«Todesstrafe für ungeborene Kinder»

Frankreich: «Recht auf Abtreibung» in Verfassung?

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Die Nationalversammlung Frankreichs (Bild: Wikimedia)
Mit einer Mehrheit von 337 Ja- und 32 Nein-Stimmen hat das Unterhaus des französischen Parlaments ein Gesetz verabschiedet, mit dem ein «Recht auf Abtreibung» in der Verfassung verankert werden soll.

Der Gesetzestext besagt, dass «niemand das Recht auf freiwilligen Schwangerschaftsabbruch und Verhütung verletzen darf». Der Entwurf wird nun dem Senat vorgelegt.

Viele konservative und katholische Politikerinnen und Politiker hatten bereits erklärt, dass das Gesetz aufgrund des bereits bestehenden Rechtsschutzes in Frankreich unnötig sei. Das protestantische Evangelische Komitee für Menschenwürde (CPDH) hatte gewarnt, dass «die Aufnahme der Abtreibung in die Verfassung die Todesstrafe für ungeborene Kinder zulassen würde».

Machtprobe zwischen den Kammern

Schwangerschaftsabbrüche sind in Frankreich seit 1974 legal. Die letzte Änderung war im Februar 2022, als die gesetzliche Grenze von 12 auf 14 Wochen geändert wurde.

Vor einem Monat war ein erster Versuch, ein Recht auf Schwangerschaftsabbruch verfassungsmässig zu legalisieren, vom französischen Senat mit 139 Ja- und 172 Nein-Stimmen abgelehnt worden. Damit gibt es einen deutlichen Gegensatz zwischen dem Senat und der Nationalversammlung in dieser Frage. Die Mehrheit der Abgeordneten in der Nationalversammlung befürchtet offenbart, dass das, was in den Vereinigten Staaten geschehen ist (die Wahlfreiheit der Bundesstaaten), auch in Frankreich passieren könnte.

«Totalitäre Position»  

Der Vorsitzende des protestantischen CPDH, Franck Meyer, hält in einem Interview mit «Evangelical Focus» die vorgeschlagene Formulierung des Gesetzentwurfs für eine «sehr totalitäre Position, die keine vernünftige Bewertung zulässt». Sie sei «das beste Beispiel für eine ideologische Abschottung, die jede intellektuelle und sachliche Hinterfragung verbietet».

Der leichte Zugang zu Verhütungsmitteln hätte im Laufe der Jahre zu einem Rückgang der Abtreibungen führen müssen, aber dies sei nicht geschehen.

Nach Ansicht Meyers ist die «Verbohrtheit so gross, dass Abtreibung für die parlamentarische Mehrheit zu einem Dogma geworden ist». Das erkläre die Weigerung, «sich das Leid der Frauen anzuhören, die abgetrieben haben, und den Wunsch, diesen Eingriff zu bagatellisieren und zu verstaatlichen». Nach seiner Überzeugung ist «eine Verfassung nicht dazu da, ein bestimmtes Interesse durchzusetzen, sondern dem allgemeinen Interesse zu dienen».

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Datum: 06.12.2022
Autor: Reinhold Scharnowski
Quelle: Livenet / Evangelical Focus

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