Südsudan

Schulen für den jungen Staat

Zoom
Wider Erwarten wurde 2011 Südsudan nach einem langen und blutigen Bürgerkrieg in die Unabhängigkeit entlassen. Der junge Staat hat noch keine wirklich funktionsfähige Verwaltung und kämpft mit enormen Herausforderungen. Der Verein «together - Schulbildung für alle» unterstützt seit 2005 ein einheimisches Programm für den Aufbau der schulischen Infrastruktur. Über 3000 Kindern und Jugendlichen wird bereits eine Schulbildung ermöglicht. Das Projekt ist für den StopArmut-Preis 2012 nominiert. Wir sprachen mit Daniel Baldenweg, Präsident von «together».

StopArmut: Um was geht es beim Verein together?

Daniel Baldenweg: «together - Schulbildung für alle» unterstützt die südsudanesische NGO «TEP» (Trinity Educational Programm), welche im Jahr 2000 von südsudanesischen Flüchtlingen in Norduganda mit dem Ziel gegründet wurde, Kindern und Jugendliche Flüchtlingen in Uganda eine Schulbildung zu ermöglichen. So war die primäre Hilfe darauf ausgerichtet, diesen Jugendlichen das Schulgeldes, die Schuluniform, die Schulbücher und, wo notwendig, die Unterkunft zu finanzieren. Mit dem Friedensabkommen zwischen dem Südsudan und Nordsudan im Jahr 2005 und der Umsetzung der Bedingungen für die Unabhängigkeit des Südsudans zwischen 2005 und 2011 mit dem Höhepunkt der Erlangung der Unabhängigkeit im letzten Jahr kehrte die Mehrheit der insgesamt über fünf Millionen Flüchtlingen in ihre Heimat im Südsudan zurück. Damit verlagerte sich auch die Arbeit von TEP und together hin zum Aufbau von schulischer Infrastruktur in der Provinz Eastern Equatoria.

Beispielhaft ist die Situation in Parajok in Magwi county. Bei unserer Reise 2005 in den Südsudan lebten in Parajok circa 2500 Personen, davon waren 1500 Kinder. Heute leben in und um Parajok über 40'000 Menschen, davon geschätzte 25'000 Kinder. In Parajok hat es keine Stromversorgung, keine Kommuniktion, nur zwei Sanitätsposten ohne Medikamente, keine Strasse, die diesen Namen verdient und für die 25'000 Kinder eine einzige Grundschule für 2500 Kinder, die von TEP betrieben wird. Somit gibt es Schulplätze für etwa zehn Prozent der Kinder.

Wie kam es zur Gründung?

2003 kamen wir über ein befreundetes Ehepaar, das bis 2010 in Kenia wohnte, in Kontakt mit TEP und dessen Präsident Jackson Olega in Uganda. Wir besuchten Flüchtlingslager in Norduganda und bekamen so die Not der Südsudanesen hautnah mit. Im Anschluss daran gründeten wir 2005 mit Freunden in der Schweiz together zur finanziellen, technischen und persönlichen Unterstützung von TEP.

Was war für Sie persönlich ausschlaggebend, dass Sie sich für das Wohl der Armen engagieren?
Zoom
Daniel Baldenweg
Meine Frau und ich kamen 2003 in den Flüchtlingslagern in Norduganda das erste Mal in persönlichen Kontakt mit der Not der Südsudanesen. Diese Not wurde ausgelöst durch den über 20jährigen Bürgerkrieg gegen den Nordsudan mit über fünf Millionen Flüchtlingen und über einer Million Toten und die Vielzahl fast unlösbarer Probleme. Es war uns klar, dass wir aus der reichen Schweiz da nicht wegschauen können und dass wir uns in dieser Situation ganz gezielt für die Not dieser Südsudanesen engagieren wollen. In der Zwischenzeit haben wir den Norden Ugandas und den Südsudan regelmässig besucht, die Projektarbeit begleitet und die persönlichen Kontakte mit den lokalen Behörden und den Programmbeteiligten vertieft.

Inwiefern werden die diesjährigen Anliegen von StopArmut 2015 in ihrem Projekt berücksichtigt?
Mit dem Projektthema «Schulbildung für alle» und der konsequenten Ausrichtung unserer Aktivitäten im Südsudan auf den Aufbau von schulischer Infrastruktur und der technischen und persönlichen Unterstützung der Schularbeit vor Ort befinden wir uns mitten in den Millenniumszielen, die die Basis der Aktion StopArmut 2015 sind. Die Arbeit basiert auf unserer christlichen Überzeugung und ist getragen von unserem christlichen Glauben.

