Indiens Christen
«Apartheid gegen Dalits»
Der Kampf für die Gleichberechtigung der Dalits, der grössten Unterschicht in Indien, geht in eine neue Runde. Christen haben der regierenden Kongresspartei mit dem Entzug der Unterstützung gedroht, sollte sie der Diskriminierung und Misshandlung von Dalits weiter zusehen.
Die schärferen Töne wurden am 10. August 2011 angeschlagen, dem 61. Jahrestag der Herabsetzung von Dalit-Christen in der Verfassung. In zahlreichen Städten veranstalteten christliche Gruppen und Kirchen öffentliche Protestveranstaltungen. Gegen 50 Bischöfe, die meisten von der katholischen Kirche, nahmen daran teil. Die Protestierenden trugen schwarze Bänder und hielten schwarze Fahnen hoch.
Proteste – und keine Reaktion
Zwei Drittel der angeblich 27 Millionen indischen Christen sind Dalits (Kastenlose). Die Christen drohen der Kongresspartei, die seit der Unabhängigkeit Indiens 1947 während insgesamt 50 Jahre an der Macht war.
Die «unerklärte Apartheid» sei den Politikern immer wieder zum Bewusstsein gebracht worden, doch hätten sie nicht reagiert. Zuletzt war Ende Juli ein viertägiger Hungerstreik in New Delhi, der einem Marsch zum Parlament gipfelte, ohne Antwort von Regierungsseite geblieben. Die amtierende Koalition ist wegen Korruptionsaffären nur noch beschränkt handlungsfähig.
Der indische Staat fördert Dalits, sofern sie Hindus oder Sikhs sind, mit einer Quote für Ausbildungs- und Arbeitsplätze. Christliche und muslimische Dalits sind davon ausgeschlossen.
Hindu-Organisationen und die grösste Oppositionspartei BJP stemmen sich gegen eine Gleichstellung (garantierte Ausbildungsplätze und Jobs auch für Christen und Muslime), da massenhafte Übertritte die Folge sein könnten.
Intolerante Tempelhüter
Unter Druck bequemt sich der Gliedstaat Orissa zu einem Aktionsprogramm gegen die uralte Diskriminierung von Dalits. Wer öffentlich gegen Dalits hetzt oder sie herabsetzt, soll bestraft werden. In der berühmten Tempelstadt Puri in Orissa war dem Vorsitzenden der Nationalen Dalit-Kommission PL Punia, einem Dalit, im Juni der Zutritt zum Kali-Tempel verwehrt worden.
Punia, Mitglied des Unionsparlaments in Delhi, wollte den Tempel besuchen, nachdem Proteste von Dalits über ihren seit 80 Jahre dauernden Ausschluss zugenommen hatten. Letztes Jahr hatten Tempelwächter Dalit-Schulmädchen, die den Tempel zu betreten wagten, hinaus geschleift und beschimpft. Die Landbesitzer bestraften darauf die Familien, indem sie ihnen die Arbeit auf den Feldern verboten.
Zum Thema:
Aktuelle Infos zur Lage der Dalits in Indien
Open Doors – Hilfswerk für verfolgte Christen
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet / AICC