Studientage in Fribourg

Nachdenken über die gemeinsame Mitte

Reformierte wie Katholiken kennen in ihrer Geschichte schmerzhafte Trennungen und Spaltungen. Doch die Zeichen der Annäherung mehren sich. Ein Thema, das durch viele Referate und Redebeiträge an den Studientagen der Uni Fribourg durchschimmerte. So auch am Podium, an dem idea-Chefredaktor Rolf Höneisen Kirchenbundspräsident Gottfried Locher, Abt Urban Federer vom Kloster Einsiedeln und SEA-Generalsekretär Marc Jost zum Gespräch begrüssen konnte.Erinnert wurde im Laufe dieses Podiums an eine Geste der Versöhnung: Im April 2017 umarmten sich in Zug während eines Gottesdienstes Gottfried Locher und der Basler Bischof Felix Gmür und entschuldigten sich gegenseitig für das Unrecht, das mit der Kirchenspaltung entstanden ist. Gottfried Locher sprach von einem starken Zeichen. «Die Reaktionen waren schön, aber nicht nur. Kritiker monierten, das sei eine typisch katholische Zeichenhandlung gewesen. Andere wollten sich von der katholischen Kirche nicht gerne umarmen lassen.»

Versöhnung ist zentrales christliches Element

Bei den Katholiken wurde diese Geste durchwegs positiv aufgenommen, erfuhren die über hundert Zuhörer im Saal des Uni-Gebäudes an der Avenue de l'Europe. Er sei froh, so Federer, habe auch Papst Franziskus die Wichtigkeit der Geste der Versöhnung in seiner Predigt während der Messe in Genf betont. Der Einsiedler Abt unterstrich: «Etwas vom Zentralen, was das Christentum von anderen Religionen unterscheidet, ist die Geste der Verzeihung. Das muss uns auch auszeichnen.»

Die Leere in der Mitte

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Die Studientage in Fribourg waren mit rund 500 Gästen wiederum gut besucht.
Diese Studientage «In Christus - gemeinsam zur Mitte» riefen dazu auf, gemeinsam zur Mitte aufzubrechen. Moderator Rolf Höneisen fragte seine Podiumsgäste: «Was ist eure Mitte und wie definiert ihr diese?» Urban Federer bekundete Mühe, die richtigen Worte für seine Antwort zu finden: «Ich kann die Mitte nicht definieren. Die Mystik ist davon überzeugt, dass Gott nicht dann zu finden ist, wenn ich ihn besitze oder definiere», erläutert Federer. Er begegne Gott schon allein in dem, was viele als Weg bezeichnen. «Er ist sowohl Ziel, Weg und Quelle.» Für Gottfried Locher ist die Mitte schon im Wort «Kirche» enthalten. «Das Bekenntnis zu ihr und die Beziehung zu Christus ist für mich die Mitte.» Marc Jost wiederum ist die Mitte Jesus Christus.

«Für mich bleibt diese Mitte ein Geheimnis»

Für Locher und Federer ist klar, dass das Geheimnis des Glaubens, das man während der Eucharistiefeier beziehungsweise Abendmahlfeier feiert, die «Mitte» sei, wonach Gläubige strebten. Eine unterhaltsame Diskussion löste die Frage aus, was denn genau in und hinter dieser Mitte stecke. Ein Loch? Urban Federer kam für sich zum Schluss: «In den Bildern der mittelalterlichen Mystikerin Hildegard war die Mitte oft leer. Doch dieser Ort ist einfach nur leer oder gar tot. Für mich bleibt diese Mitte ein Geheimnis.» Auch für Gottfried Locher ist dieser Ort per Verstand nicht zu erfassen, man müsse ihn spüren und erleben.

Der Streit ums Abendmahl

Trotz aller gegenseitiger Sympathien und inhaltlichen Gemeinsamkeiten waren sich die Podiumsteilnehmer einig, dass die Abendmahls-Frage der zentrale Zankapfel zwischen Katholiken und Reformierten ist. Trotz der Sehnsucht nach Einheit, sitzen nicht alle Christen «am Tisch des Herrn». Gottfried Locher kritisierte bezüglich der Abendmahls-Frage auch seine eigene Kirche: «Wir Protestanten haben hier ein Defizit. Wir haben kein Verständnis mehr dafür, was ein Sakrament wirklich ist. Kein Verständnis dafür, dass die Verkündigung des Evangeliums nicht nur auf der Kanzel passiert, sondern im übertragenen Sinne auch in einem Sakrament.»

Positive Grundstimmung

Die Podiumsteilnehmer zogen eine positive Bilanz über die fünften Studientage in Freiburg. Er habe die Bereitschaft vieler gespürt, einander zuzuhören. Das habe auch mit dem Hauptthema «Gemeinsam zur Mitte» zu tun. Einem Thema, das alle umtreibe, «weil uns doch mehr verbindet, als uns trennt», sagte Abt Urban. Das von Walter Dürr geleitete Studienzentrum für Glaube und Gesellschaft wollte mit leitenden Persönlichkeiten aus Akademie und Kirche der Frage nachgehen, wie die Existenz in Christus zu einer vertieften Gemeinschaft unter den Kirchen und Denominationen beitragen kann. Am Freitagabend wurde im Rahmen der Studientage zum Abschluss ein ökumenischer Gottesdienst in der Kathedrale Fribourg gefeiert.

Zum Thema:
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Datum: 25.06.2018
Autor: Vera Rütimann
Quelle: kath.ch

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