Nadschla al-Mangusch
Eine Aussenministerin im Geist der Mennoniten
Der Krieg in der Ukraine macht christliche Gewaltlosigkeit zum Gebot der Stunde; auch in afrikanischen Bürgerkriegsländern mit Libyen an der Spitze. Dort setzt sich eine Frau im Geist der mennonitischen «Friedenskirche» für das Ende aller Kämpfe ein.
Nadschla al-Mangusch ist nicht nur eine von den fünf Aussenministerinnen der arabischen und islamischen Welt. Sie ist vor allem auch die erste bedeutende Muslima, die sich zu Jesus und seinem Frieden für die gesamte Schöpfung hingewandt hat.
Sie wurde 1973 als Kind libyscher Exilanten geboren. Damals wurde König Idris durch den Staatsstreich von Muammar al-Gaddafi gestürzt. Ihre Eltern gaben ihr den Namen «Nadschla», der auf Arabisch «die Weitäugige» bedeutet. Ihren Weitblick sollte sie im Lauf des Lebens mehrmals beweisen. Vorerst übersiedelte sie als Kind mit Vater und Mutter nach Cardiff in Wales. Dort hatte die Familie erste christliche Kontakte zu den in der walisischen Hauptstadt stark vertretenen Baptisten.
Rückkehr nach Gnadenerlass
1979 gewährte Gaddafi zum zehnten Jahrestag seiner Machtergreifung verschiedene Gnadenerlässe. Viele politische Emigranten durften straflos in die Heimat zurückkehren, unter ihnen die Familie Mangusch. Sie liess sich im ostlibyschen Bengasi nieder. Dort ging Nadschla zur Schule und später auf die Universität, an der sie Jurisprudenz studierte. Danach wurde sie Assistenzprofessorin, profilierte sich aber besonders als Rechtsbeistand politisch Verfolgter.
Kritikerin von Gaddafi
Als sich 2011 die Demokratisierungsbewegung des Arabischen Frühlings auch nach Libyen ausbreitete, war Nadschla al-Mangusch als gerechte Kritikerin von Gaddafis Unrechtsstaat bekannt genug, um im «Nationalen Übergangsrat» die Verantwortung für die Nichtregierungs-Organisationen (NGO's) zu übernehmen. Nachdem jedoch 2014 ein neuer Bürgerkrieg ausgebrochen war, nahm sie ein Studienstipendium in den USA an, das ihr von der George Mason University bei Washington gewährt wurde.
Mission und Friedensarbeit
Das Interesse der Libyerin wurde jedoch mehr und mehr von der nahen Eastern Mennonite University (EMU) geweckt. Träger dieser privaten Liberal Arts University ist die Mennonite Church USA, eine der historischen «Friedenskirchen», wie man seit etwa 1900 eine Kirchengemeinschaft bezeichnet, die sich in besonderer Weise zur Förderung des Friedens und Nichtteilnahme am Krieg verpflichtet hat.
Menno Simons (1496-1561) war ein niederländisch-friesischer Theologe, der zu einem der führenden Vertreter der Täuferbewegung und schliesslich zum Namensgeber der Mennoniten wurde. Mennoniten gibt es auch heute in der Schweiz, wo sie auf dem Bienenberg bei Liestal ein Konferenz- und Ausbildungszentrum unterhalten. Die meisten (36 Prozent) finden sich jedoch nach intensiver Missionstätigkeit im afrikanischen Kongo und Äthiopien. Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeiteten amerikanische Mennoniten aktiv in Wiederaufbauprogrammen in Europa mit.
Sie unterstützen Hilfsprogramme wie CARE International, Quäkerspeisung und «Eirene» (Friedensdienst). Im Jahr 1986 gründeten Mennoniten und die Church of the Brethren die Christian Peacemaker Teams, die ausgebildete Friedensarbeiter in Konfliktregionen entsenden. Im November 2005 wurden vier Aktivisten der Christian Peacemaker Teams im Irak entführt und einer von ihnen durch Kopfschuss ermordet.
Bei den Mennoniten zuhause
Vor diesem weltweiten Hintergrund studierte Nadschla al-Nabusch nun am Center for Justice and Peacebuilding (CJP) der EMU. Dieses hat bereits über 3'000 Absolventen aus 119 Ländern. Jeder zweite Student der Universität verfügt über keinen mennonitischen Hintergrund, während sich die Mehrheit der Studierenden zum christlichen Glauben bekennt. Aber auch die Muslima aus Libyen fühlte sich hier wie zuhause.
Wege vom Islam zu Jesus
Sie entdeckte Parallelen zwischen Haltungen, die den Mennoniten von anderen Kirchen vorgehalten werden, zum frühen Islam. So hätte auch Mohammed die Flucht nach Medina einem bewaffneten Widerstand in Mekka vorgezogen. Sie zeigt Wege vom Islam zu Jesus auf, was allerdings in Libyen an der neuen Aussenministerin nicht unbedingt geschätzt wird. Die islamistisch dominierte libysche Präsidentschaft will sie daher suspendieren, doch die Regierung hält ihr eisern die Treue. Die «heimliche Mennonitin» kann somit ihre Friedensarbeit fortführen.
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Autor: Heinz Gstrein
Quelle: Livenet