Unerwartete Schützenhilfe

US-Regierung kritisiert Schweizer Umgang mit Religionsgemeinschaften

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Eine «Celebration» der Freikirche ICF Zürich.
Die Schweizer Freikirchen erhalten für ihren Kampf um Steuerbefreiung von Spenden unerwartet Unterstützung von der US-Regierung. Sie kritisiert in ihrem jährlichen Report die Steuerungleichheit von Religionsgemeinschaften in der Schweiz.

Explizit erwähnt wird im Report unter «International Religious Freedom: Switzerland», dass die evangelischen Freikirchen in der Schweiz im Vergleich mit den Landeskirchen ungleich behandelt werden. Die Ungleichbehandlung stelle eine Diskriminierung aufgrund der Religion dar.

Die Intervention der USA kommt zu einem Zeitpunkt, wo nach jahrelangem Kampf um Steuerbefreiung von Spenden an Freikirchen im Kanton Bern ein Rekurs des Dachverbands Freikirchen.ch hängig ist.

«Finanzielle und soziale Diskriminierung»

Der US-Report hält fest: «Die (Schweizer) Verfassung garantiert die Glaubens- und Gewissensfreiheit. Sowohl die Verfassung als auch das Strafgesetzbuch verbieten die Diskriminierung einer Religion oder ihrer Mitglieder.» Thematisch beleuchtet der Bericht dies anhand der «finanziellen und sozialen Diskriminierung» von Religionsgemeinschaften in der Schweiz: «Diese ist von Kanton zu Kanton unterschiedlich. Die meisten Kantone gewähren Religionsgemeinschaften automatisch die Steuerbefreiung, wenn sie vom Kanton finanziell unterstützt werden. Alle anderen Religionsgemeinschaften müssen in der Regel nachweisen, dass sie als gemeinnützige Vereine organisiert sind und einen Antrag auf Steuerbefreiung bei der kantonalen Regierung einreichen.»

Nur Religionsgemeinschaften, die als Staatskirchen oder Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannt seien, hätten Anspruch auf Mittel aus der Kirchensteuer, und kein Kanton habe andere Religionsgemeinschaften als diese vier anerkannt.

Bericht an die Vereinten Nationen

Diese Diskriminierung bestätigt auch ein kürzlich beim Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen eingereichter Bericht zur Religionsfreiheit. Er wurde gemeinsam von der Schweizerischen Evangelischen Allianz (SEA-RES) und dem Dachverband Freikirchen.ch erstellt und wird von der Europäischen Evangelischen Allianz und der Weltweiten Evangelischen Allianz unterstützt. Der Bericht befasst sich auch mit dem Solidaritätsdelikt und der Steuerbefreiung für freiwillige Spenden an religiöse Vereinigungen: Der Sonderberichterstatter der UNO für Religionsfreiheit betont, Privilegien wie die Steuerbefreiung förderten «die Fähigkeit der Vereinigungen, Ressourcen zu suchen, zu sichern und zu nutzen und ihre Arbeit effektiver zu gestalten».

Rekurs im Kanton Bern hängig

Der Bericht erwähnt eine zunehmende Tendenz zu einem strengeren Verständnis der von religiösen Vereinigungen ausgeübten gemeinnützigen Tätigkeiten, die im Gegensatz zu «kultischen Tätigkeiten» steuerbefreit sind. Allerdings: Wenn eine Dienstleistung eine geringfügige religiöse Dimension aufweist, werde sie automatisch als nicht gemeinnützig eingestuft.

Ein Beispiel für eine solche negative Entwicklung ist laut Freikirchen.ch seit 2019 im Kanton Bern zu beobachten. Dort führe eine neue und restriktive Auslegung von Art. 38A und 90c des Steuergesetzes dazu, dass es immer schwieriger werde, Spenden an evangelische Freikirchen von den Steuern abzuziehen. Eine solche Einschränkung sei diskriminierend, da sie nur für bestimmte Religionsgemeinschaften gilt, nicht aber für die sogenannten Landeskirchen, bemängeln der Freikirchenverband und die Evangelische Allianz.

Fazit

Da in dieser Sache ein Rekurs einer Freikirche hängig ist, kommt die Unterstützung aus den USA gerade zum richtigen Zeitpunkt. Ob sie auch Auswirkungen auf das Verfahren bei der Berner Steuerverwaltung hat, wird sich zeigen müssen. Die steuerliche Diskriminierung von Freikirchen und anderen Religionsgemeinschaften gegenüber öffentlich-rechtlich anerkannten Landeskirchen ist, das muss heute klar gesagt sein, aus der Zeit gefallen. Staat und Gesellschaft sollten mehr denn je ein Interesse an der Tätigkeit von Freikirchen haben, die Menschen für ihr geistliches, psychologisches und soziales Wohl unterstützen. Ganz besonders in einer Zeit, wo es im Trend liegt, Steuerbefreiungen und Steuersenkungen an die verschiedensten, meist wirtschaftlichen Anspruchsgruppen zu erteilen.

Zum Thema:
100 Jahre Freikirchenverband: Der Kampf um Anerkennung und Steuergerechtigkeit
Diskussion: Was bringt die staatliche Anerkennung einer (Frei)Kirche noch?
Unberechtigte Vorwürfe: Freikirchen antworten auf Vorurteile

Datum: 12.07.2022
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet / freikirchen.ch

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