Unruhiges Bangladesch

Wenn Gerüchte über Kinderköpfer die Massen aufrühren

In Bangladesch steigt die Zahl der Christen angesichts des Missbauchs der Schariah insbesondere durch Lynchjustiz. Das Land erlebt nach wechselvoller Geschichte unruhige Zeiten. Aktuell führen Gerüchte über geköpfte Kinder zu Unruhen.

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Trotz des Missbrauchs der Schariah kommen in Bangladesch immer mehr Menschen zum Glauben an Jesus
Am Mogra-Fluss im Norden von Bangladesch, dem einstigen Ost-Pakistan, wütet in diesem Sommer Lynchjustiz gegen angebliche «Kinderköpfer». Diese Entführer bräuchten die Schädel ihrer Opfer, um sie in die neue Brücke einzuzementieren. Dieser sollten nicht die umgerechnet drei Milliarden Dollar an Baukosten, sondern nur solche «Bauopfer» Bestand bei jedem Hochwasser sichern.

Gerüchte über animistischen Brauch

Was selbst in der Schweiz ein bis ins Mittelalter unausrottbarer Aberglaube war, ist auch bei den letzten Animisten am indischen Subkontinent tief verwurzelt. Obwohl diese in Bangladesch nur mehr ein Prozent der Bevölkerung ausmachen, glauben ihre muslimischen Mitbürger fest an eine noch weite Verbreitung des grausamen Brauches. Was früher nur von Mund zu Mund ging, wird heute mit YouTube und Facebook blitzesschnell verbreitet. So haben auch die angeblich im Netrokona-Land verschwundenen acht Kinder und der ebenso unbewiesene Fund eines Mädchenköpfchens dort als Gerüchte die Massen in Bewegung gesetzt.

Weit verbreitete Lynchjustiz

Schon 30 Menschen mussten die Verdächtigung durch ihre Nachbarn mit dem Leben bezahlen – obwohl niemandem von ihnen der Kinderraub und -mord nachzuweisen war.

Diese überall verbreitete islamische Lynchjustiz gegen religiöse und weltanschauliche Minderheiten jeder Art, von den Hindus bis zu «Atheisten», bekommen auch die Christen von Bangladesch zu spüren. Das ist der Grund dafür, dass auch diese säkular-progressive «Volksrepublik» ebenso wie die «Islamische Republik» (West)-Pakistan auf dem christlichen Weltverfolgungs-Index steht: Allerdings auf dem 41. statt dem 5. Platz wie Pakistan.

Wechselvolle Geschichte

Bei seiner Unabhängigkeit von Islamabad hatte sich Bangladesch ganz unislamisch zur Trennung von Religion und Staat sowie zu «säkularer» Religionsfreiheit für alle bekannt. Ganz nach dem Vorbild der westpakistanischen Militärdiktatoren machte jedoch General Erschad 1988 den Islam mit einem Verfassungszusatz zur Staatsreligion. Nach der Redemokratisierung wurde der Säkularismus wieder eingeführt, doch blieben Staat und Islam vereinigt. 2016 hat der Oberste Gerichtshof noch einmal festgelegt, dass der Islam Staatsreligion sei, für andere Glaubensgemeinschaften jedoch weltliches Recht gelte.

Als Folge davon herrscht in Bangladesch grosse Rechtsunsicherheit. Seine Muslime, rund drei Viertel der bald 17 Millionen Einwohner, berufen sich auf das islamische Religionsrecht der Scharia, wenden es aber recht willkürlich an. So werden bei ihnen Mädchen gleich nach der Geburt verheiratet.

Vom Islam zu Christus

Die Verfolgung von Christen, besonders vom Islam neu zu Jesus Bekehrter, erfolgt nicht wie im Westen Pakistans von oben durch die berüchtigten Apostasiegesetze, sondern geht an der Basis vor sich. Lang waren es aber fast nur säkulare, liberale Muslime, die attackiert, verprügelt und sogar getötet wurden, insbesondere wagemutige Blogger, die Kritik an der auch in Bangladesch wachsenden islamischen Radikalisierung wagten.

Doch immer mehr tief religiöse Menschen wenden sich vom Islam ab – nicht zum Unglauben, sondern zu Christus. Die vor fünf Jahren noch 1,6 Millionen Christen dürften seitdem auf rund 2 Millionen angewachsen sein. Obwohl sie ihren Glauben an der Öffentlichkeit recht zurückhaltend leben, werden sie zunehmend zu Opfern in ihrer engsten Umgebung. So haben letzten Januar in Kurigram am Brahmaputra muslimische Nachbarn ein christlich gewordenes Ehepaar überfallen. Es konnte nur das nackte Leben retten. Im westlichen Bangladesch drangen im April muslimische Angehörige bei Neuchristen ein und prügelten beide fast zu Tode. Das radikale islamische Religionsrecht verführt Menschen auch dort zur Selbstjustiz, wo es – noch – nicht staatlich kodifiziertes Gesetz ist.

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Datum: 26.07.2019
Autor: Heinz Gstrein
Quelle: Livenet

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