Freikirchliche Armeeseelsorger
«Ich will Menschen in der Armee seelsorgerisch zur Seite stehen»
Viele haben es mittlerweile über die öffentlichen Medien mitbekommen: Seit diesem Herbst steht der Dienst als Armeeseelsorger/in auch Mitarbeitenden von Freikirchen offen. Zwei Pastoren aus der FEG Schweiz haben die Chance beim Schopf gepackt und im November 2020 den dreiwöchigen technischen Lehrgang besucht, um sich zu Armeeseelsorgern ausbilden zu lassen. Im FEG-Magazin sprachen Stepan Reutimann und Dany Rohner über ihre Erfahrungen.
Dany, Stephan: Ihr habt euch für den Dienst in der Armeeseelsorge
gemeldet. Was war eure Motivation dazu?
Dany Rohner (DR): 24 Jahre nach Beendigung
meines Theologiestudiums habe ich von mir her Kontakt aufgenommen mit Stefan
Junger, dem Chef der Armeeseelsorge. Ich wollte für mich selbst ein letztes
Mal klären, ob ich das Thema abhaken kann oder nicht. Zu meiner Freude und
Überraschung ist mir eine grosse Offenheit und Wohlwollen entgegenkommen. Das
hat mich bewogen, mich tatsächlich trotz meiner 51 Jahre nochmal auf die Armee
einzulassen. Gerade in der Armee sind die Herausforderungen «speziell», sodass
der seelsorgerlichen Begleitung im militärischen Kontext grosse Bedeutung
zukommt, sie aber auch chancenreich macht.
Stepan Reutimann (SR): An der letzten PASKO wurde
informiert, dass die Freikirchen vermutlich neu Armeeseelsorger stellen können.
Dany Rohner hat mich anschliessend beim Mittagessen angesprochen und fand bei
mir offene Türen vor. Vor etwa 20 Jahren stand ich bereits einmal in Kontakt
mit der Armeeseelsorge. Damals waren die Türen noch verschlossen. Ende Juni dieses
Jahres nahm ich am Assessment-Tag in Thun teil und erfreulicherweise gab es
grünes Licht für den Dienst als Armeeseelsorger.
Ihr seid im November drei Wochen in den Dienst eingerückt – bei euch
beiden liegt die eigene Dienstzeit aber doch schon etliche Jahre zurück. Wie
habt ihr das erlebt?
SR: Vier Tage vor dem Einrücken
konnte ich meine gesamte Ausrüstung im Zeughaus fassen. Dies war speziell.
Eingerückt bin ich am folgenden Montag mit Vorfreude und der Erwartung, viel
Neues zu erleben.
DR: Es war speziell (lacht). Allein schon, wieder Uniform zu
tragen, war eine seltsame Erfahrung. Beim Überstreifen der Uniform sind mir
schlagartig meine eigenen negativen Armee-Erlebnisse wieder in den Sinn
gekommen. Aber ich habe schnell gemerkt, dass sich die Armee seit 1989 gewaltig
verändert hat – in meiner Wahrnehmung zum Positiven.
Was wird eure zukünftige Aufgabe in der Armeeseelsorge sein?
DR+SR: Kurz gesagt: Menschen dort begegnen, wo sie gerade sind – und
nicht dort, wo ich sie vielleicht gerne hätte. Also eigentlich etwas, was
genauso auch im Gemeindekontext gilt. Wir schaffen die Begegnung «von Mensch zu
Mensch», hören hin und versuchen, den Armeeangehörigen in ihren spezifischen
Herausforderungen und Problemen beizustehen.
Wie hat euer Umfeld auf eure Bereitschaft reagiert, euch in der Asg zu
engagieren?
DR: Ich habe das ganze Spektrum
erlebt. Von grosser Zustimmung über erstauntes Nachfragen: «Was – du in deinem Alter machst das noch…», bis hin zu offen geäussertem
Unverständnis. Die überwiegende Mehrheit allerdings hat sich sehr wohlwollend
geäussert.
SR: Erst Ende Oktober konnte
ich es öffentlich erzählen. Ein kleiner Kreis inkl. der Gemeindeleitung war
frühzeitig involviert und hat sehr positiv darauf reagiert. Aus dem
Fussballclub gab es die Reaktion: «Du bist genau der Richtige für das!»
Was ist eurer Meinung nach entscheidend dafür, dass ihr Armeeseelsorge
tun könnt?
SR: Menschen seelsorgerlich zu
dienen und zur Seite stehen, egal welcher Herkunft und Überzeugung, hat mich
veranlasst, diese Aufgabe wahrzunehmen.
DR: In erster Linie: ein weites
Herz, ein offenes Ohr – und vor allen Dingen die Fähigkeit, die eigene Meinung
und Weltanschauung auch mal ein Stück weit «zurückstellen» zu können. Wir
müssen uns nicht «verleugnen» und dürfen unsere eigene geistliche
Prägung und Überzeugung haben – keine Frage. Aber wir sind gefordert, diese
Überzeugung nicht anderen überzustülpen.
Gibt es Dinge, die ihr aus der Armeeseelsorge in euren Dienst als
Pastoren im Bund FEG mitnehmt?
DR+SR: Für uns beide war die
Begegnung mit einem Armeeseelsorger aus der Westschweiz ein Schlüsselmoment. Er
sprach über die Erfahrungen, die er im Frühling während des Corona-Einsatzes
gemacht. Seine wichtigste Erkenntnis: «Wer ich bin ist wichtiger als was ich
sage!» Das gilt eigentlich genauso auch für unsere Arbeit als Pastoren im
Gemeindekontext.
Dieser Artikel erschien zuerst im FEG-Magazin.
Zum Thema:
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Autor: feg.ch
Quelle: feg.ch-Magazin