Tag der Pressefreiheit
Internet soll im Iran völlig kontrolliert werden
Wie zur Verhöhnung des Internationalen Tages der Pressefreiheit holt der iranische Präsident in seinem Kampf gegen das freie Internet zu einem weiteren Schlag aus – der Schaffung eines eigenen Computer-Netzwerkes. Wie jetzt bekannt wurde, plant die iranische Regierung die völlige Kontrolle des Netzes innerhalb des Iran.
Netzwerk nach islamischen Regeln
Dem iranischen Vizepräsidenten Ali Agha Mohammadi zufolge soll das Netzwerk von einem Konsortium «Iranians Net» entwickelt werden, dessen Mitglieder bisher unbekannt sind. Das «Halal Internet»-Netzwerk soll «islamischen Regeln folgen» und ist auch als Exportprodukt für andere islamische Länder gedacht. Als erstes Land will der Iran selbst alle Online-Regierungsgeschäfte in absehbarer Zeit nur noch über «Halal-Internet» abwickeln. Das arabische Wort «halal» wird im Islam für alles benutzt, was dem gläubigen Muslim erlaubt ist.
Internet Staatsfeind Nr. 1
Für die IGFM kommt der jüngste Vorstoss der iranischen Führung alles andere als überraschend. IGFM-Sprecher Martin Lessenthin ist überzeugt: «Spätestens seit die demokratische Opposition nach den Wahlen 2009 die Möglichkeiten des Internets zum Protest genutzt hat, hat das Regime das Internet zum Staatsfeind Nr. 1 erhoben». Eine Strangulierung des freien Internets und seine Ersetzung durch «Halal-Internet» hätte «katastrophale Folgen für die Meinungsfreiheit im Iran», da das Regime es nach Belieben kontrollieren und zensieren könne.
«Absolut willkürlich»
Das Ansinnen der iranischen Führung, darüber zu entscheiden, was islamisch und was unislamisch sei, sei «absolut willkürlich», beklagt Lessenthin. Die Verwendung des Begriffes «halal» in diesem Zusammenhang zeige, dass die Machthaber der Islamischen Republik keinerlei Rücksicht auf die Interessen Andersgläubiger oder religionsloser Iraner nähmen. Lessenthin mahnt: «Die internationale Gemeinschaft darf die medienpolitischen Alleingänge Ahmadinedschads in Richtung Absurdistan nicht ignorieren. Religion darf niemals zum Vorwand für Zensur missbraucht werden.»Traurige Bilanz
Die Menschenrechtsorganisation Reporter ohne Grenzen (ROG) bewertet jährlich den Zustand der Pressefreiheit weltweit – Pakistan nimmt in der neuesten Rangliste Platz 151 ein; den schlechtesten Rang, die Nummer 178, erhielt Eritrea; die ersten Plätze teilen sich die Europäer.
Auch in manchen EU-Ländern steht es nicht immer gut um die Pressefreiheit, aber im Vergleich zu den Kriegs- und Krisenregionen der Welt leben Journalisten in den meisten westlichen Staaten wesentlich sicherer. 2010 wurden weltweit 57 Journalisten getötet, 535 festgenommen, 51 entführt, 1374 angegriffen oder bedroht. Auch 152 Blogger wurden festgenommen, 52 angegriffen und bedroht.
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Die traurige Bilanz veröffentlicht ROG jährlich zum 3. Mai, dem Tag der Pressefreiheit,
Zum Thema:
IGFM Medienpreis Menschenrechte 2011: «Keine Toleranz den neuen Zensoren!»
Weitere Informationen zur Menschenrechtslage im Iran
Quelle: Livenet / IGFM