«Jesus war ein Millennial»
400 Führungskräfte gingen «frohem Schaffen» auf die Spur
Dank umfassendem Schutzkonzept trafen sich am Freitag, 18. September rund 400 Führungskräfte zum 5. Forum christlicher Führungskräfte in der Parkarena in Winterthur. Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Kirche berichteten, wie sie Druck, Sinn und Erfolg unter einen Hut bringen und Mitarbeitende motivieren – gerade in Corona-Zeiten.«Die gängige Lehrmeinung ist, dass sich Mitarbeitende nicht motivieren lassen.» Mit dieser Aussage sorgte Referent Urs Jäger gleich zu Beginn des Forums 2020 für einen Paukenschlag. Schliesslich sollte es an der Tagung darum gehen, wie Führungskräfte «frohes Schaffen» fördern können. «Ich bin sehr wohl der Meinung, dass es funktioniert. Es braucht aber die richtige Struktur», fuhr Jäger fort, der bei der global tätigen Sika Gruppe für den Bereich Automotive zuständig ist.
«Lieber 'Lisi' als 'Angi'»
Führungsmodelle seien häufig auf das «Angi»-System ausgelegt, also auf Angst und Gier. Mit der Aussicht auf Boni und Beförderungen soll aus jeder und jedem Einzelnen das Maximum herausgepresst werden. Nachhaltiger sei das «Lisi»-System, das auf Liebe und Sinn fokussiere, betonte Jäger. Grundlage dafür seien flache Hierarchien, in deren Rahmen sich Mitarbeitende in erster Linie aufgrund ihrer Aufgaben unterscheiden. «Hier muss niemand der Chef sein, um Anerkennung zu finden. Alle haben eine verantwortungsvolle Aufgabe, die wichtig und sinnvoll ist.» Mit einer Wohlfühloase habe das nichts zu tun. Wertschätzung bedeute nämlich nicht, den Mitarbeitenden ständig auf die Schulter zu klopfen, sondern in sie zu investieren. Bei einem Team aus selbstmotivierten Menschen, die überzeugt, befähigt und befreit seien, stelle sich der Erfolg von selbst ein.
Muss Arbeit Spass machen?
20 Referierende beleuchteten am Forum, wie Führungskräfte mit den Wechselwirkungen zwischen Sinnsuche, Lebensglück, Erfolgsdruck und Unternehmenskultur umgehen. Zu ihnen gehörte der 35-jährige Adriel Jost, Chefökonom und Geschäftsführer des Beratungsunternehmens WPuls, das aus Wellershoff & Partners hervorgegangen ist. Aus Sicht eines Millennials – einer Person, die zwischen 1980 und 1995 geboren ist – ging er darauf ein, ob Arbeit Spass machen muss. «Millennials stellen das 'Warum' in den Mittelpunkt: Warum gehe ich überhaupt arbeiten? Geht es im Leben nicht um viel mehr?» Das heisse nicht, dass Millennials faul seien. Sie seien aber nicht bereit, für etwas Geld die Seele zu opfern. In diesem Sinn sei auch Jesus ein Millennial gewesen: Er habe Gottes Reich an erste Stelle gesetzt und eben nicht die Arbeit.
Josts Tipp an die ältere Generation: «Stellt euch die Warum-Frage, entwickelt Visionen!» Gleichzeitig mahnte Jost die jüngere Generation, dass die Musik angesichts des wirtschaftlichen Aufschwungs Chinas und Indiens in Zukunft weniger im Westen spielen werde. Gefragt sei deshalb nicht nur Spass bei der Arbeit, sondern sehr viel Ausdauer. «Es wird uns Millennials nichts anderes übrig bleiben, als hart zu arbeiten.»
Glück macht erfolgreich
Führungscoach Andreas Pfeifer betonte, dass nebst der guten Ordnung im Unternehmen die Kultur besonders zum frohen Schaffen beitrage. Das wichtigste Führungsinstrument sei indes die eigene Persönlichkeit: Wer nicht genügend Zeit zur Reflektion habe, laufe Gefahr, dass die Arbeit überbewertet werde. Glücksforscher und Universitätsprofessor Alexander Hunziker brachte es auf den Punkt: «Bemühen Sie sich nicht um Geld und Erfolg, sondern bemühen Sie sich, glücklich zu werden. Geld und Erfolge finden dann den Weg von alleine zu Ihnen.»
Stärkentraining und auch Meditation bezeichnete er deshalb als unabdingbar. Man könne sogar mit wissenschaftlichen Instrumenten nachweisen, wie und warum Menschen aufblühen können. In einem Praxisbeispiel einer Hotelkette wurde am Forum eindrücklich gezeigt, was «Corporate Happiness» (Unternehmenskultur der Zufriedenheit) bewirkt: Wertschöpfung durch Wertschätzung.
Nachwuchs vernetzt sich
Anklang fand im Rahmen des Forums 2020 die spezielle Tagung für junge Berufsleute. Die 80 Teilnehmer des sogenannten «Young Professionals Forums» wurden bereits am Donnerstagabend, 17. September von vier Rednerinnen und Rednern inspiriert: So zeigte Tabea Oppliger – live zugeschaltet aus Tel Aviv – auf, wie sie sich für Opfer von Menschenhandel im Ausland einsetzt. Ihr Weg ohne konkreten Businessplan von der sicheren Schweiz nach Israel sei risikoreich gewesen. «Aber um zu seiner Berufung zu finden, muss man sich bewegen.»Begegnungen ermöglicht
Joel Blunier, Co-Präsident des Vereins Forum christlicher Führungskräfte zog im Rahmen der Medienkonferenz am Forum eine positive Bilanz: «Es war der richtige Entscheid, das Forum trotz der schwierigen Situation rund um Corona durchzuführen. Wir konnten zahlreichen Verantwortungsträgern und jungen Berufsleuten Hoffnung und praktische Lösungsansätze vermitteln. Und trotz der Schutzmassnahmen gab es auch abseits der Referate viele inspirierende Begegnungen zwischen den Teilnehmenden. Genau darum geht es am Forum.»
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Autor: Roman Salzmann
Quelle: Forum christlicher Führungskräfte