Täuferjahr in Langau eröffnet – Täufer im Schaufenster
„Die Wahrheit solt bezüget werden“: Dieser Satz aus dem Berner Synodus, der ersten reformierten Kirchenverfassung von 1532, steht als Motto über dem Täuferjahr; er inspirierte auch die Redner in der mit 400 geladenen Gästen vollen Langnauer Kirche (die Einheimischen konnten die Feier im nahen Kirchgemeindehaus mitverfolgen). Der Initiant Peter Pfister, Präsident des Koordinationskomitees KOK, hielt zur Eröffnung programmatisch fest, es gehe 2007 darum, „die Geschichte der Täufer, der Täuferverfolgungen in einem umfassenderem Kontext als bisher aufzuarbeiten“.
„Ein wichtiger Teil“ der Schweizer Geschichte
Reformierte und Täufer, Vertreter der Kantonsregierung und der Bürgergemeinde täten dies erstmals miteinander; sie hätten einander die Hände gereicht, sagte Pfister. „Wir alle haben nun die Möglichkeit, uns mit der Epoche der Täufergeschichte, einem wichtigen Teil der Biografie des Emmentals, des Kantons Bern, ja der Schweiz, auseinanderzusetzen.“ Peter Pfister stellte das Täuferjahr unter den Segen Gottes. Er äusserte den Wunsch, es möge zum gegenseitigen Verstehen und mehr Respekt beitragen. Darüber hinaus solle der heutige Umgang mit Andersdenkenden bedacht werden.
Regierungspräsident bedauert Unrecht und Leid
Der Berner Regierungspräsident Werner Luginbühl brachte seine Betroffenheit über die Unterdrückung und Vertreibung der Täufer zum Ausdruck. Beim Bruch mit der katholischen Kirche (Beschluss zur Reformation 1528) habe die Regierung des Berner Stadtstaats selbst die Verantwortung für Glauben und Moral der Bevölkerung übernommen. „Und so wurden Menschen, die ihren Glauben nicht gemäss obrigkeitlicher Vorschrift lebten, um ihres Glaubens willen umgebracht, ausgegrenzt, verfolgt, vertrieben und enteignet.“ Aus heutiger Warte, so Luginbühl, sei dieses Regiment „weder einsichtig noch verstehbar“. Die Gnädigen Herren hätten Schuld auf sich geladen. „Wir, als indirekte Nachfolger der damaligen politischen Verantwortlichen, bedauern dieses Unrecht und das Leid, das es über viele gebracht hat.“
Über das Unbegreifliche jetzt reden
Franz von Graffenried, Präsident der Burgergemeinde Bern, erzählte den Täuferroman „Die Furgge“ nach und endete mit einem Wort: „Warum?“. Die Erklärungsansätze der Historiker für die unerbittliche Verfolgung seien zu dürftig. „Wir bleiben ratlos! Wir können es nicht rational verstehen!“ Doch reden darüber könne man – und dies solle im Täuferjahr geschehen.
Nach vorne schauen
Der Synodalratspräsident der Berner reformierten Landeskirche, Samuel Lutz, äusserte sich mit den Zeilen des alten Lieds „Im Märzen der Bauer die Rösslein einspannt“. Die Reformierten hätten das Unrecht eingestanden und Gott um Vergebung gebeten „und die Täufer haben unser Zeugnis und Bekenntnis angenommen, und wir danken ihnen dafür. Und weil, gottlob, wir auf den Weg der Versöhnung beiderseits und der gegenseitigen Wertschätzung gefunden haben, pflügen wir nun, nach den Worten Jeremias, gemeinsam ein Neues und säen nicht unter die Dornen.“ Mit dem Bild des Pflugs drückte Lutz seine Hoffnung aus, dass man gemeinsam nach vorne schauen und auf Hoffnung hin pflügen könne. Die Berner Landeskirche unterstütze das Täuferjahr „personell, finanziell und spirituell“.
Mennoniten „gewollt oder ungewollt salonfähig“
Zwei weitere Grussworte gab es von den Präsidenten der Konferenz der Schweizer Mennoniten und des Bunds der Täufergemeinden (Neutäufer, ETG). Paul Gerber bezeichnete das Täuferjahr als echte Herausforderung für die Mennoniten, „uns selber neu kritisch zu hinterfragen, was der Glaube für uns heute ausmacht und wie er gelebt werden will“. Dabei fragten sich die Mennoniten, ob und wie sie „an diesem Fensterplatz wahr und echt bleiben“ könnten. Die Täufer hätten innerhalb der Reformation viel ins Rollen gebracht durch ihre „radikale Nachfolge Christi“, im Verlangen zu bezeugen, „dass das Reich Gottes hier und jetzt auf Erden beginnt“. Dafür hätten sie teuer bezahlt.
Die gemischten Gefühle mancher Mennoniten fasste Gerber in den Satz: „Wir sind gewollt oder ungewollt salonfähig geworden.“ Auch heute sei – der Mennonitenvorsteher zitierte einen Täufer – „der Konflikt vorprogrammiert“, wenn Christen ihrem Herrn radikal nachfolgten und politische Konsequenzen zögen. Gerber erinnerte an die schwierige Lage abgewiesener Asylbewerber und forderte: „Werden wir gemeinsam als unterschiedliche Kirchen stark für die Schwächsten!“
Zur Ehre Gottes
Danach wurde das Lied vorgestellt, welches das KOK dem Täuferjahr mitgibt (Text unten). Die Grussworte verdankte für das Patronatskomitee der Neutäufer Hans Gerber und drückte den Wunsch aus, „dass das Miteinander weiter geht, über dieses Jahr hinaus“. Der grosse Chor, aus Langnauer Reformierten und Täufern gebildet, und vier Bläser gaben mit Liedern von „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ bis zu Kendricks „Jesus, dein Licht“ der Feier ein gottesdienstliches Gepräge. Pfr. Gian-Enrico Rossi hatte sie mit dem Wort von Jesus: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“ eingeleitet. Martin Hunziker, Mennonitenprediger am Ort, las die ersten 14 Verse von Römer 6 als Kurz-Predigt. Gemeinsam sprachen Rossi, Hunziker und Gerber den Segen. Den Abschluss fand die Feier in der gemeinsam gesungenen Grossen Doxologie zur Ehre des dreieinigen Gottes.
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Lied zum Täuferjahr
Mitenand zum Gloube stah
Brügge boue, nadisnah
Hoffnig, Freud u Läbe teile
Alti Wunde dörfe heile
Gott isch üsi Mitti
Schänkt de Härze Wyti
Sys Wort blibt für alli Ziit
Üsi Richtschnur, das git Chitt.
Jesus Christus, Gottes Sohn
Schafft Versöhnig
Bii üs ir Schwyz, im Ämmital
Und wältwyt überall.
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet.ch