Motion gegen E-Zigaretten
«Hier läuft gerade ein gigantischer Menschenversuch»
Kürzlich reichte der Berner
EVP-Grossrat Ruedi Löffel eine Motion im Parlament ein, die verlangt, dass
E-Zigaretten gleich behandelt werden, wie Tabak. Gleichzeitig reicht seine
Partei in mehreren anderen Kantonen ein vergleichbares Begehren ein. Livenet unterhielt sich mit Ruedi Löffel, der die Suchtprävention des Blauen Kreuzes
Bern - Solothurn - Freiburg leitet.Livenet: Ruedi Löffel, E-Zigaretten scheinen
ein neuer Trend zu sein. Wie funktionieren die genau? Welche Probleme sehen
Sie bei E-Zigaretten?
Ruedi Löffel: Weil
mittlerweile jedes Kind weiss, dass Rauchen tötet (in der Schweiz sterben
jeden Tag gut zwei Dutzend Menschen an den Folgen des Tabakkonsums), bieten
E-Zigaretten eine scheinbar weniger schädliche Alternative. Anstatt Tabak zu
verbrennen, werden Flüssigkeiten mit verschiedensten Inhaltsstoffen verdampft und
direkt in die Lunge gezogen. Welche Auswirkungen dies auf die Gesundheit hat,
werden wir erst in 20 bis 30 Jahren wissen. Hier läuft gerade ein gigantischer
Menschenversuch.
Die Hersteller versuchen mit diesen und ähnlichen Produkten – zum Beispiel Heat-not-burn-Zigaretten, wo der Tabak anstatt verbrannt «nur» erhitzt wird – das Rauchen wie in den 40er-Jahren und seinerzeit mit den Light-Zigaretten als «gesundes Rauchen» zu verkaufen. Damit wollen sie den krankmachenden und in vielen Fällen tödlichen Konsum wieder salonfähig machen.
Sie haben eine Motion im
Berner Kantonsparlament betreffend E-Zigaretten eingereicht. Was fordern Sie darin?
Zusammen mit 32 Mitunterzeichnenden aus SVP, EDU, BDP, EVP, glp, SP und
Grünen will ich ganz einfach erreichen, dass E-Zigaretten sowie alle
nikotinhaltigen Produkte im Kanton Bern so rasch wie irgendwie möglich den
gleichen rechtlichen Vorgaben unterliegen wie Zigaretten und herkömmliche
Raucherwaren.
Dies betrifft vor allem den Jugendschutz, die Werbung und den Passivrauchschutz. Nötig ist dieser Vorstoss, weil es auf Bundesebene wegen dem starken Einfluss der Tabaklobby noch Jahre dauern wird, bis vielleicht griffige Gesetzesbestimmungen in Kraft treten werden.
Sie sehen auch einen Zusammenhang mit dem
Cannabis-Konsum. Worin besteht dieser?
Kürzlich hat der Nationalrat mehrere Vorstösse überwiesen, die einen
Experimentierartikel für Cannabisversuche fordern. Mit regulierter
Cannabisabgabe möchten verschiedene Städte unter anderem herausfinden, ob und
wie damit der Schwarzmarkt geschwächt und der Jugendschutz gestärkt würden.
Wenn wir mit griffiger Tabakprävention verhindern könnten, dass Teenager und Jugendliche in die Nikotinsucht geraten, würde sich die Cannabisdiskussion ganz massiv reduzieren, denn die allermeisten Cannabiskonsumierenden haben zuerst Zigaretten geraucht.
Ihre Motion haben Sie im Kanton Bern
eingereicht. Wie sieht das in anderen Kantonen aus?
Innerhalb der EVP sind die Mitglieder der Kantonsparlamente gut vernetzt.
Dadurch konnte der Vorstoss auch in Zürich und in den beiden Basel eingereicht
werden. Wenn unsere Forderungen in verschiedenen Kantonen Unterstützung finden,
ist damit die Hoffnung verbunden, dass wir auf die Bundespolitik ein wenig
Druck ausüben und so die dringend notwendige Prävention unterstützen können. Als erster Kanton hat übrigens das Wallis ähnliche
Forderungen unterstützt, dies hat mich zu meinem Vorstoss motiviert.
Es darf einfach nicht länger sein, dass Kinder und Jugendliche von der Tabakindustrie und ihrer gezielt auf Junge ausgerichteten Werbe- und Verkaufsstrategie zur Nikotinsucht und damit zu ganz gravierenden Folgeschäden verführt werden.
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Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet