Anne Fleck im Talk

Wenn der Tod eine Freundschaft zerreisst

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Anne Fleck (Bild: Fontis-Verlag)
Anne und Katharina waren Herzensfreundinnen, doch Katharina wurde krank und starb. Nun hat Anne ein Buch über den Tod ihrer Freundin, die gemeinsamen Gespräche und das spannende Leben miteinander geschrieben.

«Zartheit und Krawall» nennt die gebürtige Heidelbergerin, die in Wien lebt, ihr erstes Buch. Sie schreibt darin über etwas, das niemand erleben möchte: den Verlust ihrer besten Freundin Katharina. Neben Feiern und Klagen und vielen aufgezeichneten Gesprächen zu den unterschiedlichsten Themen, ist es vor allem von dem Wunsch geprägt, die Welt gesundzulieben, denn der Tod ist nicht das Ende, und Gottes Zärtlichkeit ist überall auffindbar, auch mittendrin im Krawall.

Zartheit und Krawall

An einem 4. September im Urlaub am Gardasee erhält Anne Fleck einen Anruf. David meldet sich bei ihr, der Mann ihrer besten Freundin Katharina. Während ihre Gedanken bei Sommer, Sonne, Pommes und Sonnencreme sind, erklärt er ihr, dass Katharina sterbenskrank ist. Sie versteht ihn akustisch nur sehr schlecht und den Inhalt des Telefonats erst recht nicht – das kann einfach nicht sein! Auch danach rechnet sie jeden Moment mit einem zweiten Anruf, in dem sich alles als Irrtum herausgestellt hätte, doch dieser kommt nicht. Die nächste Phase ihrer Frauenfreundschaft wird geprägt von Leid, Schmerzen, Abschiednehmen und Tod.

Eine Weile später beginnt Anne, diese Zeit in ein Buch zu fassen, «Zartheit und Krawall», weil dies für sie zwei Seiten ihrer besten Freundin sind und gleichzeitig das, was für jeden Menschen nötig ist, um einen positiven Beitrag zur Welt leisten zu können: die Stimme zu erheben und Menschen in Zartheit zu lieben. Für Anne ist es ein «heikles Unterfangen», denn Katharina kann sich ja nicht mehr wehren, und sie will dem Wesen und den Gedanken ihrer Freundin gerecht werden, aber sie sieht auch, dass viele Menschen vor ähnlichen Fragen stehen wie sie selbst: «Ich glaube, dass wir alle manchmal leiden müssen, dass im Leben Leiden dabei ist.» Und sie erkennt, dass die wenigsten gut dafür aufgestellt sind.

Prägend

Gott hat einen Plan mit dem Leid. Hat er das wirklich? Anne Fleck geht dieser weit verbreiteten Ansicht nicht aus dem Weg, aber sie betont stärker: «Ich glaube, Gott leidet mit, wenn es uns schlecht geht.» Und sie erzählt davon, wie sich ihre Freundin in den letzten Wochen verändert, wie sie tiefer und klarer wird, als sie ohnehin schon war, und für Oberflächlichkeiten weder Zeit noch Raum hat. Im Buch behandelt Anne Themen, über die Katharina und sie sich unterhalten, deshalb gibt sie dem Buch auch seinen Untertitel: «Essays über die unverschämte Hoffnung, die mich der Tod meiner Herzensfreundin lehrte.»

Sparringpartner

«Jeder braucht Sparringpartner. Wir brauchen dringend Sparringpartner, die wir mit Hingabe lieben, und denen wir erlauben, uns zu lieben und in den Arsch zu treten. Innige Freundschaften sind Lebensretter.» Anne hat wenig übrig für den Boxsport, aber ihr gefällt der Gedanke des Gegenübers, der einem selbst hilft weiterzukommen. Sie betont, dass man zusammen einfach besser aufgestellt ist, das Leben anzugehen, sich zu ermutigen oder auch zu korrigieren und zeigen, wo man in einem toten Winkel steht. Tatsächlich gewinnen alle dadurch, dass sie vertrauenswürdigen Menschen erlauben, in ihr Leben hineinzusprechen, zu kritisieren und zu korrigieren, und dabei unter Umständen zu sagen: «Du hängst gerade total in Selbstmitleid fest.»

Selbstmitleid als Thema

«Entmutigung, besonders in ihrer gefährlichsten Form, dem Selbstmitleid, ist der ultimative Feind, die schlimmste Versuchung, das potenteste Nervengift gegen Freude, Hoffnung und Entwicklung zum Guten.» So provokant sieht Anne Fleck dieses Thema, das sie ebenfalls im Buch anspricht, weil christlicher Glaube für sie das radikale Gegenteil ist: Ermutigung. Als Problem stellt sie fest, dass Menschen, die sich selbst bemitleiden, nicht mehr für andere da sein können, sie sehen nur noch die eigenen Defizite.

Damit ist Selbstmitleid ein absoluter Beziehungskiller! Das Gefühl, zu kurz zu kommen, schleicht sich schnell ein, deshalb ist es nötig, sensibel dafür zu werden – und es zu akzeptieren, dass andere einem den Spiegel vorhalten. Ansonsten kippt das echte oder empfundene Zukurzgekommensein irgendwann und scheint einem das Recht zu geben, sich zu nehmen, was einem zusteht, oder andere Opfer sein zu lassen.

Glück, Diversität und Sex

Die Buchthemen hat Anne Fleck «unstrategisch entwickelt». Im Mittelpunkt stehen Themen, die beide beschäftigt haben – und bei denen sie oft festgestellt hat: Das interessiert auch andere. So weiss sie, dass sie nicht die Erste ist, die sich über Sex Gedanken macht hat und darüber schreibt. Gleichzeitig sieht sie auch Themen – wie die Frage nach der Berufung oder einem Single– bzw. Verheiratetendasein, die wesentlich grösser sind, über die aber viel zu selten gesprochen wird.

All dies spricht sie (gemeinsam mit ihrer Freundin) liebevoll und tiefgehend an. Trotzdem ist das Buch von einer gewissen Leichtigkeit geprägt: «Ich will auch einfach einmal eine Böe abbekommen oder einen Zug nicht mehr erreichen, ohne mich sogleich mit Theodizeefragen beschäftigen zu müssen.»

Reaktionen

Die Autorin selbst hat bislang nur positive Reaktionen auf ihr Buch erhalten. Besonders berührt es sie, wenn sie Menschen in ähnlichen Lebenssituation wie der eigenen weiterhelfen kann, denn trotz Humor und Leichtigkeit will sie das Leid nicht verharmlosen. Eine Frau, die ihren Vater verloren hatte, dankte ihr, weil es hilfreich für sie war. Eine andere Reaktion war: «Das Buch macht mir Lust, religiös zu werden.» So freut sich Anne Fleck über positive Antworten und wünscht sich gleichzeitig, besonders junge Menschen ernst zu nehmen und ihnen auf Augenhöhe zu begegnen. Auf die Frage, ob sie sich vorstellen könnte, ein weiteres Buch zu schreiben, meint sie nur: «Ich habe keinen krassen Plan.» Sie will einfach den Platz ausfüllen, an den Gott sie stellt.

Sehen Sie sich hier den gesamten Livenet–Talk an:


Zum Buch:
«Zartheit und Krawall»

Zum Thema:
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Datum: 26.08.2022
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet-Talk

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