Welches sind besondere Höhepunkte in ihrer Arbeit?
Mitzuerleben, wie die Arbeit in kleinen Schritten, trotz Rückschlägen, konstant vorwärts geht und vor Ort zu sehen, wie hunderte von Kindern aufgrund unserer Mithilfe eine wenn auch einfache Schulbildung geniessen können.

Welches die Schwierigkeiten?
Afrika ist nicht die Schweiz! Afrikaner denken und agieren ganz anders als Schweizer. Wenn der Schweizer fast grundsätzlich den Blick nach vorn gerichtet hat - wir leben ja tendenziell in der Zukunft -, hat der Afrikaner den Blick nach hinten gerichtet. Der Afrikaner lebt primär in der Vergangenheit, von den Überlieferungen der Eltern und Grosseltern. Wenn der Schweizer arbeitet, um etwas zu erreichen oder zumindest zu erledigen, so arbeitet der Afrikaner primär, um Gemeinschaft zu haben. So ist bei ihm ein Tag, an dem er beim «Arbeiten» primär gute Gespräche und eine schöne Gemeinschaft hatte, ein guter Tag gewesen, auch wenn er aus unserer Sicht nichts Substanzielles erreicht hat.

Obwohl man dies eigentlich weiss, macht es einem doch immer wieder grosse Mühe in der Projektarbeit, speziell dann, wenn alles sehr langsam vorwärts geht oder eventuell über Monate fast nichts mehr geht!

Sind Sie in Ihrer Arbeit mit strukturellen Problemen konfrontiert?

Zoom
Wir arbeiten mit unserer Partnerorganisation in einer fruchtbaren, aber sehr armen Gegend in einem jungen, sehr armen Staat. Staatlichen Strukturen sind erste seit kürzerer Zeit auf sehr tiefem Level vorhanden. Auch die grundlegende Infrastruktur ist kaum vorhanden. Die Verbindungswege sind primär in der Trockenzeit passierbar. Mobiltelefonverbindungen sind erst seit kurzem und nur mit grossen Unterbrüchen an bestimmten Orten vorhanden. Neben der gewählten, staatlichen Ordnung sind die traditionellen Strukturen, die sich primär an Ethnien und Sippschaften orientieren und sich auch auf frühere Könige beziehen, von hohem Stellenwert. All dies zeigt, dass unsere Arbeit im Südsudan mit grossen strukturellen Fragestellungen konfrontiert ist.

Wie kann sich jemand in der Schweiz für Ihr Projekt engagieren?
Man kann Mitglied im Verein werden und unsere Arbeit so unterstützen. Alle Mitglieder erhalten regelmässig Informationen über unsere Arbeit und sie können über die General-versammlung aktiv an der Entwicklung unserer Arbeit teilnehmen. Weiter ist es natürlich möglich, unsere Arbeit finanziell zu unterstützen; siehe Webseite. In Afrika ist es praktisch unmöglich, mit direkter Patenschaft Unterstützung zu leisten. Jedes Kind in Ostafrika hat eine 100fache Verwandtschaft, die sofort Anspruch auf die dem Kind zugute kommenden Finanzen erhebt. Schon oft hat es infolge gut gemeinter Patenschaftsunterstützung grosse Konflikte gegeben und die Leidtragenden waren die zu unterstützenden Kinder. Zudem organisieren wir regelmässig Kontaktreisen nach Ostafrika (Kenia, Uganda und Südsudan) um einerseits die Schönheit Afrikas zu erleben und andererseits Einblick in die Arbeit unserer Partneroganisation TEP zu geben. Nicht zuletzt führen wir fast jedes Jahr ein Afrikafest bei uns in Oberottikon im Kanton Zürich durch, wo alle herzlich eingeladen sind.

Was sind Ihre Zukunftswünsche für Ihr Projekt?
Dass Schritt für Schritt in afrikanischem Tempo die grossen Bedürfnisse hinsichtlich schulischer Infrastrukturen erfüllt werden können. Nur mit einer ausreichenden Schulbildung können viele aktuelle Probleme in Afrika und im Besonderen im Südsudan längerfristig gelöst werden.
Und dass unsere nächsten Projekte für ein Mittelstufenschulhaus, ein Ausbildungszentrum für handwerkliche Berufe und eine Boarding-Schule für Mädchen realisiert werden können. Sowie dass sich genügend und qualifizierte Lehrpersonen für den Schulunterricht finden lassen.

Webseiten:
Together
StopArmut 2015

Datum: 03.08.2012
Autor: Cedric Zangger
Quelle: StopArmut 2015

RATGEBER

Zielbewusst und entspannt Gute Vorsätze für 2023
Die ruhigere Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr scheint dazu einzuladen, dass man sich überlegt...

Adressen

CGS ECS ICS