Bundeshausbeter Chabloz

«Gottes Liebe ist so gross, dass er alle Völker im Blick hat»

Völker streben nach Geltung. Gott ist grösser, sagt der Bundeshausbeter Jean-Claude Chabloz. Wir haben den Mann getroffen, der mit den Politikern in Bern im Kontakt steht und auch für sie betet.

Zoom
Jean-Claude Chabloz auf dem Bundesplatz
wort+wärch: «Gott liebt die Völker» – dies haben Sie in einer Ansprache betont. Was meinen Sie damit?
Jean-Claude Chabloz:
Der Satz findet sich in der Bibel, im 5. Buch Mose, Kapitel 33, Vers 3, vor dem Segen des Mose für die Stämme Israels. In diesem Zusammenhang überrascht der Satz. Israel soll wissen, dass Gott es segnet, damit es die Völker segne. Gott hat nicht nur ein Volk im Blick, sondern alle.

Liebt Gott die Völker, die Menschen in ihrer Gesamtheit?
Die Bibel erzählt vom Turmbau in Babel. Stolze Menschen wollen sehr hoch hinaus. Die Völker entstehen durch die Sprachverwirrung – was zuerst negativ ist. Aber es kommt so zu einer Vielfalt von Kulturen und Gruppenidentitäten. Und Gottes Liebe ist so gross, dass er sich nicht bloss einem Volk zuwendet. Wenn er eines erwählt, denkt er zugleich an die andern. Die Bibel hat eine weite Vision der Menschheit.

Es gibt nicht viele Menschen, die die Völker so sehen, wie sie sind. Gott tut das. Es gibt Wahrheiten im Herzen des Menschen, die sich in allen Völkern finden, in verschiedener Form.  Ich denke, nicht nur Missionare, sondern Christen überhaupt sollten ihnen nachspüren – sonst fällt es schwer, Fremde zu lieben.

Welche Haltung sehen Sie bei Jesus und den Aposteln?
Jesus ist Jude. Doch er reist ins Ausland. Er erwähnt die Witwe, die Gastgeberin Elias, die keine Jüdin war (Lukas 4,26).  Warum stösst er die Juden vor den Kopf? Nach der Auferstehung sendet er die Apostel zu allen Völkern (Matthäus 28,19).

Bei Paulus wird vollends deutlich, dass Gott die Nationen im Blick hat. Die nichtjüdischen Völker sollen ihn alle loben, etwas zu seinem Preis darbringen (Römer 15,11). In Athen erwähnt Paulus den Altar für den unbekannten Gott (Apostelgeschichte 17,23). Es gibt in allen Kulturen Wertvolles, bei dem wir anknüpfen können. Es mag verborgen und verschüttet sein.

Dann tritt auch die Eigenart, der Eigensinn der Völker zu Tage.
Ich versuche, Gottes Gedanken nachzugehen. Er liebt uns und bietet uns seine Liebe an, allen Völkern, ohne einen Unterschied zu machen. Er bietet sie an für alle Bereiche, das öffentliche Leben, die schönen Künste, die Musik, …

Und die Schweizer haben davon besonders viel genossen?
Im Vergleich zu anderen Völkern haben wir eine Geschichte reich an Segen. Ganze Generationen lebten in Gottesfurcht und waren bestrebt, seinen Willen zu tun. Sie schlossen einen Bund miteinander im Angesicht Gottes – ein grosser Segen. Wir sind ein kleines Land, kulturell vielfältig und doch eins.

Sie haben die nationale Politik aus der Nähe verfolgt. Wie beten Sie nun für die Schweiz?
Ich bete nicht viel für die Schweizer Politik. Ich bete für die Politiker/innen. Ich traue Christinnen und Christen zu, Politik zu machen. Schade finde ich, dass die Sprachregionen Komplexe haben, welche sie hindern, ganz sie selbst zu sein. Die Schweiz ist ein kleines Land mit grosser Ausstrahlung etwa bei Friedensbemühungen. Viele Verträge sind hier unterzeichnet worden. Gott hat das gewollt. Seien wir nicht stolz. Aber selbstbewusst dürfen wir als kleines Volk sein.

Wir haben in Europa eine Verantwortung. Auf einem kleinen Gebiet haben wir als Föderalisten vielfältige Staaten geschaffen, die doch zusammengehören. Im Weltmassstab sind die Kantone winzig, doch ihre Eigenheiten sind unser Reichtum.

Gott erwartet von der Welt ein Konzert des Lobpreises und der Anbetung. Mit allen Völkern und Stämmen.  Sind sie nicht vertreten, ist das Konzert nicht gut. Wunderbar: Die kleinsten Völker haben ihre Stimme im Konzert der Nationen zur Ehre Gottes.

Jean-Claude Chabloz, während vielen Jahren Leiter der Eglise apostolique in der Romandie, ist seit 1999 Beter im Bundeshaus.

Zum Thema:
Keine christlichen Flüchtlinge: England: Erzbischof redet Premier ins Gewissen
Brisantes ChristNet-Forum: Der Flüchtling, der SVP-Nationalrat und die EVP-Nationalrätin
Gerhard Fischer: Zürcher Biobauer und Flüchtlingshelfer
Zum Dank-, Buss- und Bettag: «Dankbarkeit öffnet Perspektiven»

Datum: 23.09.2015
Autor: Peter Schmid
Quelle: wort+wärch

Kommentar schreiben

Bitte melden Sie sich an oder registrieren Sie sich neu, um diesen Artikel zu kommentieren.
Anmelden
Mit Facebook anmelden

RATGEBER

Zielbewusst und entspannt Gute Vorsätze für 2023
Die ruhigere Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr scheint dazu einzuladen, dass man sich überlegt...

Adressen

CGS ECS ICS