Alexander Garth

Livenet-Talk zum Buch «Untergehen oder umkehren»

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Alexander Garth (Bild: zVg)
Alexander Garth hat seinem Buch den Untertitel gegeben: «Warum der christliche Glaube seine beste Zeit noch vor sich hat.» Darüber spricht er mit Reto Pelli, Remo Kleiner und Florian Wüthrich.

Alexander Garth hat bereits einige Bücher zu missionarischem Leben und Gemeindegründung geschrieben. Der evangelische Theologe ist Gründer der Jungen Kirche Berlin und zurzeit Pfarrer der Stadtkirche Wittenberg. Florian Wüthrich hat ihn zusammen mit zwei Schweizer Lesern seines Buchs «Untergehen oder umkehren. Warum der christliche Glaube seine beste Zeit noch vor sich hat» zum Talk eingeladen: mit Remo Kleiner, Diakon in der evangelischen Kirchengemeinde Berg TG, und Reto Pelli, Pastor der Kirche im Prisma in Rapperswil.

Der Niedergang ist klar

Alexander Garth hält zu Beginn erst einmal fest, dass der Niedergang der Volkskirche mit ihrem «Minimalchristentum» unumkehrbar sei. Als jemand, der in der ehemaligen DDR aufwuchs, sieht er ähnliche Zerfallsprozesse der Kirche inzwischen im gesamten Europa. «Wo Staat als Stütze wegfällt, merkt man die fehlende Substanz innerhalb der Kirche.» Inmitten eines säkularen postmodernen und kritischen Mainstream sei das ererbte Modell von Volkskirche nicht mehr zukunftsfähig. Gleichzeitig besuchte er weltweit wachsende Gemeinden (von «Hillsong» in Sidney bis zu Pfingstkirchen auf Kuba). Ihm scheint es so, als wäre Europa die säkulare Insel im religiösen Meer der Welt.

Warum ist das so? Aus dieser Schadensanalyse heraus ist das Buch entstanden. Aus der Frage, warum unsere Gesellschaft nach Orientierung, Sinn und Gemeinschaft sucht – christliche Kernkompetenzen! –, doch niemand deswegen bei der Kirche anklopft. Wie können Kirchen und Gemeinden an Ausstrahlung gewinnen und zukunftsfähig werden?

Die Wirkung des Buchs

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Buchcover von «Untergehen oder umkehren» (Bild: eva-leipzig.de)
Die beiden Schweizer Gemeindemitarbeiter sind fasziniert von Garths Buch. Remo Kleiner hält fest: «Einerseits machen wir in unserer Kirche einen guten Job, andererseits trifft die Kritik des Buches zu.» Und als landeskirchlicher Diakon überlegt er, wie man Verantwortliche dazu bekommen könnte, das Buch zu lesen und davon zu profitieren. Reto Pelli ergänzt, dass er selten so viel in einem Buch unterstrichen hätte und wüsste, dass Garth «dieselbe Blutgruppe» hätte. Auch der freikirchliche Pastor wünscht sich: «Jeder Gemeindebauer sollte dieses Buch lesen.»

Im Gespräch identifizieren die drei ein beschädigtes Christusbild als eine der Ursachen für den kirchlichen Niedergang. Pelli mahnt an, dass man in der Gemeinde Inhalt und Verpackung nicht verwechseln dürfe. Die notwendige Kulturrelevanz müsse sich aufs Äussere beschränken. Liberaler Glaube verhindere das Leben. Garth stimmt ihm teilweise zu, indem er unterstreicht, dass ohne Heiligen Geist die Power zum Aufbruch schlicht fehle, ergänzt aber: «Konservativ ist allerdings auch keine Lösung…»

Von Christus fasziniert

Ernüchtert hält Garth fest, dass viele Gottesdienstbesucher gar nicht realisierten, dass sie andere Menschen gewinnen könnten. Sie kämen, um zu konsumieren. Dabei sei es die Begegnung mit Christus, die alle fasziniere. Pelli ergänzt seine Beobachtung: Wenn Christen wie im biblischen Gleichnis ihren «Schatz im Acker» (Matthäus, Kapitel 13, Vers 44) fänden, dann würde ihre Motivation wachsen, als Beschenkte andere zu beschenken.

Selbstkritisch fragt sich Kleiner, warum sie als Landeskirche zwar missionarisch unterwegs seien und christusorientiert verkündigten, aber höchstens etwas weniger schrumpfen würden als andere Kirchen, jedenfalls nicht wachsen. Garth hält dies für systembedingt. Wenn von 3'000 Gemeindemitgliedern maximal 300 aktiv wären, dann sei das nicht zukunftsfähig. Gleichzeitig ist es ihm wichtig, nicht auf die Zahlen zu starren, sondern sich immer wieder zu fragen: «Wächst der Anteil derer, die von Jesus fasziniert sind? Das hat Ausstrahlung.»

Von Leidensdruck zu Hoffnung

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Florian Wüthrich im Livenet-Talk mit Remo Kleiner und Reto Pelli über das Buch von Alexander Garth (Bild: Screenshot Livenet-Talk)
Auf die Frage, ob der Leidensdruck in der Kirche noch wachsen muss, bis Veränderung geschieht, sehen die Gesprächspartner unterschiedliche Aspekte. Viele Kirchenverantwortliche hätten nie etwas anderes erlebt als die eigene Kirche und, so Garth: «Die meisten denken allerdings nicht in Wachstum, sondern pflegen eine Betreuungsmentalität.» Stattdessen empfiehlt er eine Orientierung an der frühen Kirche, die noch nicht institutionell gebunden war. Gleichzeitig ist ihm bewusst, dass manche Kirchengemeinde lieber sterben als sich verändern wird.

Reto Pelli ergänzt in Bezug auf die Zahlen: «Eine volle Kirche ist nicht der Massstab, sondern veränderte Menschen, die Jesus nachfolgen.»

Dazu kommen laut Alexander Garth die Chancen, die sich durch neue Gemeindeformen und Zuwanderung ergäben: So kenne er in Berlin über 200 Gemeindegründungsprojekte, Gebetshäuser, Hauskirchen oder auch Migrantengemeinden. Gerade letztere brächten eine gute Dynamik in die Stadt.

Am Schluss freut sich Remo Kleiner, dass Garth am 29. Oktober in Zürich zu Gast sein wird. «Aufbrechen im Umbruch» wird sein Thema sein. Der Inhalt steht noch nicht genau fest, doch das Ziel des Autors sind immer Hoffnung und Glaube statt Schwarzmalerei.

Zum Buch:
Alexander Garth: «Untergehen oder umkehren. Warum der christliche Glaube seine beste Zeit noch vor sich hat»

Sehen Sie sich hier den gesamten Livenet-Talk an:

Zum Thema:
Livestream-Gebetstreffen: «Der Himmel ist offen»
SRF-Auftritt und neues Gebäude: Prisma Kirche: «Wir leben von der gegenseitigen Ergänzung»
«Best Practices» im Zoom-Talk: «Sehr ermutigend, was in der Gemeinde passiert»

Datum: 05.04.2022
Autor: Hauke Burgarth
Quelle: Livenet

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