Durch Leid gefördert

«Gott meint es gut, auch wenn es sich nicht immer so anfühlt»

«Was fürchte ich den Schiffsbruch, wenn Gott der Ozean ist?» Dies ist ein Lieblingssatz von Tourismuspfarrer Christoph Gysel. Durch persönliches Leid hindurch lernte er einen Gott kennen, der es trotzdem gut mit ihm meint.

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Christoph Gysel: «Alle Dinge dienen zum Besten!»
Christoph Gysel (60) ist verheiratet und Vater von drei erwachsenen Kindern. Von Geburt an leidet er an Fehlstellungen in den Hüften. «Damals hat man solche Fehlstellungen nicht gross beachtet», hält er fest. Identifiziert wurde das Problem schliesslich, als er im Alter von knapp 20 Jahren einen Unfall hatte. Chirurgische Versuche, die Fehlstellung zu korrigieren, schlugen fehl – es war einfach zu spät.

Langer Leidensweg

Heute hat Gysel 21 Operationen hinter sich. Es verwundert nicht, dass er in all den Jahren ganz schwierige Zeiten durchlebte. Zeitweise vermag er nicht einmal mehr 200 Meter zu Fuss zurückzulegen. Es kommt sogar vor, dass er sich nicht mehr selbstständig bekleiden kann. Dabei ist die Dosierung von Schmerzmitteln so hoch, dass er schon als «Junkie» erklärt wurde.

Es nagten auch die ständigen Fragen, wann die nächste Operation anstehen oder ob die Situation überhaupt jemals erträglich werden würde. Zuweilen war er sein von Schmerzen geplagtes Leben einfach nur noch müde. Nicht dass er daran gedacht hätte, sich selbst das Leben zu nehmen; den Tod sehnte er sich aber doch herbei.

Gott meint es gut!

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Christoph Gysel
Dass Gott es gut meint, hat Christoph Gysel nie in Frage gestellt! Natürlich ist er sich bewusst, dass die Güte Gottes grundsätzlich in Frage gestellt werden kann. Gerade angesichts der heftigen Schicksalsgeschichten von syrischen Flüchtlingen oder der durch einen Tsunami verursachten Tragödien. «Da verstehe ich meinen Gott auch nicht immer.» Die Frage, wo denn der liebende Gott bleiben mag, kann auch beim Grübeln über die eigenen körperlichen Einschränkungen aufkommen. Gysel konnte aber nie anders, als mit innerer Überzeugung festzuhalten: «Gott meint es gut mit mir, auch wenn es sich nicht immer so anfühlt!»

Wenn alle Dinge zum Besten dienen

Es ist seiner Krankheitsgeschichte zu verdanken, dass er seinen ursprünglichen Beruf des Weinbauers verlassen und mit Hilfe der IV Theologie studierte. Dadurch entdeckte er seine Gabe und Leidenschaft zu Predigen und zu Schreiben. Diese Tätigkeiten liebt er heute über alles und kann ihnen trotz Behinderung fast uneingeschränkt nachkommen.

Nach seiner Umschulung zog Gysel nach Zürich und schliesslich ins Wallis, das inzwischen zu seiner geliebten Heimat geworden ist. Die Tätigkeiten vom Gemeindepastor über den Hotelmanager bis hin zum Tourismuspfarrer des Oberwallis erfüllten ihn allesamt sehr.

Eine Aussage der Bibel wurde für Christoph Gysel zum Lebensmotto: «Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen.» (Römerbrief, Kapitel 8, Vers 28a)
Nein, die Schmerzen ist er nicht losgeworden; trotzdem erkennt er Gottes liebevolle Führung in seinem Leben.

Sogar im Leid das Gute suchen

Über Jahre hinweg hatte Christoph Gysel gelernt, dass es gerade in leidvollen Situationen immer etwas Gutes gibt, das Gott für uns bereit hält. Dieses Wissen fand beispielsweise 1993 seine Bestätigung, als ein grosses Unwetter in Saas-Grund 150 Häuser überschwemmte. Das Hotel, welches er zu diesem Zeitpunkt führte, blieb verschont. Das war Grund, um tatkräftig anzupacken. Freiwillige Helfer zogen im Hotel ein und leisteten auf ehrenamtlicher Ebene mehr Stunden als der Zivilschutz oder das Militär. Das verhalf Gysel zur Gunst in der Bevölkerung und damit verbunden zu vielen offenen Türen. Er wurde in verschiedene Ämter gewählt. Heute ist er überzeugt, dass Gott selbst mit dieser tragischen Unwetterkatastrophe gute Absichten verfolgte.

Und wenn jemand Gottes Güte nicht sehen kann?

Leidende haben oftmals Mühe, Gottes Güte zu erkennen. Solchen Menschen werden ausgeklügelte Theorien selten helfen. Was sagt also nun der Theologe Christoph Gysel Menschen, die inmitten ihrer Tragödien und ihres Leids keinen liebenden Gott erkennen können? Seine Antwort ist einfach: «Ich erzähle einfach meine Geschichte. Und in meinem Leben wird deutlich: Gott meint es gut – selbst wenn ich leide und es sich nicht immer nur gut anfühlt.»

Wie kann jemandem Hoffnung gemacht werden, der aus menschlicher Sicht keinen Grund zur Hoffnung hat und auch keinen Zugang zu einem liebenden Gott hat? Gysel weiss nur zu gut: «Es gibt viele Situationen, in denen es einfach nichts Sinnvolles zu sagen gibt.» Trotzdem will er den Leidenden nicht aus dem Weg gehen. Keine Worte zu haben, ist kein Grund, die Gemeinschaft mit Leidenden zu meiden. Und manchmal genügen wenige Worte der schlichten Anteilnahme oder auch nur die physische Präsenz.

Ein Lieblingssatz von Christoph Gysel ist: «Was fürchte ich den Schiffsbruch, wenn Gott der Ozean ist?» In all seiner Tätigkeit als Pfarrer, Prediger, Bloger oder Schriftsteller wünscht er sich, dass gerade leidende Menschen den Gott erkennen können, der es in allen Dingen gut mit ihnen meint.

Weitere Informationen:
«Timeout»: Projekt von Christoph Gysel zur Hilfe Leidender
Hier gehts zum Blog und Buch von Christoph Gysel

Zum Thema:
Christoph Gysel: Tourismuspfarrer mit starkem Vertrauen und schwachem Rücken
Mit Leid leben: Ein Helfer in den schlimmsten Zeiten
Vertrauen: Rechne mit Gott, dann sparst du dir Sorgen!

Datum: 27.10.2018
Autor: Markus Richner-Mai
Quelle: Livenet

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