der Kirchen vor Ort hervorgegangen und wurden in Zusammenarbeit mit den örtlichen Behörden eingerichtet. Sie sind in Gebäuden untergebracht, die die Behörden kostenlos zur Verfügung stellen.
US–Hilfe wird zur Verfügung gestellt
«Wir sind eingesprungen und haben versucht, den Behörden zu helfen, ihre Arbeit effektiver zu gestalten, indem wir einige der Ressourcen, die wir von den Southern Baptists erhalten haben, mit ihnen teilen» sagte Pyzh. «Anstatt dass sich das Seminar direkt mit humanitärer Hilfe befasst (wie in den ersten Monaten des Krieges), arbeiten wir mit diesen Betreuungszentren zusammen und helfen ihnen.»
Die Grundidee der Betreuungszentren ist es nach den Worten von Pyzh, den Kirchen eine Plattform zu bieten, auf der sie zusammenarbeiten können, um der Gemeinschaft zu dienen. Dabei wolle man nicht nur auf die Bedürfnisse des Krieges reagieren, sondern etwas schaffen, das für lange Zeit in der Gemeinde bleiben kann.
Die UBTS, die während des Krieges Schüler/innen kostenlos unterrichtet hat, plant laut Pyzh, bis Ende des Jahres mit etwa einem Dutzend Betreuungszentren zusammenzuarbeiten. Angesichts einer Inflationsrate von fast 30 Prozent in der Ukraine hat UBTS die Studiengebühren ausgesetzt und konzentriert sich auf die Beschaffung von Mitteln, um seine Bildungsarbeit zu unterstützen.
Spendenrückgang
«Wir danken für die Spenden, die wir in den We Care Centern verwenden», sagte Pyzh. «Aber insgesamt gehen die Spenden stark zurück, sie sind nicht so hoch wie noch vor zwei oder drei Monaten. Die Menschen sind des Krieges einfach müde».
Dennoch ist Pyzh voller Hoffnung: «Derselbe Gott, der in der Vergangenheit treu war, wird auch in der Zukunft treu sein. Inmitten all der Schwierigkeiten, die wir gerade durchmachen, blicken wir also voller Hoffnung nach vorne, weil wir wissen, dass Gott durch euch mit uns ist», sagte er in dem Video an die Southern Baptists. «Danke für eure Hilfe».
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Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Christianity Today