Verschwörungstheorien

Wie kann man Anhänger vom Ausstieg überzeugen?

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Was tun, wenn sich die beste Freundin plötzlich als Anhängerin einer Verschwörungstheorie outet? Bin ich dann in der Lage, den Mechanismus solcher Konstrukte zu analysieren und ein Gespräch zu führen, das meiner Freundin hilft, daraus auszusteigen?

Verschwörungstheorien haben sich während der Corona-Zeit gehäuft. Sie bezogen sich auf die Verursacher der Theorie und die angeblich beabsichtigte Wirkung des Virus. So absurd sie zum Teil wirkten, fanden sie doch eine Millionen-Anhängerschaft. Und sie trieben Menschen auf die Strasse, um das «angebliche Virus» und die Impfung dagegen in Frage zu stellen – und die behördlichen Mittel dagegen wiederum als Auswuchs einer Verschwörung anzuprangern.

Die Entschwörung

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Cover von «Entschwörung» (Bild: cbooks.ch)
Wie absurd Verschwörungstheorien auch sein mögen, sie haben ihre Anhänger. Wenn man sie überzeugen will, dass sie einer Verschwörungstheorie anhängen, sollte man sie aber nicht lächerlich machen, sondern im Geist christlicher Nächstenliebe handeln. Das schreibt Andreas Hahn, Sekten- und Weltanschauungsbeauftragter der Evangelischen Kirche von Westfalen. Er hat im Hänssler-Verlag einen Ratgeber dazu unter dem Titel «Entschwörung – Was man über Verschwörungstheorien wissen sollte und wie uns der Glaube Orientierung gibt» geschrieben.

Konstruierte Verschwörungstheorie

Um das Wesen und die Funktion von Verschwörungstheorien durchschaubar zu machen, hat er eigens eine Verschwörungstheorie anhand der verzögerten Fertigstellung des neuen Berliner Flughafens (BER) konstruiert. Er zeigt daran, mit welchen Tricks Verschwörungstheoretiker arbeiten, um ihre Theorien glaubhaft erscheinen zu lassen. Und er macht deutlich, wie man Menschen glaubhaft machen könnte, dass sich die Verzögerungen am BER so erklären lassen, dass die Regierung unter dem Flughafen heimlich Atomwaffen produziert, ohne dass es jemand merken darf.

12 praktische Tipps

In zwölf praktischen Tipps gibt er Hinweise, wie wir mit Anhängerinnen und Anhängern von Verschwörungstheorien ins Gespräch kommen können. Zwar sei es wichtig, dass ich gut vorbereitet bin und auch Faktenwissen habe. Dennoch sei es nicht nur wichtig, was ich sage, sondern auch, wie ich es sage.

Es gelte, auch dem Anhänger absurdester Verschwörungstheorien Wertschätzung und Verständnis entgegenzubringen und sein Vertrauen zu gewinnen. Statt ein Streitgespräch mit einem «argumentativen Overkill» zu führen, sei eine Konzentration auf drei wichtige Fakten sinnvoller, die sich auch im Gedächtnis behalten lassen. Zudem empfiehlt er, eine Alternative zur Verschwörungstheorie anzubieten.

Der Autor bietet sodann mit der «Columbo-Technik» eine Gesprächstechnik an, die es dem Gegenüber ermöglicht, sich zu öffnen. Auch hier sei eine empathische Haltung gegenüber der Anhänger einer Verschwörungstheorie wichtig. Der Ausstieg sei vergleichbar mit dem Ausstieg aus einer Sekte, wo Aussteiger Menschen mit Einfühlungsvermögen und Verständnis brauchen, auch für den Weg zurück in Familie und Gesellschaft.

Auch in der digitalen Welt

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Andreas Hahn (Bild: SCM Hänssler)
Der Autor wünscht sich auch, dass sich mehr kompetente Leute in der digitalen Welt äussern und sich dort mit guten Fakten und Argumenten gegen Verschwörungstheorien einsetzen – auch auf die Gefahr hin, einen Shitstorm zu verursachen. Ansonsten entwickle sich dort eine «Spirale des Schweigens», indem man das Feld «einer kleinen und lautstarken, aber meistens fehlinformierten Minderheit» überlasse.

Interessant sind auch seine Beobachtungen über den Zusammenhang von engagierter Religiosität und der Neigung zu Verschwörungstheorien. Er stellt sich der häufig aufgeworfenen Frage: Kann es sein, dass gerade gläubige Menschen eine erhöhte Anfälligkeit für Verschwörungstheorien haben?

Das Buch liest sich leicht und flüssig und bringt auf 182 Seiten viel Aufklärung und Rat zu einem Phänomen, dem wir immer öfter begegnen.

Zum Buch:
Andreas Hahn: Entschwörung
– Was man über Verschwörungstheorien wissen sollte und wie uns der Glaube Orientierung gibt

Zum Thema:
Indizien für die Auferstehung #1: Verschwörung oder echte Augenzeugen?
Worum geht es wirklich?: Von Verschwörungstheorien und dem wahren Problem dieser Welt
Selbstständig und kritisch: Freikirchler besonders empfänglich für Verschwörungstheorien

Datum: 21.06.2022
Autor: Fritz Imhof
Quelle: Livenet

Kommentare

Die Wahrheit ist das beste Mittel gegen Lüge! Mir helfen folgende Grundannahmen: die Welt besteht nicht nur aus Menschen, die das Wohl der Menschheit im Sinn haben. Verschwörungen hat es immer schon gegeben und es gibt keinen Grund zur Annahme, dass es heute anders sein soll. Geld und Macht fordern Absicherung, was zu mehr Geld und Macht strebt. Heuchelei ist ein uraltes Problem und eine 'Kunst' (gute Motive vortäuschen, egoistische Ziele verfolgen). Erpressbarkeit wird nicht nur bei der Mafia ausgenutzt. Als Christen sollten wir nicht naiv sein, aber nicht überall den Teufel sehen, und vor allem festhalten, dass Jesus Christus bereits regiert (Zulassung des Bösen als Gericht und Kontrast).

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