«Hier gehören wir hin»

Weihnachten mit Einsamen, Migranten, Gestrandeten und Obdachlosen

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Schöne Dekoration lädt zur Gassenweihnacht ein (Bild: zVg.)
Einsame, Alleinstehende, Migranten, Obdachlose, «Gangster», Gestrandete und Fluggäste– mit ihnen feierte Fingerprint Weihnachten in Zürich, Bern und am Flughafen in Kloten.

«Die Offenheit war gross», berichtet Josua Zinsstag von Fingerprint. «Dieses Jahr durften wir wieder am 25. Dezember die Gassenweihnachten in der Nähe der Langstrasse in Zürich durchführen.» Viele Gäste seien schon eingetroffen, bevor es überhaupt losging. «Wir organisieren dieses Fest nun schon seit 2009. Ein Team von etwa 25 freiwilligen Helfern machten diesen Abend möglich. Auch erhielten wir wieder von 'Lindt & Sprüngli’ viel Schokolade, die wir mit einem schönen Bibelvers weiterverschenken konnten.»

Frau in Finken

Es kamen Menschen aus den unterschiedlichsten sozialen Schichten und Hintergründen zum Weihnachtsabend. Zahlreiche wertvolle Gespräche wurden geführt, für manche wurde gebetet, die Anwesenden hörten die Weihnachtsgeschichte und wurden eingeladen, näher zu Gott zu kommen.

Michèle vom Kulturzentrum Bülach füllte ein grosses Auto mit sauber abgepackten Kleidern in allen Grössen, welche an die erfreuten Gäste verschenkt werden konnten. «Wir luden eine Frau ein, die nur in Finken auf der Strasse unterwegs war. Sie fand hier passende Schuhe – glücklich verliess sie uns wieder mit einem geschenkten Kleidersack und ihren Pantoffeln in einer Plastiktasche», erinnert sich Josua Zinsstag. Doch am meisten habe sie sich für die Gespräche und das Gebet bedankt.»

Willkommen in der Hölle

Thirza, die mit zwei Teenagermädchen zusammen Leute an der Langstrasse einlud, erinnert sich: «Wir trafen eine 40-Jährige Frau, vermutlich eine Prostituierte, die viel von ihren Problemen erzählte. Sie hatte traumatische Dinge durchgemacht. Sie begrüsste uns mit 'Willkommen in der Hölle' und fügte an: 'Ich bin verloren, ich habe keine Gnade verdient'. Die beiden Mädels antworteten: 'So lange du lebst, bist du nicht verloren!'»

Drei andere Frauen, die sie ansprachen, waren sehr offen. Thirza: «Mich erschütterte der Schmerz in ihren Augen. Es kamen gerade auch Freier und wir sahen, mit welcher Abscheu die Männer die Frauen anschauten.» Für eine der Frauen konnte später noch gebetet werden. «Es war, als wäre ein Licht in ihren Augen angezündet worden», erinnert sich Thirza.

Weihnachten am Flughafen Zürich

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Fingerprint-Freiwillige
«Kurz vor Mitternacht machten wir uns mit einem Team von sechs Leuten zum Flughafen auf, um Menschen mit Getränken und Sandwiches zu überraschen», berichtet Josua Zinsstag weiter. «Diese Aktion haben wir vor vier Jahren gestartet und sehr gute Erfahrungen damit gemacht. Die Leute sind immer positiv überrascht und haben sehr viel Zeit. Oft sind es Fluggäste, die auf den Flug am nächsten Tag warten. Sie können oft nicht gut schlafen am Flughafen – und dies an einem Abend, wo andere gemütlich feiern.»

Gleich zu Beginn traf das Team eine kroatische Frau mit ihrer Tochter. «Wir beteten mit ihr.» Oliver, der sich am Einsatz beteiligte, erinnert sich an eine Begegnung mit einer Ungarin, die in Zürich gestrandet war und nicht wusste, ob sie am nächsten Tag weiterreisen kann. «Wir waren in einem Terminal mit unseren Thermoskrügen. Die Cafeteria war schon geschlossen. Wir boten Essen und Getränke an und kamen über den Glauben ins Gespräch. Sie sagte, dass ihre Mutter krank sei. Ich erklärte ihr, wie ich mein Leben Jesus gegeben habe und sie stellte viele Fragen. Als sie von sich aus fragte, was sie Jesus geben kann, antwortete ich ihr: 'Du darfst Jesus dein Leben geben!' Sie wollte wissen, wie das geht, und so bot ich ihr an, vorzubeten. Da aber noch andere Leute in der Nähe waren, wollte sie es nicht vor allen tun, sagte aber mit Tränen in den Augen, dass sie es noch diese Nacht tun will.»

Obwohl der Einsatz bis um halb fünf Uhr morgens ging, war das Team überglücklich, mit so vielen guten Begegnungen beschenkt worden zu sein. «Wir wollen mit diesen Einsätzen Christen ermutigen und inspirieren, ebenfalls solche Einsätze zu machen oder einsame Menschen zu sich einzuladen», erklärt Josua begeistert. «Gott gibt einem die Kraft und die Liebe dafür, ihm gehört die Ehre, denn ihm verdanken wir alles!»  

Tränen und Gebet in Bern

In Bern erfolgte die Gassenweihnacht am 26. Dezember draussen. Diesen Einsatz leitete Fingerprint-Leiter Stephan Maag. «Wir grillierten draussen Würste auf der Grossen Schanze mitten in Bern. Wir verteilten hunderte von Geschenken und luden die Menschen ein. Viele kamen. Es war ein besonderes Pionierprojekt. Aufgrund der Corona-Massnahmen konnten wir dieses Fest nicht drinnen feiern.»

Mit dabei war Manuela: «Wir trafen jemanden, der nicht glauben wollte, dass wir etwas verschenken. Für diese Person konnten wir auch gleich beten», berichtet sie. Eine weitere Person rauchte und schien verhärtet, so Manuela weiter. «Wir streckten ihr ein 'Geschenksäckli' hin – sogleich tat sie ihr Herz auf und erzählte, wie sie jemand Liebes verloren hatte in diesem Jahr.»  Ein weiterer Mann hatte wohl schon etwas viel Alkohol getrunken. Das Geschenk wollte er nicht annehmen. Er sei aber berührt von der Aktion und liess für sich beten.

Hans von Fingerprint sagt, dass ihn die Not rund um den Bahnhof Bern betroffen gemacht habe. «Ich traf jemanden, der 21 Jahre alt war und bereits viele Schulden und ein Alkoholproblem hat. Ihm tat die Gemeinschaft gut.» Weiter traf er ein früheres Gangmitglied, das offen war für den Glauben. Mit ihm werde er in Kontakt bleiben. «Ein junger 'Gangster' – eigentlich hart und aggressiv – freute sich über das Geschenk. Wir sind herausgefordert, diese Menschen zu erreichen. Hier gehören wir her, es gibt viel Arbeit in Bern.»

Weitere Schulungen, Outreachs und Camps sind auf der Website von Fingerprint zu finden.

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Datum: 07.01.2022
Autor: Daniel Gerber
Quelle: Livenet

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