Verdacht auf vorgetäuschte Bekehrung
Iranischer Konvertit verliert vor Europäischen Gerichtshof
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die Klage eines iranischen christlichen Konvertiten abgewiesen, dem in Deutschland kein Schutz gewährt wurde und dem die Abschiebung droht.
Hassan, dessen Name zum Schutz seiner Identität geändert wurde und der in öffentlichen Dokumenten als H.H. geführt wird, ist ein 44–jähriger iranischer Schreiner. Er stellte 2018 einen Asylantrag in Deutschland, der jedoch von den deutschen Behörden abgelehnt wurde.
«Bekehrung nicht besonders wahrscheinlich»
Dagegen legte der Iraner Berufung beim Verwaltungsgericht Greifswald ein, das seinen Fall abwies, weil es «nicht besonders wahrscheinlich» sei, dass ein Muslim konvertieren würde, nachdem sein Schwager getötet und seine Frau wegen ihrer Konversion misshandelt wurde. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts hätten solche Ereignisse eine «abschreckende Wirkung» auf Dritte.
Hassan hatte dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erklärt, dass er von seinem Schwager, der wegen der Teilnahme an einer Hauskirche inhaftiert wurde, zum Christentum gebracht wurde. Sein Schwager wurde später getötet, weil er seinen Glauben im Gefängnis praktizierte. Hassan und seine Familie übergaben ihr Leben Christus.
Über die Türkei nach Deutschland
Als ihr neuer Glaube entdeckt wurde, stürmten Sicherheitskräfte das Haus von Hassans Familie und beschlagnahmten Bücher, den Computer, ihre Pässe und ihre Bibel. Die Familie floh in die Türkei und später nach Deutschland.
«In Deutschland gebe ich das Evangelium weiter. Ich organisiere Gebetskreise hier in der Unterkunft», erklärte Hassan. «Ich möchte ein gutes Beispiel sein, um andere für den Glauben an Jesus Christus zu gewinnen. Mein grösstes Ziel wäre es, dass meine Kinder in Freiheit zu Christus finden und Gutes tun können.»
Bekehrung oft «verdächtig»
Iranische Asylbewerber werden in Deutschland oft verdächtigt, eine Bekehrung vorzutäuschen. «Es scheint eine tragische Missachtung der Anwendung eines einheitlichen und objektiven Prüfungsstandards für diese Art von schlimmen Asylfällen zu geben, was gegen internationales Recht verstösst», so Lidia Rieder von ADF. «Wenn Entscheidungsträger und Richter über Asylanträge nach ihren eigenen Kriterien und ohne Rücksicht auf die Situation vor Ort in den Herkunftsländern entscheiden, führt dies zu schwerem persönlichen Leid. Der Fall von H.H. ist ein sehr beunruhigendes Beispiel dafür.»
Iran: Christen sind «Abtrünnige»
«Niemand sollte wegen seines Glaubens verfolgt werden. Der Iran ist für Christen eines der gefährlichsten Länder der Welt, und Konvertiten sind besonders gefährdet. Im letzten Jahr hat sich die religiöse Verfolgung stark verschlimmert», sagte die Rechtsbeauftragte der ADF International, Lidia Rieder, in einer Erklärung. «Sogenannte 'religiöse Abweichler' können im Iran zu Gefängnisstrafen verurteilt werden, und Anklagen zur nationalen Sicherheit werden ständig gegen religiöse Minderheiten eingesetzt. Die Gerichte in Deutschland müssen dies bei der Bearbeitung von Asylanträgen berücksichtigen.»
Laut der Organisation Open Doors USA ist die iranische Regierung der Ansicht, dass alle ethnischen Perser per Definition Muslime sind und alle persischen Christen als «Abtrünnige» betrachtet werden. Jede christliche Aktivität in persischer Sprache wird als illegal angesehen.
Reaktion auf Wachstum der Christen?
Open Doors schätzt, dass es im Iran etwa 800'000 Christen gibt. Ihre Zahl wächst schnell, dennoch sind sie eine Minderheit im mehrheitlich muslimischen Land.
Artikel 499 der Iranischen Verfassung sieht Gefängnis– und Geldstrafen für jeden vor, der «göttliche Religionen oder islamische Denkschulen, die in der Verfassung anerkannt sind, in der Absicht beleidigt, Gewalt oder Spannungen in der Gesellschaft zu verursachen». Und Artikel 500 bestraft diejenigen, die «abweichende erzieherische oder bekehrende Aktivitäten durchführen, die dem heiligen Gesetz des Islam widersprechen oder es beeinträchtigen».
Der Iran steht auf Platz 9 des Weltverfolgungsindex, einer jährlichen Rangliste von 50 Ländern, in denen Christen extrem verfolgt werden.
Freispruch für neun Konvertiten – ein Lichtblick
Im Februar berichtete die Menschenrechtsorganisation «Article 18», von einem Urteil des Teheraner Berufungsgerichts, nachdem der Oberste Gerichtshof der Islamischen Republik im November letzten Jahres angeordnet hatte, dass die untere Instanz die Verurteilungen von neun christlichen Konvertiten überprüfen soll.
Das Berufungsgericht sprach die neun Konvertiten frei, die wegen ihrer Teilnahme an Hauskirchen zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt worden waren, weil sie «gegen die nationale Sicherheit» gehandelt hatten. Die Konvertiten waren auch wegen «Förderung des zionistischen Christentums» angeklagt worden.
Die Richter Seyed Ali Asghar Kamali und Akbar Johari sahen «keine ausreichenden Beweise» dafür, dass die Angeklagten gegen die nationale Sicherheit gehandelt haben, und argumentierten, dass Christen gelehrt werden, «gehorsam, untertänig und mit Unterstützung der Behörden» zu leben.
Mansour Borji, Direktor von «Article 18 Advocacy» erklärte, die Entscheidung des Gerichts sei «anders als alle anderen dieser Art», die er bisher gesehen habe: «Die Richter haben sich sehr viel Mühe gegeben, ihr Urteil zu begründen, indem sie neun verschiedene Gründe angeführt haben, die sich auf die Verfassung, Rechtsgrundsätze, gesetzliche Bestimmungen und die islamische Tradition stützen.»
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Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Christian Times / Christian Post / Übersetzung Livenet