Kernkraft und Öl
«Beide Wege führen in die Irre»
Zur
Frage der Kernenergie sind die Positionen in den Kirchen kontrovers. Der Unfall
von Fukushima bringt aber auch frühere Anhänger der Kernenergie in
Verlegenheit. Zum Beispiel die Arbeitsgruppe «Christen und Energie».
«Nach Fukushima weht uns ein eisiger Wind entgegen», sagt Pfarrer Stefan Burkhard,
Präsident der kernkraftfreundlichen Arbeitsgruppe «Christen und Energie ACE»,
gegenüber der Zeitung «reformiert.». Auf die Frage, ob die ACE ihre Position
überdenken werde, antwortet Burkhard ausweichend. Eine Stellungnahme zum
jetzigen Zeitpunkt sei verfrüht, da Ausmass und Ursachen der Katastrophe ja
noch nicht bekannt seien. Verständnis findet er bei Otto Schäfer, Ethiker beim
Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund (SEK). «Die Atomtechnik ist nicht das
Übel schlechthin», so Schäfer, aber mit Fukushima melde «sich das verdrängte
Risiko mit aller Macht zurück». Er hofft auf eine Energiewende, weg von den
Grossrisiken, warnt aber zugleich, diese habe seinen Preis: «Der Stromverbrauch
auf heutigem Niveau ist nicht haltbar.»
Einen Sinneswandel hat Gina Schibler vollzogen. Die Zürcher Pfarrerin, die sich
für ein neues Atomkraftwerk ausgesprochen hatte, spricht jetzt im Zusammenhang
mit Fukushima und dem Bürgerkrieg in Libyen von «Zeichen drohenden Unheils».
Nun gehe es darum, das Steuer in der Energiepolitik entschieden umzuwerfen. «Ob
Uran oder Öl: Beide Wege führen in die Irre».
Für Kurt Zaugg, Leiter der Arbeitsstelle «Kirche und Umwelt – oecu», hat das
Restrisiko mit Fukushima ein Gesicht erhalten. Es schreibt dazu in einer
Stellungnahme: «Kein Mensch ist in der Lage, die in diesem Fall notwendige
absolute Sicherheit zu garantieren. Überdenken müssen wir darum unsere
Ansprüche an die Energieversorgung. Energie ist ein wertvolles und knappes Gut,
mit dem wir verantwortlich umgehen sollten. Davon sind wir mit unserem
Pro-Kopf-Verbrauch jedoch weit entfernt. Das Gebet für die Opfer der
Katastrophen, zu dem die Schweizer Kirchen aufrufen, ist ein Zeichen der
Solidarität mit den betroffenen Menschen und Gelegenheit, selbst über die
Bücher zu gehen.»
Mehr zum Thema:
Der Verein oeku – Kirche und Umwelt
Die Arbeitsgruppe Christen+Energie
Die Arbeitsgemeinschaft Klima Ernergie Umwelt (AKU) der
Evangelischen Allianz
Autor: Fritz Imhof
Quelle: reformiert / oecu