PrixPlus
Breakdance auf der Dornenkrone?
Die Darbietungen von Künstlern an der Preisverleihung von ARTS+ und Kulturfenster waren nicht für alle ein Ohren- oder Augenschmaus. «Das ist gut so», findet der Künstler Bryan Haab. «Kunst soll Fragen stellen, nicht beantworten.»Der Kirchenraum war halb leer geräumt, auf dem Boden klebte eine Folie mit aufgedruckter Dornenkrone. Die klassische Friedenskirche in der Zürcher Altstadt bot den gewünschten Kontrast zu modernen Formen von Kunst, die von der Arbeitsgemeinschaft Arts+ und Kulturfenster am 30. März 2012 gezeigt wurde. Mit Händen, Füssen und Kopf verteilte Christian Martinez während seines Breakdance Acrylfarbe auf dem Leidenssymbol. Der schweizerisch-kanadische Künstler Bryan Haab spritzte sie auf dessen Schuhe, T-Shirt und Mütze. Musikalisch wurde die Performance von der Pianistin Andrea Weland begleitet.
Tanzen auf der Dornenkrone? Sie einfärben, mit Füssen treten? Was lösen solche Aktionen beim Zuschauer aus? Bryan Haab möchte mit seinen «Moving Colorz» (bewegten Farben) Fragen aufwerfen, zum Nachdenken einladen. Und so waren etliche der Zuschauer irritiert von dieser Kunstform. «Ich muss mich zuerst daran gewöhnen», erklärte eine Teilnehmerin, die Comedy erwartet hatte.
Von Gotthelf bis Metheny
Die Preisverleihung des PrixPlus ist der Höhepunkt der
christlichen Kulturszene in der Schweiz. Künstlerinnen, Künstler wie auch
Interessierte treffen sich, tauschen aus und knüpfen Kontakte. Als besonderes
Highlight wartet der Anlass mit Beiträgen aus verschiedenen Sparten auf. So
rezitierte die Schauspielerin Dorothée Reize Texte von Jeremias Gotthelf, Kurt
Marti und aus den Psalmen. Maria Strelbitska, ukrainische Violinistin der Weltklasse
mit Wohnort Basel, und Polina Uschakowa am Piano begeisterten mit der kraftvoll
vorgetragenen Sonate in g-moll von Bach und einer Sonate für Violine und
Klavier von Beethoven. Das Trio von Carmine Maletta, einem Schweizer
Jazz-Musiker mit italienischen Wurzeln, verwöhnte mit seinem sensiblen
Gitarrenspiel in der Art von Pat Metheny die Ohren von Jazz-Liebhabern. Begleitet
wurde er von Matthias Ammann am Bass und Eric Rütsche am Schlagzeug.
Während
eines Podiumsgesprächs philosophierte der Pastor, Missionar und Autor Ellis
Potter mit den Teilnehmenden über den Begriff «Geistlich». «Wenn ‹geistlich›
unsichtbar ist, ist alles Sichtbare ungeistlich?», konterte er einen
Definitionsversuch. Humorvoll, aber messerscharf reflektierte er die Diskussion.
Auch verwies er auf die Schöpfung: «Gottes Schöpfung war gut, gut für den
Menschen.» Kunst für etwas einzusetzen, nicht an sich zu verehren, sei das
Ziel. Es komme auf die Herzenshaltung an. Augenzwinkernd formulierte er: «Liebe
deinen Nächsten wie dein Werk!» Selbst Gott habe sich am siebten Tag von seinem
Werk gelöst und es den Menschen zur Verfügung gestellt.
Preisträger grüsst per Video
Als Preisträger war aus 49 Vorschlägen der 23-jährige
Bassersdorfer Sänger und Songwriter Michael Wespi gewählt worden. Mit seinem
Album «Hope» wurde der Musiker von Radio DRS 3 im letzten Juni zum «best talent
2011» ernannt und auf den meisten Radiosendern der deutschen Schweiz gespielt.
Neben der Qualität und Kreativität seiner Songs und Texte wertete die Jury die
Tatsache, dass Wespi mit einer unbekümmerten und natürlichen Art seinen Glauben
ohne Berührungsängste lebt und seine Auftritte und Musiktexte Hoffnung
vermitteln. Der mit 1500 Franken dotierte PrixPlus wird an Kunstschaffende
vergeben, welche – unabhängig von ihrer persönlichen Überzeugung – im Vorjahr
der Preisverleihung durch ihr künstlerisches Schaffen den christlichen Glauben
thematisiert und in der Schweizer Öffentlichkeit zur Diskussion angeregt haben.
Weil er ein Konzert gab, konnte Michael Wespi den Preis nicht persönlich
entgegen nehmen. Er bedankte sich mit einem Videoclip bei den Veranstaltern.
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Autor: Mirjam Fisch-Köhler
Quelle: idea