Papua-Neuguinea: Lesen lernen mit der Bibel

Kaum ein anderer Staat der Erde ist in so viele unterschiedliche Volksstämme, Kulturen und Sprachgruppen zersplittert wie Papua-Neuguinea. Die Zahl einheimischer Sprachen wird mit rund 740 angegeben, das sind mehr als 11 Prozent aller lebenden Sprachen weltweit.

Zudem ist Papua-Neuguinea extrem dünn besiedelt: Mit 462.840 Quadratkilometern ist es etwa anderthalb mal so gross wie die Bundesrepublik, hat aber nur etwa 4,6 Millionen Bundesrepublik, hat aber nur etwa 4,6 Millionen Einwohner. Diese leben weit verstreut über rund 600 Inseln und im unwegsamen, bergigen Regenwald Ost-Neuguineas, das 4/5tel der Gesamtfläche des Landes ausmacht. In der Abgeschiedenheit ihrer kleinen Dorfgemeinschaften haben sich festgefügte Traditionen, kulturelle Eigenheiten und die fast unüberschaubare Zahl von Sprachen herausgebildet.

Ein künstliches Staatsgebilde

Aus diesem geradezu babylonischen Gemisch wäre ohne das Eingreifen kolonialer Mächte niemals eine Nation entstanden. Papua-Neuguinea ist ein künstliches Staatsgebilde, dessen heutige Grenzen nach dem Ersten Weltkrieg gezogen worden sind. Erst 1975 erlangte das Land die Unabhängigkeit von Australien. Ein nationales Wir-Gefühl konnte sich seitdem kaum entwickeln. Das Zusammenleben wird bis heute von archaischen Strukturen (z.B. Stammeszugehörigkeit) bestimmt, die sich durch alle Bereiche der Gesellschaft ziehen und auch bei politischen Entscheidungen eine grosse Rolle spielen. Immer wieder entladen sich Konflikte zwischen Volksgruppen in blutigen Stammesfehden. So forderten Auseinandersetzungen im südlichen Hochland Neuguineas seit Dezember 2001 mehr als 200 Todesopfer.

Verwirrende sprachliche Vielfalt

Auf dem langen, schwierigen Weg zur nationalen Identität kommt der gemeinsamen Landessprache, dem Tok Pisin, grosse Bedeutung zu. Tok Pisin - auch Pidgin-Englisch genannt - wird von mehr als zwei Millionen Menschen gesprochen. Es gibt Zeitungen und Bücher sowie Radio- und Fernsehsendungen in dieser weit verbreiteten Sprache, die neben Englisch und Motu amtlichen Status besitzt. Ihre Wurzeln reichen zurück bis ins frühe 19. Jahrhundert, als weisse Walfänger und Händler zum ersten Mal auf die Bewohner Neuguineas trafen. Angesichts der verwirrenden Vielzahl der einheimischen Sprachen versuchten die Seefahrer, sich mit einfachem Englisch zu verständigen. Englische Worte, Satzbruchstücke und grammatischen Elemente wurden von den Ureinwohnern aufgegriffen und in ihre eigenen Sprachsysteme integriert. Vokabeln wie „baibel" (bible), "buk" (book) oder „nogut" (no good) lassen diese Herkunft unschwer erkennen. Wie alle anderen so genannten Pidgin-Sprachen wurde Tok Pisin ursprünglich als reine Verkehrs- und Handelssprache verwendet, also als gemeinsames Verständigungsmittel von Menschen mit unterschiedlichen Muttersprachen. Doch vor allem unter der städtischen Bevölkerung steigt heute die Zahl derjenigen, die Tok Pisin schon von klein auf sprechen.

Kampf dem Analphabetismus

Papua-Neuguinea ist überwiegend christlich geprägt. Etwa 58 Prozent seiner Einwohner gehören einer protestantischen Kirche an, ein Drittel der Bevölkerung ist katholisch. Daneben gibt es etwa 10 Prozent Anhänger von Naturreligionen und Ahnenkulten. Die erste vollständige Bibelübersetzung auf Tok Pisin wurde 1989 von der Bibelgesellschaft des Landes veröffentlicht. Neben der Bibel auf Tok Pisin existieren aber auch zahlreiche weitere Übersetzungen, ständig kommen neue hinzu. So wurden im vergangenen Jahr unter anderem die Bibel in der Sprache des Huli-Volkes sowie das Neue Testament auf Kire herausgegeben. Zurzeit arbeitet die Bibelgesellschaft an zehn Übersetzungsprojekten. Ein weiterer Schwerpunkt ihrer Arbeit ist der Kampf gegen den Analphabetismus: Papua-Neuguinea hat die höchste Analphabetenrate im gesamten südpazifischen Raum. Betroffen sind schätzungsweise ein Drittel der Bevölkerung. Zahlreiche kirchliche Organisationen und staatliche Einrichtungen bieten Leselernkurse für Kinder, Jugendliche und Erwachsene an, doch häufig fehlt es an Geld und geeigneten Unterrichtsmaterialien. Hier hilft die Bibelgesellschaft: Sie hat eine Reihe von biblischen Fibeln in einfacher Sprache konzipiert und veröffentlicht. Es gibt diese Materialien auf Englisch und Tok Pisin. Bemerkenswert sind vor allem die so genannten "Shell-Books" (Muschel-Bücher). Eine Serie der Shell-Books besteht aus jeweils drei kleinen Bänden, die von aussen gleich aussehen, weil in allen dreien dieselbe biblische Geschichte nacherzählt wird - nur eben mit zunehmendem sprachlichen Schwierigkeitsgrad. So lernen Kinder, aber auch Erwachsene, fast spielerisch das Lesen und erfahren gleichzeitig etwas über die Botschaft der Bibel.

Die Bibelgesellschaft von Papua-Neuguinea beabsichtigt, in diesem Jahr insgesamt 269.000 ihrer biblischen Leselernhefte auf Englisch und Tok Pisin kostenlos zu verteilen. Darüber hinaus sollen auch 54 Exemplare des Alten und Neuen Testamtents unentgeltlich abgegeben werden. Weitere Informationen sowie Unterstützungsoptionen sind unter www.dbg.de zu finden.

Datum: 05.06.2003
Quelle: Deutsche Bibelgesellschaft

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