Persönliche Jüngerschaft
Ein Einsatz, der sich lohnt – nicht nur für die Gemeinde
Woran denken Sie, wenn Sie das Wort «Jüngerschaft» hören? An Glaubenskurse? Wachstum in der Gemeinde? Jesus lebte es vor: Er investierte sein Leben in die 12 Männer, die er ausgesucht hatte – und lebte mit ihnen alltäglichen Glauben. Dasselbe sollten auch wir wagen.
Seit vierzehn Jahren gehöre ich zur selben Gemeinde – und finde es erstaunlich, dass ich damit zu einigen wenigen gehöre. Viele, die sich in dieser Zeit zu unserer Gemeinde zählten, kommen heute nicht mehr. Die Gründe sind vielfältig: Manche sind weggezogen oder haben eine Kirche näher zu ihrem Zuhause gesucht und gefunden. Andere sind weggeblieben, weil sie Unstimmigkeiten mit Gemeindegliedern hatten, weil ihnen die Predigten nicht mehr gefielen oder einfach, weil sie nicht mehr kommen wollten. Doch ich frage mich: Hätte ich etwas tun können, um das zu verhindern? Habe ich mein persönliches Interesse an ihnen gezeigt? Oder habe ich mich dafür eingesetzt, dass sie im Glauben wachsen können?
Kein Kurs, sondern Leben teilen
Das Stichwort ist Jüngerschaft. Und zwar nicht einfach einen Kurs anzubieten, sondern eins zu eins Menschen aus der Gemeinde zu begleiten. In ihrem Alltag, in ihrem Glauben. Sie zu fragen, wie es bei ihnen läuft, nicht nur im Bezug auf den Glauben, sondern in der Familie, Arbeit, Beziehung… und mit ihnen zu lachen, zu weinen und zu beten.
So wie Jesus: Er schloss sich nicht drei Jahre lang mit den zwölf Jüngern ins Kloster ein, brachte ihnen die Geschichte Israels bei und erklärte ihnen, wie sie eine gute Predigt schreiben können. Nein, er lebte mit ihnen, Tag für Tag, authentisch, lebensnah. Echte Jüngerschaft ist eben nicht nur ein Glaubenskurs, sondern sie bedeutet, das Leben zu teilen, mit Freud und Leid. Und gemeinsam authentischen Glauben zu leben.
Ein Beispiel: 900 Taufen in sechs Jahren
Dass dies auch der Schlüssel zum Wachstum in der Gemeinde sein kann, davon ist Joey Hanner überzeugt, wie er CBN News berichtet. Denn der Pastor einer Baptistengemeinde in der Nähe von Gasden, Alabama hat hautnah erlebt, was diese persönliche Jüngerschaft bewirkt. Dazu muss man sagen: Seine Gemeinde steht mitten auf dem Land – an sich haben solche Kirchen nicht allzu viele Mitglieder. Als er als Pastor dort neu war, spürte er, dass etwas fehlte. In einem Treffen fragte er, ob jemand von ihnen persönlich, eins-zu-eins, im Glauben betreut worden sei. Nur zwei Personen meldeten sich.
Also begann er, seine Leute in persönlicher Jüngerschaft auszubilden und dieses Konzept in der Gemeinde einzuführen. Und die Ergebnisse sind erstaunlich: In den vergangenen sechs Jahren hat er 900 Menschen taufen dürfen. Und es ist eine extrem evangelistische Gemeinde geworden. Jeden Sonntag besuchen Gemeindeglieder die Menschen der Umgebung, um mit ihnen persönlich erste Schritte im Glauben zu gehen und ihnen zu helfen, im Glauben weiter zu wachsen. «Seit wir mit der Jüngerschaft begonnen haben, ist unsere Kirche reifer geworden. Wir haben die Vision verstanden, wie Apostelgeschichte Kapitel 1, Vers 8 aussehen sollte.»
Ich meine nicht, dass eine Kirche sich an ihren Zahlen messen sollte. Aber ich glaube doch, dass es um echte Gemeinschaft geht. Die ersten Christen lebten zusammen, teilten alles, nicht nur Essen und Einkommen, sondern auch Freud und Leid. In wie vielen Gemeinden ist das heute wirklich der Fall? Und an wie vielen Orten kommt man einfach zu Predigt, Gesang und Kollekte zusammen, geht danach aber wieder nach Hause und bleibt mit den nagenden Fragen und den Problemen im Umsetzen des Gehörten allein?
Ein Gewinn für beide Seiten
Natürlich ist so eine Art der Jüngerschaft aufwendig: Ich muss die Zeit finden, mich mit der Person, um die ich mich kümmere, zu treffen, und allein der Fakt, authentisch den Glauben mit ihr auszuleben, ist kraftaufreibend. Doch es lohnt sich. Die wenigen Personen, mit denen ich dies bisher tun konnte, durften im Glauben wachsen und sind heute aktiv in einer Gemeinde involviert… Und dabei bin ich mir bewusst, dass dies nicht aus mir kam, sondern dass es allein Gottes Gnade war, dass er mich im Leben dieser Personen gebrauchen konnte.
In diesem Sinne sind wir alle gefragt: Lassen wir uns heute von Gott gebrauchen? Haben wir mindestens einen Menschen, in den wir uns investieren, mit dem wir Glauben leben, den wir «betreuen» und mit dem wir gemeinsam im Glauben wachsen? Denn das ist das Schöne an der persönlichen Jüngerschaft: Nicht nur der andere wächst, reift, lernt und wird in seinem Glauben gefestigt – auch ich darf ganz viel Neues dazulernen und in meinem Glauben reifen! Und auf diese Weise kann ich vielleicht ein bisschen dazu beitragen, dass nicht so viele Menschen die Kirche direkt wieder verlassen…
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Autor: Rebekka Schmidt
Quelle: Livenet