Gottesdienste in Höhlen

Kairos Mega-Church zwischen Müllbergen

Inmitten der sogenannten «Müll-Stadt» im Südosten Kairos feiern jeden Sonntag bis zu 70'000 Christen Gottesdienst. Das Besondere: Ihre Kirche ist in Fels geschlagen und geht auf ein Wunder zurück.

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Höhlenkirche Mokattam
Eine der grössten Kirchen des Nahes Osten befindet sich im Südosten Kairos, am Fusse des Mokattam Berges. Dort feiern jede Woche 70'000 Gläubige Gottesdienst.

«Müll-Stadt»

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Müllsammler am Mokattam Berg
Umschlossen wird der für koptische Christen heilige Berg von einem informellen Stadtteil der ägyptischen Hauptstadt. In dieser sogenannten «Müll-Stadt» leben mehr als 600'000 Menschen. Viele von ihnen, vor allem Kopten, arbeiten als illegale Müllsammler. Häufig treiben sie Schweine durch die Stadt, um auch die organischen Abfälle zu verwerten.

Auf dem Berg selbst befindet sich das Kloster Samaan Al-Kharraz (Simon der Gerber). Weiterhin sind sechs Kirchen in den Berg geschlagen. Die grösste Höhle fasst 20'000 Menschen. Wegen verschiedener miteinander verbundener Nebenhöhlen erhöht sich die Besucherzahl aber schnell auf das Dreifache.

Glaube kann Berge versetzen

Glaubt man der Legende von eben jenem namensgebenden Simon dem Gerber, so war die Geografie des Berges nicht immer so wie heute...

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Nahezu alle Bibelgeschichten finden sich an den Felswänden wieder
Im ersten Jahrtausend unserer Zeit erfuhr der damalige Machthaber Ägyptens Al-Mu’izz vom Evangelium. Ihn beeindruckte Matthäus, Kapitel 17, Vers 20-21: «Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, so werdet ihr zu diesem Berg sagen: Hebe dich weg von hier dorthin! Und er wird sich hinwegheben. Und nichts wird euch unmöglich sein». Er befahl deswegen dem koptischen Papst Abraham von Alexandria dieses Wunder zu vollbringen und den Berg Mokattam zu versetzen. Andernfalls würde er alle Christen umbringen.

Abraham fastete drei Tage ununterbrochen. Dann erschien ihm die Jungfrau Maria und erzählte ihm, dass ein Mann helfen würde den Berg zu bewegen. Wenig später begegnetet er dem Handwerker Simon dem Gerber. Mit seiner Hilfe betete Abraham und der Berg wurde versetzt. Anschliessend verschwand Simon in einer der Höhlen und wurde nie mehr gesehen.

Berg erzählt heute Bibelgeschichten

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Bibelvers an einer der Felswände
Mittlerweile berichtet aber nicht nur diese Legende von Gottes Wunder.  An den Felswänden des Berges werden biblische Geschichten in Stein gemeisselt oder Skulpturen geschnitzt. So finden sich Erzählungen über die Auferweckung des Lazarus oder Skulpturen Marias an den Felswänden wieder. Täglich wachsen die Kunstwerke. Mario, einer der Handwerker, will mit seinen Schöpfungen den «Berg in eine offene Bibel» verwandeln. So seien die Geschichten auch für nachfolgende Generationen lebendig.

Obwohl sich die Lage der Christen durch Staatschef Al-Sisi leicht verbessert, ist die Situation dennoch bedrohlich. Open Doors listet Ägypten weiterhin auf Platz 16 des Weltverfolgungsindexes. Demnach gehe die Verfolgung vor allem von der «islamischen Kultur der ägyptischen Gesellschaft» aus.

Zum Thema:
Gottesdienst in der Höhle: Ägypten: 70'000 Christen feiern Jesus jeden Sonntag
Ägypten: Kopten nach jüngsten Enttäuschungen: «Wir haben die Spielerei satt»
Maggie Gobran: «Ich habe Gott in den Slums gefunden»

Datum: 09.08.2019
Autor: Martin Schlorke
Quelle: Opendoors, Daily News Egypt, thenational.ae, Livenet

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