Die Blockade

Katar geht auch in der Religionspolitik eigene Wege

Die Blockade von Katar durch seine arabischen Nachbarn hat auch Gründe, die im internationalen Nachrichtenstrom nicht auftauchen. So leben Christen und Juden auf der Halbinsel trotz wahhabitischem Islam relativ gut.

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Etwas ausserhalb von Doha soll die erste evangelische Kirche in Katar gebaut werden.
Die akute Krise um Isolierung des Golfstaates Katar durch seine engeren (Saudi-Arabien, Vereinigte Emirate) und weiteren (Jemen, Ägypten) arabischen Nachbarn hat vorwiegend wirtschaftliche und politische Gründe: Saudis und sieben Zwerg-Emire neiden es der kleinen Halbinsel, grösster Erdgasexporteur der Welt zu sein. Sie haben selbst mit ihrem Erdöl Milliarden Petrodollars gescheffelt. Doch naht der Tag, an dem die Vorkommen ausgepumpt sein werden.

Der Reform-Emir

Während in Riad und auch Abu Dabi immense Reichtümer verprasst oder in politisislamische Expansion und Propaganda gesteckt wurden, machte sich in Katar Reform-Emir Hamad Ben Khalifa aus dem Thani-Clan schon seit 1995 an Strukturverbesserungen und den Aufbau einer starken Medienpräsenz. Besonders dank seines internationalen Fernsehsenders Al Jazeera wurde der Kleinstaat zum meinungsbildenden Riesen in der gesamten arabisch-islamischen Welt. Da der Sender aufgeklärtere Ansichten als alle Potentaten ringsum verbreitete, zog sich Katar auch politisch die Feindschaft seiner Nachbarschaft zu.

Tolerantere Spielart des Wahhabismus

2013 übergab Fürst Hamed den Thron in Doha an seinen Sohn Tamim, wacht aber weiter aus dem Hintergrund als «Vater Emir» über die Geschicke des Landes und seiner Liberalisierungsrolle inmitten einer besonders fanatischen islamischen Umgebung.

Das stört insbesondere Saudi-Arabien, da sich die meisten der nur 350'000 «Katarer» auch zur extremen islamischen Sekte des Wahhabismus bekennen, die das Königreich als «Staat Allahs» hervorgebracht hat. Während es aber bei den Saudis weder Kirchen und Synagogen, ja nicht einmal Bibeln geben darf, ist auch die Religionspolitik Katars liberaler. Zwar hat es die strikten wahhabitischen Satzungen wie das Köpfen von konvertierten Christen nicht abgeschafft, wendet sie aber schon längst nicht mehr an.

15'000 Juden

Die Beziehungen zu den katarischen Nicht-Muslimen werden vom Aussenmisterium kulant abgewickelt: So glauben und leben die etwa 15'000 Juden auf der Halbinsel ungeschoren – auch wenn sie es noch nicht so weit gebracht haben, wie im benachbarten Inselkönigreich Bahrain, das die Jüdin Hoda Ezra Nono zu seiner Botschafterin in den USA gemacht hat.

Das christliche Spektrum

Katars nicht-muslimische Einwohner setzen sich sonst – neben indischen Hindus – in ihrer überwältigenden Mehrheit aus zugewanderten christlichen Arabern, Filipinos, Europäern und Amerikanern zusammen – gemeinsam um die 75'000. Von den für Jesus gewonnen Muslimas und Muslimen spricht man nicht. Sie sind auch fast nur in der Arabischen Evangelischen Kirche des Landes sowie bei den Christian Brethren zu finden. Diese sind als Ausläufer der britischen «Plymouth Brethren» über Ägypten an den Golf gekommen.

Seit 2015 haben an die 1500 katarische Evangelische nach sieben Jahren Gebet und dem Sammeln von Mitteln endlich auch eine eigene Kirche. Den Baugrund bekamen sie vom Emir persönlich geschenkt. Dass dieses Beispiel nicht auf der sonst christenfeindlichen Arabischen Halbinsel Schule macht, ist mit ein Grund für die gegenwärtige Blockade von Katar durch seine Nachbarschaft!

Zum Thema:
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Datum: 14.06.2017
Autor: Heinz Gstrein / Fritz Imhof
Quelle: Livenet

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