Christen helfen Dalits

«Jeder Mensch ist nach Gottes Ebenbild geschaffen»

Indien ist eines der ungleichsten Länder der Welt. Schillernder Reichtum – im vergangenen Jahr waren es 17 neue Milliardäre, und jeden Tag 70 neue Millionäre – steht neben absoluter Notlage. Bildung, Gesundheitsfürsorge und Chancen sind ungleichmässig verteilt. Dazu trägt das erniedrigende Kastensystem bei. Christen aber stehen den Dalit (den «Unberührbaren») zur Seite.

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Dalits im nordindischen Uttar Pradesh
Der Hinduismus ist die dominante Religion in Indien, fast 80 Prozent der Bevölkerung fühlen sich im zugehörig. Dazu kommt die bedeutende muslimische Minderheit – mehr als 14 Prozent (Indien ist nach Indonesien und Pakistan das Land mit der dritthöchsten Anzahl an Muslimen) – sowie etwa 30 Millionen Christen und 6 Millionen Sikhs.

Das Kastensystem, das sich am offensichtlichsten mit dem Hinduismus identifiziert, aber auch im Islam und im Christentum präsent ist, ist die Wurzel einer der tiefsten und schädlichsten Formen der Diskriminierung.

Diskriminierte Dalits

«Dalits», auch als «Unberührbare» bekannt, stehen auf der untersten Sprosse der Kastentreppe. Sie werden praktisch und auch psychologisch benachteiligt. Sie sind nicht nur ärmer und verfügen über eine schlechtere Gesundheit und sterben früher, sie sind auch noch der Meinung, dass sie das so verdienen.

In diesem Kontext gründete der christliche Menschenrechtler Joseph D'Souza, Präsident des Allindischen Christenrates, das Dalit Freedom Network (Freiheitsnetzwerk der Dalit), das sich für arme und ausgegrenzte Menschen engagiert; in diesen Tagen wurde es umbenannt in «Dignity Freedom Network», Freiheitsnetzwerk der Würde (DFN).

Nach Gottes Ebenbild geschaffen

Jeder Mensch soll wissen, dass er nach Gottes Ebenbild erschaffen wurde, sagt D'Souza. «Wir müssen herausfinden, wie wir einen Paradigmenwechsel in unseren Köpfen erreichen können. Der Verlust der Würde, die Entmenschlichung, die ihnen sagt, dass sie nicht den privilegierten Kasten gleichgestellt sind, wegen ihres moralischen Charakters, wegen dem, was sie in einem früheren Leben getan haben und so weiter.»

Deshalb sei wichtig: «Wir müssen in unserem eigenen Verstand und in unserem eigenen Herzen rekonstruieren, dass wir nach dem Ebenbild Gottes erschaffen wurden und dass auch, wenn wir allein auf der Welt gewesen wären, Jesus für uns gestorben wäre.»

Auch obere Kasten interessiert

Die Botschaft der Bibel ist für die indischen Dalits zutiefst anziehend. Doch laut D'Souza entscheiden sich selbst Frauen der oberen Kaste für die Liebe und die Nachfolge Jesu.

Der Hinduismus ist eine der ältesten Religionen der Welt und die Kaste hat eine Tausende von Jahren zurückreichende Geschichte.

Aber eine weitere Facette des religiösen Kaleidoskops ist der Aufstieg einer bestimmten Art von Hinduismus in den letzten Jahren. Er ist nationalistisch, fundamentalistisch und intolerant – und er hat die BJP-Regierung von Premierminister Narendra Modi an die Macht getrieben. Diese durchsetzungsstarke Form des Hinduismus steht hinter Anti-Konvertierungsgesetzen in mehreren Staaten und einem «Rekonvertierungs»-Programm, das darauf abzielt, Muslime und Christen – die von Extremisten als abgefallene Hindus angesehen werden – wieder zu dem zurückzubringen, was als der Glaube ihrer Vorfahren behauptet wird.

