Mehr Handel mit illegalen Pillen
Polen: Drastischer Rückgang der Abtreibungen, aber ...
Im Jahr 2021 gab es in Polen zehnmal weniger Abtreibungen als in den Vorjahren. Das geht aus Daten des Gesundheitsministeriums hervor. Grund zur Besorgnis: der Handel mit illegalen Abtreibungspillen nimmt zu.
Nach dem Inkrafttreten des Urteils des Verfassungsgerichts Ende Januar 2021, das die Abtreibung in fast allen Fällen verbietet, wurden im vergangenen Jahr nur 107 legale Abtreibungen im Land durchgeführt, wie die Zeitung Rzeczpospolita berichtet.
Von diesen 107 Abtreibungen geschahen 75 aufgrund einer schweren und irreversiblen Beeinträchtigung des Fötus oder einer unheilbaren, lebensbedrohlichen Krankheit. Dieser Grund wurde durch das Urteil des Verfassungsgerichts gestrichen, so dass diese Abtreibungen durchgeführt wurden, weil das Urteil für einen kleinen Teil des Jahres nicht gültig war.
Die anderen 32 Schwangerschaftsabbrüche im Laufe des Jahres wurden wegen einer Gefahr für das Leben oder die Gesundheit der Frau vorgenommen. Wenn eine Schwangerschaft das Ergebnis einer kriminellen Handlung wie Inzest oder Vergewaltigung ist, erlaubt das Gesetz einen Abbruch, aber die Daten zeigen, dass es im Jahr 2021 keine solchen Fälle gab.
Abtreibung in Polen
Während der 1980er Jahre gab es mehr als 100'000 Abtreibungen, aber gegen Ende des Jahrzehnts begann ihre Zahl zu sinken. 1993 wurde das Familienplanungsgesetz verabschiedet, in dem festgelegt wurde, dass ein Schwangerschaftsabbruch legal ist, wenn er das Leben oder die Gesundheit der Mutter bedroht, wenn Tests auf eine Schädigung oder schwere Erkrankung des Fötus hinweisen oder wenn die Schwangerschaft das Ergebnis einer illegalen Handlung ist.
Bis 1993 gab es 1'200 Schwangerschaftsabbrüche jährlich und danach viele Jahre lang höchstens ein paar hundert. Die Ausnahme war 1997, als nach der kurzzeitigen Verabschiedung eines Gesetzes, das Abtreibungen aus sozialen Gründen erlaubte, die Zahl auf 3'000 anstieg. In den letzten Jahren gab es 1'076 legale Abtreibungen im Jahr 2018, 1'110 im Jahr 2019 und wieder 1'076 im Jahr 2020.
«Das grösste Problem sind illegale Abtreibungen mit Abtreibungspillen»
Die Veröffentlichung der Daten des Gesundheitsministeriums hat zu sehr unterschiedlichen Reaktionen von Pro-Choice- und Pro-Life-Gruppen im ganzen Land geführt.
«Als Folge des Urteils des Verfassungsgerichts sind polnische Frauen einer unmenschlichen Behandlung, dem Verlust von Leben und Gesundheit ausgesetzt», sagte die linke Abgeordnete Wanda Nowicka in einem Interview mit Rzeczpospolita.
Während sich die Abtreibungsgegner über diese Zahlen freuen, sind sie auch besorgt, weil die Ärzte beginnen, das Gesundheitsrisiko für Frauen breiter zu fassen und auch die psychische Gesundheit berücksichtigen. Für sie ist jedoch «das grösste Problem die illegale Abtreibung mit Abtreibungspillen. Mehrere zehntausend polnische Kinder werden jedes Jahr auf diese Weise getötet, und die Behörden verhalten sich passiv gegenüber den Händlern der Todespille».
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Autor: Evangelical Focus / bearb. Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / Evangelical Focus / Rzeczpospolita