Sterbehilfe in Belgien

Zwillinge liessen sich wegen drohender Blindheit töten

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Aktive Sterbehilfe - z.B. durch die Verabreichung einer tödlich wirkenden Spritze - ist in der Schweiz immer noch eine Randerscheinung.
Mitte Dezember haben sich zwei taube 45-jährige Zwillingsbrüder in Belgien Gift spritzen lassen, weil ihnen die Erblindung drohte. Die Regierung in Brüssel will aktive Sterbehilfe auch Minderjährigen gestatten.

Wohin steuert Belgien, das sich mit seinem Euthanasiegesetz vom abendländischen Lebensschutz verabschiedet hat? Die Schuhmacher Marc und Eddy Verbessem aus Putte bei Mechelen, eineiige, von Geburt an taube Zwillinge, drohten durch Grünen Star allmählich zu erblinden.

Den beiden, die ihr ganzes Leben zusammen verbracht hatten, wurde klar: Sie würden sich nicht mehr sehen und so kommunizieren können. «Sie wären in eine Anstalt gekommen», sagte ihr Bruder Dirk dem Daily Telegraph. Marc und Eddy wünschten zu sterben. Nach zweijähriger Suche fanden sie im Universitätsspital in Brüssel Mediziner, die ihnen am 14. Dezember die Giftspritze setzten, obwohl sie nicht an einer tödlichen Krankheit litten. Dirk und die Eltern hatten die Brüder umzustimmen versucht; sie begleiteten sie ins Spital.

Was ist unerträgliches Leiden?

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Marc und Eddy Verbessem
Der Arzt Wim Distelmans sagte laut Medienberichten, der Fall sei insofern einzigartig, als nie zuvor in Belgien ein Bruderpaar um aktive Sterbehilfe gebeten habe. Doch der Fall bewege sich «völlig» im Rahmen des Gesetzes: Die Aussicht, nach der Taubheit zu erblinden und dann nicht mehr miteinander kommunizieren zu können, habe bei den beiden «unerträgliches psychisches Leiden» verursacht. Wird solches Leiden vom Arzt anerkannt, kann in Belgien aktive Sterbehilfe in Anspruch genommen werden. Die Ärzte im Regionalspital, an die Marc und Eddy zuerst gelangten, hatten ihre Perspektive nicht als unerträglich bewertet.

Regierung will Euthanasie auch für Kinder

Wenige Tage nach den Giftspritzen brachte die sozialistische belgische Regierung eine Gesetzesvorlage ins Parlament, die aktive Sterbehilfe auch urteilsfähigen Minderjährigen mit unheilbaren Krankheiten und Alzheimer-Patienten zugesteht. Für 2011 hat Belgien 1’133 Euthanasie-Tote ausgewiesen, der Grossteil schwer Krebskranke. Aufgrund einer Studie ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen, schreibt der international bekannte Kämpfer gegen Euthanasie Alex Schadenberg. 2011 wurde laut dem Daily Telegraph auch bekannt, dass Organe von totgespritzten Patienten verpflanzt werden.

Fürsorge statt Gift

Der Medizinethiker Chris Gastmans von der Universität Löwen kritisierte den Entscheid Distelmans‘. Er gab nach dem Tod der Verbessem-Brüder zu bedenken, dass eine reiche Gesellschaft «einen anderen, fürsorglichen Weg für den Umgang mit menschlicher Gebrechlichkeit finden muss». Alex Schadenberg warnt vor einer Rutschbahn in die Unmenschlichkeit: «Wenn es annehmbar ist, eine Gruppe von Menschen in der Gesellschaft durch Euthanasie zu töten, wird es bald annehmbar werden, andere Gruppen von Menschen in der Gesellschaft durch Euthanasie zu töten.»

Datum: 19.01.2013
Autor: Peter Schmid
Quelle: Livenet

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