Angriffe auf Dalits

Es kommt auch zu Gewaltausbrüchen gegen Dalits und Muslime, die beschuldigt werden, Kühe, das heilige Tier des Hinduismus, getötet oder gegessen zu haben – und im Mai letzten Jahres versuchte die indische Bundesregierung, den Verkauf von Schlachtrindern ganz zu verbieten. In vielen indischen Bundesstaaten ist er bereits illegal.

Joseph D'Souza: «In den letzten Jahren haben sich radikale Gruppen von den Machthabern ermutigt gefühlt. Die 'Mobokratie' ist ein zunehmendes Phänomen, und sie zielen gegen Christen, hinduistische Intellektuelle und Muslime.»

Christen dämonisiert

Die Dämonisierung der Christen hat zugenommen. In Jharkand gab es einen massiven Schlag gegen sämtliche NGOs, viele von ihnen sind christlich geführt. Es gibt eine Propagandamaschine, die besagt, dass Christen an Zwangsumwandlungen oder betrügerischen Bekehrungen beteiligt sind. Der Vorwurf der erzwungenen Bekehrung sei unsinnig, so D'Souza. «Die Zügel der politischen Macht liegen in den Händen der Hindus. Wie ist das überhaupt möglich, wenn sie seit der Unabhängigkeit die volle Macht haben?»

Allerdings: «Es gibt in sieben oder acht Staaten Anti-Bekehrungsgesetze und es hat keine einzige Verurteilung stattgefunden. Die Kampagne gegen christliche Organisationen hat schwerwiegende Folgen: In den letzten vier Jahren haben 20'000 NGOs ihre Lizenzen und 1,25 Millionen Menschen ihre Arbeit verloren.»

Junge Dalits in Prostitution gezwungen

«Radikalisierte Hindus verbieten die Schlachtung von Rindern, aber Dalits werden ausgepeitscht und gelyncht – die Lebensgrundlage von Millionen Menschen wird zerstört.» Das DFN seinerseits trägt nicht nur zur Milderung der Folgen von Armut und religiöser Intoleranz bei, sondern richtet sich auch mit seinem Programm an Opfer von ritueller Prostitution. «Seit Jahrhunderten widmen arme Dalits ihre Töchter der 'Devadasi' oder der 'heiligen Prostituierten'. Obwohl die Praxis in der Theorie verboten ist, gibt es in den Bundesstaaten Odisha, Karnataka und Andra Pradesh schätzungsweise rund 150'000 Frauen, die im Devadasi-Tempelsystem aufgewachsen sind. Das DFN will dazu beitragen, diese Praxis auszulöschen.»

D'Souza berichtet, dass seine Teams in den letzten fünf Jahren fast 1'500 Widmungen gestoppt haben. DFN-Beschäftigte stehen zudem in Kontakt mit 10'000 jungen Frauen, die Opfer dieses Systems sind. «Wir bieten eine Berufsausbildung und helfen ihnen, kleine Unternehmen zu gründen.»

Zurück in die Zukunft

Für hochgradig gefährdete Mädchen bestehen derzeit 50 Plätze zur Unterbringung. Gegenwärtig wird eine weitere Einrichtung für 150 Mädchen gebaut.

Die Ursache dieses Problems ist die Kastenzugehörigkeit. Das Kastensystem selbst muss geändert werden. Obschon oft so argumentiert wird, ist D'Souza nicht der Meinung, «dass dies das Ende des Hinduismus bedeuten würde; dieser ist abwechslungsreicher und anpassungsfähiger, als es den Anschein hat. Der Kampf um Würde und Freiheit wird erst dann beendet, wenn die Dalits die Fesseln der Kaste auf die eine oder andere Art und Weise loswerden. Es handelt sich um die grösste einzelne Menschenrechtsfrage in der Weltgeschichte.»

Zur Webseite:
Dignity Freedom Network

Zum Thema:
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Datum: 06.09.2018
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet / Christian Today

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